Gefangen in der Schreckenskammer
sollte
feststellen, ob Hansi die Wahrheit sagte. Er log nicht. Zu dem Ergebnis kam
sie. Von den beiden Peinigern lieferte er allerdings eine ziemlich ungenaue
Beschreibung, was vielleicht daran liegt, daß sich seine Seele nicht erinnern
will. Hansis Eltern hätten Strafanzeige erstattet — gegen Unbekannt. Aber dazu
kam es nicht mehr, denn der Vater verunglückte schwer. Er verlor einen
Unterschenkel. Die neuen Sorgen überschatteten Hansis seelische Verletzung.
Anzeige ist wohl bis heute nicht erfolgt. Niemand ermittelt also gegen die
beiden Quäler. Hansi mußte weiterhin psychologisch betreut werden, um den
Schrecken abzubauen. Anfangs hatte sich Angelika um ihn gekümmert. Aber dann
fuhr sie für einen Monat nach Wien — wegen beruflicher Weiterbildung. Tickel
setzte Hansis Therapie ( Behandlung ) fort.“
Kommissar Glockner sah enttäuscht aus.
„Tja, Tim. Mag sein, daß da zwei
bösartige Typen ihr Unwesen treiben. Gehört habe ich noch nichts davon. Aber
der Junge ist sieben. Gaby wird 14. Ich sehe da keine Parallele ( ähnlicher
Tatbestand ).“
Tim lächelte wie der Vorsitzende im Rat
der Weisen. Aber es wirkte nicht überheblich.
„Diesmal ist es so, Herr Glockner:
Karl, Willi und ich sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Wir haben nämlich
zwei Typen auf der Schule, denen der Haß in der Leber sitzt — oder in der
Galle. Ich weiß nicht, wo dieses zerstörerische Gefühl sein Hauptquartier hat.
Jedenfalls sind die Mistkerle bei uns dafür bekannt, daß sie ihre Stinklaune an
jüngeren, also kleinen und schwächeren Schülern auslassen. Aber nicht nur das.
Sie sind regelrechte Sadisten, hauen mit Schikane nur so um sich. Als Karl und
ich darüber nachdachten, wer von der Penne als Horror-Mönch in Frage käme —
streiften wir die beiden mit einem Gedanken. Ich war der Blödmann, der das dann
wieder in die Kiste gepackt hat. Weil ich mir die beiden in Mönchskutte nicht
vorstellen kann. Aber was heißt das schon!“
„Ich weiß, wen du meinst“, krähte
Klößchen. „Hasso Feindt und Horst Obermeier.“
Tim nickte.
Karl wiegte den Kopf, hielt aber seine
Bedenken zurück.
„Heute vormittag“, setzte Tim seine
Überlegung fort, „hat sich Obermeier verraten.“
„Echt verraten?“ fragte Karl.
„Hat er. Mitten im Haß sind ihm
verräterische Worte rausgerutscht. Aber ich war zu vernagelt. Ich dachte, er
meint Willi. Nach der Keilerei, bei der Obermeier den kürzeren zog, hat er mich
angezischt: Das wirst du büßen. Büßen!!! Nein, nicht du! Du nur indirekt. Büßen
wird es... An der Stelle hat er die Zunge zwischen die Zähne genommen und den
Namen verschluckt. Jetzt weiß ich, daß er nicht Willi gemeint hat, sondern
Gaby.“
„Du magst die beiden nicht“, sagte
Glockner. „Vielleicht bist du voreingenommen. Trotzdem — überprüfen müssen wir
sie. Erst rede ich mal mit Angelika Schmählich. Vielleicht konnte Hansi seiner
ungenauen Beschreibung später was Brauchbares hinzufügen.“
Er stand auf. Ein Hoffnungsschimmer lag
auf seinem Gesicht.
„Mein Gott!“ Margot Glockner preßte die
Hände zusammen.
Tim klatschte Oskar abschließend auf
den Bauch und schnellte hoch.
„Wir kommen mit, nicht wahr?“
19. Angstforscher
Klick!
Der Druck der Revolvermündung wich von
Gabys Stirn. Umberto lachte auf.
„Glück gehabt, was?“
Gaby öffnete die Augen. Ihr Mund war
ausgetrocknet — und das nicht nur, weil sie Durst hatte.
Severin sagte: „Weil’s so schön war,
Umberto, mach’s noch mal. Siehst du nicht, daß es der Hübschen Spaß macht! Sie
hat ein Gesicht wie Milch und Blut. Das heißt — hähähäh — im Moment ist es mehr
wie Milch.“
„Bitte!“ flüsterte Gaby. „Nicht noch
mal! Ich... ich... ertrage das nicht.“
Umberto zögerte. Dann ließ er den
Revolver sinken und trat zurück.
„Du hast Angst, nicht wahr? Sag, daß du
Angst hast. Du hattest noch nie soviel Angst wie jetzt.“
„Was denkt ihr denn!“ schrie sie.
„Natürlich habe ich Angst. Es ist mein Leben, mit dem ihr spielt.“
„Hörst du, Severin, sie hat Angst. Sie
ist völlig kaputt vor Angst. Merkst du’s, Severin. Wenn die Menschen Angst
haben, kann man mit ihnen machen, was man will. Versetz sie in Angst, und sie
gehorchen dir.“
„Auf den Trichter sind schon viele
gekommen, Umberto. Aber die meisten haben nicht den Mut, Angst zu verbreiten.
So was ist uns vorbehalten. Wir kennen die Mittel und wenden sie an.“
Wahnsinnige sind das, dachte Gaby. Was
brüten die aus
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