Gefangen in Deutschland
das Nachthemd zerriss. Bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte er meine Beine auseinandergezwungen und war gewaltsam in mich eingedrungen. Ich versuchte ihn von mir zu stoßen, was mir aber lediglich eine Ohrfeige einbrachte. Mahmud war völlig von Sinnen und fiel wie ein wildes Tier über mich her. Als er seinen Höhepunkt erreicht hatte, rollte er sich von mir herunter und schlief fast auf der Stelle ein.
In dieser Nacht kam mir zum ersten Mal der Gedanke, in die Küche zu gehen, mir ein Messer zu holen und Mahmud einfach abzustechen. Natürlich wäre ich im Endeffekt gar nicht in der Lage zu einer solchen Tat gewesen, aber manchmal wusste ich wirklich nicht, ob ich nicht einen jahrelangen Gefängnisaufenthalt der Beziehung mit ihm vorziehen sollte. Man hörte und las immer wieder von Frauen, die im Affekt töteten, wenn ihnen oder – noch schlimmer – ihren Kindern Gewalt angetan wurde: Nun hatte ich eine ziemlich konkrete Ahnung von dem, was in den Köpfen dieser zu Täterinnen gemachten Opfer vorgehen mochte.
Mit zitternden Beinen schleppte ich mich ins Badezimmer, denn ich hatte das dringende Bedürfnis, mich zu übergeben. Als schließlich auch der letzte Rest meines Mageninhalts in der Toilettenschüssel gelandet war, begab ich mich direkt unter die Dusche. Ich tat das, was die meisten Frauen in meiner Situation tun: Ich wollte meinen Körper wieder rein waschen. Da ich mich nicht traute, mir aus dem Schlafzimmer ein frisches Nachthemd zu holen, weil ich dadurch womöglich Mahmud aufgeweckt hätte, wickelte ich mich in ein großes Badehandtuch und legte mich aufs Sofa, um endlich zu schlafen.
Obwohl ich körperlich und seelisch total erschöpft war, wollte sich der ersehnte Schlaf lange nicht einstellen. Immer wieder machte ich mir bewusst: Dein Freund hat dich vergewaltigt; er hat dich nicht nur erniedrigt und brutal verprügelt, sondern dir nun auch noch sexuelle Gewalt angetan. Was war das nur für eine kranke Beziehung, in der ich seit bald drei Jahren steckte? Vergewaltigt, vom eigenen Partner – tiefer konnte man doch eigentlich kaum sinken!
Ich war gerade vor lauter Ermattung in eine Art Dämmerzustand gefallen, als mich Mahmuds herrische Stimme wieder zurück in die Realität holte.
»Was soll das, Katja? Warum liegst du hier auf dem Sofa? Komm sofort zurück ins Bett!«, wies er mich zurecht.
Da ich wusste, dass jeder Widerspruch nur unangenehme Folgen für mich haben würde, stand ich auf und tappte hinter ihm ins Schlafzimmer. Selbst als wir nebeneinanderlagen und er den Arm um mich legte, machte ich keinerlei Anstalten, mich zur Wehr zu setzen. Trotzdem wurde ich die ganze Nacht immer wieder von dem Satz verfolgt: »Dein Freund hat dich vergewaltigt«, »Dein Freund hat dich vergewaltigt« …
Am nächsten Morgen verhielt sich Mahmud so, als ob rein gar nichts zwischen uns vorgefallen wäre. Strahlend eröffnete er mir, dass wir zu einer Hochzeit eingeladen seien. Eine seiner Cousinen sollte in zwei Tagen heiraten, die ganze Familie werde dort zusammenkommen. Da ich noch nie bei einer türkischen Hochzeitszeremonie zugegen war, freute ich mich unbeschadet von allem Elend sehr darauf, ein solches Ereignis einmal miterleben zu dürfen. Meine Freude bekam allerdings sofort einen Dämpfer, als ich erfuhr, dass selbst während einer Hochzeitsfeier Männer und Frauen getrennt voneinander sein würden. Auf meine Frage nach dem Grund hierfür erklärte mir Mahmud, dass dies nur wegen der Frauen so gehandhabt werde: In Anwesenheit von Männern könnten sich Frauen nicht so frei bewegen und müssten ständig auf ihr Benehmen achten. So absurd es war, irgendwie leuchtete mir seine Begründung ein, hatte doch auch ich mittlerweile die Vorteile des Unter-sich-Seins für die Türkinnen entdeckt.
Weniger einsichtig erschien mir jedoch, was Mahmud mir kurz darauf erklärte.
»Übrigens, Katja, ich möchte, dass du aus Rücksicht auf die anderen Frauen bei der Hochzeit ebenfalls ein Kopftuch trägst.«
Ungläubig starrte ich ihn an.
»Das kannst du nicht von mir verlangen! Ich habe bisher alles getan, was du von mir wolltest, aber bitte nimm mir nicht mein letztes bisschen Identität!«, bestürmte ich ihn.
»Red nicht so einen Blödsinn, Katja!«, fuhr Mahmud mir über den Mund. »Du verlierst doch wegen eines Stücks Stoff auf dem Kopf nicht deine Identität! Du weißt ganz genau, dass alle Frauen in meiner Familie ein Kopftuch tragen. Hast du mal daran gedacht, wie sie sich fühlen, wenn
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