Gefangen in Deutschland
der erste Schlag. Ich taumelte zurück. Mit einem Satz war Mahmud bei mir, packte mich an den Haaren und schlug meinen Kopf hart gegen die Wand.
»Du wagst es nicht, meine Familie zu beleidigen! Du nicht!«, war das Letzte, was ich hörte, bevor ich in eine gnädige Ohnmacht abtauchte.
13. K APITEL
Ayla oder Die Vergewaltigung
V oller Hingabe hatte ich die Heimkehr von Aysegül und Özlem aus dem Krankenhaus vorbereitet. Das kleine Bettchen war frisch bezogen, auf der Wickelkommode stapelte sich ein Vorrat an Wegwerfwindeln und in der Küche standen genügend saubere Babyfläschchen sowie einige Packungen Milchpulver. Da sich Ogün für das Abholen seiner kleinen Familie ebenfalls nicht zuständig fühlte, übernahm ich auch diese Aufgabe. Er hatte seine Tochter bislang noch nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Ich war mir sicher, dass, wenn es sich um einen Sohn gehandelt hätte, er schon am Tag der Geburt ins Krankenhaus geeilt wäre.
Aysegül hatte sich von der Entbindung offensichtlich noch immer nicht richtig erholt. Sie sah blass und müde aus. Jeder Schritt, den sie gehen musste, schien sie enorm viel Kraft zu kosten. Als wir in ihrer Wohnung angekommen waren, schlug ich ihr vor, Özlem für ein paar Stunden mit zu mir zu nehmen, damit sie sich etwas ausruhen könne. Ich litt zwar selbst noch unter heftigen Kopfschmerzen, die mir als Erinnerung an Mahmuds jüngsten Angriff geblieben waren, aber dennoch war wohl eindeutig ich die Fittere von uns beiden. Dankbar nahm Aysegül meinen Vorschlag an.
Ich packte ein paar Sachen zusammen und bettete Özlem in ihre Tragetasche. Vorsichtig, wie einen kostbaren Schatz, trug ich die Kleine in meine Wohnung. Als Mahmud am Abend nach Hause kam, war er alles andere als begeistert über die Tatsache, dass ich mich als Babysitterin zur Verfügung gestellt hatte. Sofort begann er über Aysegül zu schimpfen. Ich hätte ihm am liebsten gehörig meine Meinung gesagt, aber ich war zu dem Zeitpunkt schon so eingeschüchtert, dass mir jeder Mut dazu fehlte.
Wenn ich in jenen Tagen einmal zur Ruhe kam, musste ich oft darüber nachdenken, was die Beziehung zu Mahmud aus mir gemacht hatte. Früher war ich eine starke, selbstbewusste Persönlichkeit gewesen, die mit beiden Beinen fest im Leben stand und die so schnell nichts aus der Bahn werfen konnte. Heute hingegen wurde fast mein ganzes Leben von irgendwelchen obskuren Regeln und ständiger Angst bestimmt. Halt und Trost fand ich nur bei den Frauen aus Mahmuds Familie und bei Petra. Auch wenn Petra und ich uns nicht so oft treffen konnten, wie wir wollten, verband uns mittlerweile doch eine tiefe Freundschaft. Ihr konnte ich zu jeder Zeit mein Herz ausschütten. Obwohl sie selbst oft ihre Schwierigkeiten mit Ahmed hatte, besaß sie doch stets ein offenes Ohr für mich.
Nachdem Mahmud und ich zu Abend gegessen hatten, verließ er wie üblich unsere Wohnung, um in die Teestube zu gehen. Ich gab der kleinen Özlem noch ihre Flasche und brachte sie anschließend zu Aysegül. Ogün war ebenfalls schon nicht mehr zu Hause. Bevor ich mich wieder auf den Heimweg begab, schärfte ich Aysegül noch ein, mich zu Hilfe zu rufen, falls sie sich überfordert fühlen sollte. Zu Hause angekommen, machte ich mich sofort bettfertig. Mir brummte der Kopf und ich fühlte mich so erschöpft wie lange nicht mehr. Ich fiel auch sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Mitten in der Nacht wurde ich unsanft geweckt. Mahmud war zurückgekehrt und hatte offensichtlich einiges an Alkohol genossen. Er hatte sich kaum zu mir ins Bett gelegt, als ich auch schon seine Hand unter meinem Nachthemd spürte. Normalerweise verweigerte ich mich ihm nicht, aber seine Alkoholfahne widerte mich dermaßen an, dass ich nicht die geringste Lust auf Sex verspürte. Freundlich, aber bestimmt schob ich seine Hand zurück.
»Mahmud, bitte lass mich schlafen! Ich bin sehr müde, und es geht mir nicht gut«, versuchte ich sein Verständnis zu erlangen.
»Was soll das?«, war seine einzige Einlassung zu meinem Erklärungsversuch, bevor er seine Hand entschlossen wieder unter mein Nachthemd schob.
Ich entschied, seinem Annäherungsversuch dadurch zu entkommen, dass ich auf dem Sofa nächtigen würde. Mahmud trank normalerweise keinen Alkohol und ich konnte nicht einschätzen, wie sich der übermäßige Konsum auf sein Verhalten auswirken würde.
Ich war mit einem Bein gerade aus dem Bett gestiegen, als er sich auch schon auf mich stürzte und mir mit einem Ruck
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