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Gefangen in Deutschland

Gefangen in Deutschland

Titel: Gefangen in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Schneidt
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und raffte, so schnell ich konnte, meine Sachen zusammen. Ich hatte angefangen, mich wortreich zu entschuldigen, als von draußen ein weiteres Mal gegen die Tür gehämmert wurde und Mahmud ungeduldig meinen Namen rief.
    »Was machst du um diese Uhrzeit hier allein mit deinem Chef?«, empfing er mich barsch, kaum dass ich das Büro verlassen hatte.
    Verzweifelt versuchte ich ihm zu erklären, wie die Situation zustande gekommen war. Doch ich erntete nur spöttisches Gelächter.
    »Katja, du bist doch lange genug mit mir zusammen: Warum denkst du eigentlich immer noch, dass du mich verarschen kannst?«
    Verächtlich musterte er mich von oben bis unten.
    »Steig sofort ins Auto und fahr auf direktem Weg nach Hause!«, befahl er. »Ich komme hinterher.«
    Mahmud hatte mir sein Auto überlassen, damit ich nicht auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen wäre. Er fuhr unter der Woche sowieso immer mit seinem Bruder zur Arbeit, sodass er den Wagen nicht benötigte. Um zu meiner Arbeitsstelle zu gelangen, hatte er sich das Auto von Ogün geborgt.
    Zitternd vor Angst tat ich, wie mir geheißen. Ich wusste genau, was mich zu Hause erwarten würde. Verzweifelt suchte ich einen Ausweg aus der Situation. Einen Moment lang erlag ich fast der Versuchung, einfach eine andere Ausfahrt auf der Autobahn zu nehmen und mich auf den Weg zu meiner Mutter statt zu unserer Wohnung zu begeben. Zugleich wusste ich, dass Mahmud verrückt genug war, mir zu folgen und mich notfalls sogar von der Straße abzudrängen. Bei einer solchen Aktion würde ich nicht nur mein eigenes Leben gefährden, sondern vielleicht auch noch das von anderen Verkehrsteilnehmern.
    So langsam wie nur irgend möglich, ohne den Verkehr zu behindern, fuhr ich zu unserer Wohnung. Etwas in mir hoffte immer noch verzweifelt, dass ich in letzter Sekunde auf den rettenden Gedanken kommen würde. Leider blieb mir dieser Geistesblitz verwehrt.
    Als ich in unsere Hofeinfahrt hineinfuhr, parkte Mahmud Ogüns Wagen direkt hinter mir, sodass ich keine Fluchtmöglichkeit mehr hatte. Unschlüssig blieb ich hinter dem Lenkrad sitzen. Ich fühlte mich wie eine Kuh, die zur Schlachtbank geführt werden sollte. Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie Mahmud sich abschnallte und die Autotür öffnete. Er stieg aus und ich registrierte, dass er sich plötzlich bückte, um etwas vom Boden aufzuheben. Mit schnellen Schritten trat er auf den Wagen zu und riss den Schlag auf. Was hatte er vor? Welcher Pein würde er mich jetzt wieder unterziehen? Meine latente Furcht steigerte sich in die altbekannte Todesangst. Ich erkannte, dass er einen großen Stein in der Hand hielt. Den Bruchteil einer Sekunde später knallte er mir diesen mit voller Wucht gegen die linke Gesichtshälfte. Ich spürte noch, wie sich ein reißender Schmerz in meinem Kopf ausbreitete, dann wurde alles schwarz vor meinen Augen.
    Als ich aus meiner Ohnmacht erwachte, schleifte Mahmud mich gerade an den Haaren durch den Flur unseres Treppenhauses. Sofort begann ich um Hilfe zu schreien. Doch niemand im Haus schien Notiz davon zu nehmen. Mahmud verprügelte mich so oft, dass unsere Nachbarn meinen Hilfeschreien gegenüber längst abgestumpft waren.
    Halb benommen lag ich schließlich in unserem Wohnzimmer auf dem Fußboden und flehte Mahmud an, mich in Ruhe zu lassen. Aber jetzt schien er erst richtig in Fahrt zu kommen. Ich hatte vor einiger Zeit eine Stehlampe gekauft, die aus fünf aneinandergereihten großen Glaskugeln bestand: Mahmud riss diese Lampe an sich und zerdepperte jede einzelne der massiven Kugeln mit seinem Kopf. Dass er sich dabei selbst eine erhebliche Platzwunde zuzog, schien seinen Hass nur noch mehr zu schüren. Ich war mir mittlerweile sicher, dass er mich nun endgültig umbringen würde. Wie in einem Zeitraffer sah ich mein Leben an mir vorüberziehen. Langsam spürte ich, wie die Angst aus meinem Körper wich. Sollte er es doch endlich tun! Dann hätte mein Leiden wenigstens ein Ende.
    Mahmud hatte sich derweil unserem Wohnzimmertisch zugewandt, der bis auf das Metallgestell ganz aus Glas bestand. Ohne zu zögern trat er mitten in die Glasplatte hinein. Mit lautem Getöse zersprang der Tisch in tausend Scherben. Da ich in der Nähe des Tisches lag, versuchte ich mich vor den Glassplittern in Sicherheit zu bringen. Mahmud musste wohl gedacht haben, ich wollte fliehen, denn plötzlich stürzte er sich erneut wie eine Bestie auf mich. Unzählige Tritte und Schläge prasselten auf mich nieder. Es dauerte eine

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