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Gefangen in Deutschland

Gefangen in Deutschland

Titel: Gefangen in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Schneidt
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Natürlich hatte Mahmud mich in die Klinik begleitet und spielte den besorgten Freund. In Wirklichkeit wollte er nur sichergehen, dass ich den Ärzten nichts Falsches erzählte. Zu seinem großen Bedauern sollte ich stationär aufgenommen werden: Die Ärzte hatten einen Schlüsselbeinbruch, mehrere Rippenbrüche, einen Nasenbeinbruch sowie eine schwere Gehirnerschütterung und Prellungen an Gesicht und Körper diagnostiziert.
    Nachdem alle Untersuchungen abgeschlossen waren und Mahmud endlich gegangen war, wurde ich von einer Krankenschwester auf mein Zimmer gebracht. Ich sehnte mich nur noch nach Ruhe; die ganzen Untersuchungen und vielen unangenehmen Fragen der Schwestern und Ärzte nach der Herkunft meiner Verletzungen hatten mir sehr zugesetzt. Außerdem wollte ich endlich meine Gedanken ein wenig sortieren. So sehr ich mir aber auch den Kopf zermarterte – was sich als schwierig genug herausstellte, aufgewühlt, wie ich war –, es wollte mir partout keine Lösung für meine ausweglose Lage einfallen. Ich war mir sicher, dass Mahmud meinem Leben früher oder später ein Ende bereiten würde, wenn mir nicht die Flucht aus der Beziehung gelang. Seit Petra nicht mehr da war, empfand ich alles als noch schlimmer denn je. Sie war diejenige gewesen, die mir in solchen Situationen immer Trost und Halt gegeben hatte. Was hätte ich darum gegeben, sie nun hier an meinem Bett sitzen zu haben und ihre beruhigende Stimme zu hören! Doch seit ihrem Weggang war der Kontakt zwischen uns vollkommen abgebrochen.
    Die Augen wollten mir gerade vor lauter Erschöpfung zufallen, als ein Klopfen gegen die Tür mich wieder hochschrecken ließ. Bevor ich »Herein!« rufen konnte, wurde vorsichtig die Tür geöffnet und einer der Ärzte, die mich untersucht hatten, betrat mit einem Stapel Unterlagen unter dem Arm das Zimmer. Er zog sich einen der Besucherstühle an mein Bett und setzte sich zu mir. Freundlich blickte er mich an.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er.
    Ich brachte nur ein klägliches Lächeln zustande.
    »Warum haben Sie uns vor dem Röntgen nicht erzählt, dass Sie schwanger sind?«, fuhr er fort. Sein freundlicher Gesichtsausdruck war einem sorgenvollen gewichen. »Sie wurden doch garantiert von den Arzthelferinnen nach einer möglichen Schwangerschaft gefragt, bevor man Sie den Röntgenstrahlen ausgesetzt hat!«
    Schwanger? Ich? Das konnte nicht sein, da musste eine Verwechslung vorliegen. Ich war bestimmt nicht schwanger!
    »Herr Doktor, es muss sich um ein Missverständnis handeln!«, erwiderte ich dann im Brustton der Überzeugung. »Ich verhüte sehr zuverlässig mit der Pille und ich bin mir sicher, sie nicht ein einziges Mal vergessen zu haben.«
    Ich spürte, wie mein Herz hektisch zu pochen begann und sich eine unangenehme Hitze in meinem Gesicht ausbreitete.
    Schweigend machte sich der Arzt an den mitgebrachten Unterlagen zu schaffen und schlug meine Krankenakte auf. Mit gerunzelter Stirn las er die Untersuchungsergebnisse durch. Schließlich klappte er die Akte wieder zu und sah mich mitleidig an.
    »Nein, Frau Schneidt, da gibt es keinen Zweifel: Sie sind schwanger! Und morgen werden Sie noch einmal dem Frauenarzt vorgestellt, für den ersten Ultraschall.« Er räusperte sich kurz, bevor er weitersprach: »Wie ich unserem schlauen Computer übrigens entnehmen konnte, sind Sie heute nicht das erste Mal hier. Vor ein paar Monaten wurden Sie schon einmal wegen eines angeblichen Treppensturzes von uns behandelt.«
    Ich ahnte, was nun kommen würde, und begann nervös mit den Händen an der Bettdecke herumzuzupfen. In meinen Ohren hallte noch immer das Wort »schwanger« wider. Verdammt, das konnte doch gar nicht sein! Ich hatte die Pille immer äußerst gewissenhaft eingenommen. In meiner Situation ein Baby zu bekommen, war ja auch völlig absurd. Ich konnte mich noch nicht einmal selbst schützen, wie hätte ich dann die Verantwortung für ein Kind übernehmen können?
    Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Der ganze Stress mit Mahmud war mir schon seit einiger Zeit auf den Magen geschlagen und ich hatte mich des Öfteren erbrechen müssen. Dadurch hatte mir die Pille scheinbar keinen vollständigen Verhütungsschutz mehr bieten können.
    »Frau Schneidt, könnte es vielleicht sein, dass Ihr Freund Ihnen die Verletzungen zugefügt hat?«, hörte ich den Arzt wie durch einen dichten Nebel fragen.
    Prüfend sah er mir in die Augen, doch ich war nicht in der Lage, seinem Blick standzuhalten, und

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