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Gefangen in Deutschland

Gefangen in Deutschland

Titel: Gefangen in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Schneidt
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Händen!
    Der Verkäufer sah das Entsetzen in meinen Augen.
    »Geht es Ihnen nicht gut, junge Frau?«, fragte er beunruhigt.
    Mit knappen Worten schilderte ich ihm die Situation. Er zeigte sich ebenfalls erstaunt. Nun kam natürlich die Frage auf, wer meinen Ring gestohlen und ins Pfandleihhaus gebracht haben könnte.
    »Warten Sie einen Moment, das haben wir gleich! Ich mache mir immer eine Kopie vom Ausweis, wenn ein Kunde keinen Eigentumsnachweis erbringen kann«, sagte er.
    Alev, die wegen ihrer mangelnden Deutschkenntnisse die ganze Zeit nur stumm dabeigestanden und nichts begriffen hatte, blickte mich aus großen Augen fragend an. Schnell klärte ich sie auf. Ich hatte kaum meine Schilderung beendet, als der Verkäufer mit einem Ordner zurückkehrte und mir ein kopiertes Schriftstück in die Hand drückte.
    »Kennen Sie die junge Dame vielleicht?«, wollte er wissen.
    Sekundenlang starrte ich wie betäubt auf die Kopie von Aysegüls Personalausweis. Mein Verstand wollte nicht begreifen, was hier gerade vor sich ging. Ich war so enttäuscht, dass mir sofort die Tränen kamen. Wie konnte sie mir das antun! Ich wusste ja, dass Aysegül nicht gut mit Geld umgehen konnte. Dies war auch ein ewiger Streitpunkt zwischen ihr und Ogün. Ständig kaufte sie sich irgendwelche Klamotten oder Gegenstände, die sie eigentlich nicht brauchte. Schon oft hatte ich ihr Geld geliehen, das ich nie wiederbekommen hatte, nur damit Ogün nicht bemerkte, dass sie schon wieder das ganze Haushaltsgeld ausgegeben hatte. Obwohl ich mich im Stillen darüber ärgerte, hatte ich mich nie beschwert, da ich den Grund für ihre Verschwendungssucht kannte. Wir hatten uns einmal lange darüber unterhalten, und sie hatte zugegeben, aus dem Erwerb schöner Dinge eine tiefe innere Befriedigung ziehen und ihr Unglück auf diese Weise besser ertragen zu können.
    »Was machen wir denn jetzt?«, riss der Verkäufer mich aus meinen Gedanken. »Soll ich die Polizei informieren oder möchten Sie das selbst klären?«
    Erschrocken sah ich ihn an.
    »Nein, nein, keine Polizei! Ich kenne die Frau, die Ihnen den Ring unrechtmäßig verkauft hat. Ich werde das selbst mit ihr regeln. Tun Sie mir bitte nur einen Gefallen und verkaufen Sie den Ring nicht! Ich werde dafür sorgen, dass er bis spätestens morgen ausgelöst wird.«
    Zutiefst verstört verließ ich mit Alev das Geschäft. Die Lust auf einen Stadtbummel war mir gründlich vergangen. Ich wollte so schnell wie möglich nach Hause. Im ersten Moment hatte ich überlegt, direkt zu Aysegüls Eltern zu fahren, um sie dort zur Rede zu stellen. Da ich dies aber mit Mahmud nicht abgesprochen hatte, würde ich mir sicherlich Ärger einhandeln – ein Risiko, das ich nicht eingehen mochte. Also würde ich Aysegüls Rückkehr abwarten, irgendwann musste sie ja wieder in ihrer eigenen Wohnung zu erreichen sein.
    Alev zeigte sich von dem Ereignis keineswegs überrascht. Auch ihr hatte Aysegül schon zwei goldene Armreifen gestohlen, aber sie hatte es ihr nie nachweisen können.
    Kaum war ich zu Hause angekommen, stürmte ich ins Schlafzimmer und zog meine Schmuckschatulle hervor. Irgendwie hegte ich noch immer die unsinnige Hoffnung, dass alles nur ein Missverständnis wäre und mein Ring wohlbehalten in seinem Kästchen läge. Natürlich war dem nicht so, und ich weinte ein weiteres Mal bittere Tränen. Eine solche menschliche Enttäuschung hatte ich selten erlebt. Es ging mir nicht um den Verlust des Ringes, zumal ich ihn ja wiederbekommen konnte. Nein, es ging mir um den Verlust einer Vertrauensperson. Nach Petra nun auch noch Aysegül! Noch dazu war mir vollkommen unverständlich, warum Aysegül das getan hatte. Wann immer sie mich um Geld gebeten hatte: Nie hatte ich ihr diese Bitte abgeschlagen!
    Mit einer Tasse Tee bewaffnet setzte ich mich an den Küchentisch. Von hier aus hatte ich sowohl beide Hauseingänge als auch den Parkplatz voll im Blick. Ich wollte den Moment nicht verpassen, in dem Aysegül nach Hause kam. Alev leistete mir Gesellschaft, und obwohl wir kaum miteinander redeten, tat mir ihre Anwesenheit gut.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Ogüns Auto endlich auf dem Parkplatz einbog. Als der Wagen zum Stehen kam, stiegen außer Aysegül auch Mahmuds Vater und ein Onkel aus. Ich wartete, bis sie im Haus verschwunden waren.
    »Was hast du vor?«, fragte Alev mich alarmiert.
    »Ich werde Aysegül zur Rede stellen«, erwiderte ich wie aus der Pistole geschossen. »Und zwar vor allen

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