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Gefangen in Deutschland

Gefangen in Deutschland

Titel: Gefangen in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Schneidt
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durcheinanderzureden. Da sie sich auf Türkisch unterhielten und ich extrem aufgeregt war, bekam ich nur Bruchstücke mit. »Schick sie in die Türkei!«, »Verpass ihr eine ordentliche Tracht Prügel!«, »Sie ist und bleibt halt eine Deutsche« war das, was ich heraushörte.
    Ich ballte meine Fäuste vor Zorn. Wie oft hatte ich ihre Ehefrauen, ihre Kinder und sonstigen Verwandten zu irgendwelchen Arztbesuchen begleitet! Wie oft hatte ich lästige Behördengänge für die Familie erledigt! Wie viele unzählige Formulare für sie ausgefüllt und stillschweigend ihre Betrügereien hingenommen! Und zum Dank musste ich mich von ihnen bestehlen und beschimpfen lassen!
    Obwohl ich mir nicht sicher war, ob mich meine Beine tragen würden, erhob ich mich langsam von meinem Sessel.
    »Ich habe dir nicht erlaubt aufzustehen!«, brüllte Mahmud prompt.
    Hasserfüllt starrte ich ihm ins Gesicht.
    »Und ich habe dich nicht um Erlaubnis gefragt«, erwiderte ich so sachlich wie möglich.
    Ein Hauch von Unsicherheit schien in seinen Augen auf, zumindest kam es mir so vor. Als hätte er begriffen, dass das Spiel diesmal anders ablaufen würde als sonst.
    »Katja, ich verprügle dich auch, wenn meine Verwandten dabei sind!«, versuchte er mir zu drohen. »Fühl dich nicht so sicher!«
    »Sicher?« Ich brach in hysterisches Gelächter aus. »Habe ich mich bei dir jemals sicher fühlen können, Mahmud? Vielleicht ganz am Anfang unserer Beziehung mal – aber das ist verdammt lange her!«
    Das war zu viel für Mahmud. Ohne jede Vorwarnung sprang er auf mich zu und packte mich an beiden Armen. Mit aller Wucht donnerte er seinen Kopf gegen meinen, sodass ich buchstäblich nur noch Sternchen sah. Keiner der anwesenden Männer machte Anstalten, mir zu Hilfe zu eilen. Abwechselnd auf Deutsch und Türkisch schimpfte Mahmud auf mich ein. Dann zog er mich an den Haaren Richtung Haustür.
    »Du willst zu deiner Mutter? Dann fahr doch zu deiner Mutter! Und bilde dir nicht ein, dass du noch mal hierher zurückkehren kannst. Hoffentlich fährst du gegen einen Baum und verreckst elendig! Denn solltest du mir je im Leben noch einmal begegnen, wirst du dir wünschen, du wärst schon gestorben!«
    Sprach’s und gab mir einen Tritt, der mich zur Wohnungstür hinausbeförderte. Noch während ich mich bemühte, die Balance zu halten, spürte ich den heftigen Aufprall des Autoschlüssels gegen meinen Kopf, den er mir nachgeworfen hatte.
    So schnell es mir mein angeschlagener Zustand erlaubte, lief ich zum Parkplatz, wo unser Auto stand. Mit zitternden Fingern versuchte ich den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn Mahmud es sich anders überlegt hätte und mich in die Wohnung zurückholen würde!
    Nach dem fünften Anlauf gelang es mir endlich, den Motor zu starten. Völlig konfus steuerte ich das Auto quer durch die Innenstadt. Erst als ich auf der Autobahn war, beruhigte ich mich allmählich, hier fühlte ich mich weniger bedroht. Und doch liefen mir die ganze Zeit während der Fahrt die Tränen über die Wangen. Das war es jetzt, begriff ich. Wie in einem Film zogen die letzten dreieinhalb Jahre an mir vorüber. Was hatte ich nicht alles auf mich genommen, um mit Mahmud eine glückliche Beziehung zu führen! Nicht nur mein ganzes bisheriges Leben hatte ich aufgegeben, nein, ich hatte mir meine ganze Identität von ihm kaputt machen lassen! Und was hatte ich zurückbekommen? Misshandlungen, Einschränkungen, Psychoterror! Nun saß ich hier im Auto und besaß nichts als die Sachen, die ich am Leib trug. Noch dazu musste ich endlich auch bei meiner Mutter Farbe bekennen. Ich würde ihr die volle Wahrheit sagen müssen, die ich bisher vor lauter Scham so sorgsam vor ihr verborgen hatte. Denn ich befand mich nach wie vor in akuter Gefahr. Mahmud würde mich zurückholen wollen, sobald er sich beruhigt hatte, dessen war ich mir sicher. Doch genauso sicher wusste ich, dass ich ein für alle Male die Chance auf ein normales, menschenwürdiges Leben verpasst haben würde, wenn ich jetzt nicht den Absprung fand.
    Als ich nach einer guten Stunde an der Haustür meiner Mutter klingelte, war ihr der Schock über mein Aussehen ins Gesicht geschrieben. Wortlos nahm sie mich in die Arme und ich überließ mich ein weiteres Mal meinen Weinkrämpfen.
    »Ich habe versagt, ich habe als Mutter versagt«, murmelte sie immer wieder vor sich hin, während ich an ihrer Brust von Schluchzern geschüttelt wurde. »Ich habe es

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