Gefangene deiner Dunkelheit
einmal mit mir gesprochen. Wenn ich seine Gefährtin wäre, würde er sich dann nicht zumindest vorstellen?«
»Nicht, wenn er denkt, du würdest ihn zurückweisen«, erklärte Riordan, ohne Juliettes warnenden Blick zu beachten. »Vielleicht verbirgt er seine Absichten.«
MaryAnn runzelte die Stirn. »Selbstverständlich hätte ich ihn abgewiesen. Ich habe in Seattle ein Leben, das mir sehr, sehr wichtig ist. Das hier ist nicht meine Welt, und ich würde auch nicht mit einem so autoritären Mann zusammen sein wollen, wie dein Bruder es offensichtlich ist. Natürlich hätte ich Nein gesagt.«
»Was erklären dürfte, warum er nichts gesagt hat. Manolito hätte deine Weigerung nicht akzeptiert, aber du stehst unter dem Schutz des Prinzen und seines Stellvertreters. Außerdem bist du Destinys beste Freundin. Nicht nur Mikhail und Gregori würden Partei für dich ergreifen, sondern auch Destinys Gefährte Nicolae und sein Bruder Vikirnoff und dessen Gefährtin Natalya. Nein, Manolito würde sich in Geduld fassen, in der Nähe bleiben und den Moment abwarten, bis du nicht mehr im Kreis deiner Beschützer bist.«
MaryAnn rieb sich die pochenden Schläfen. »Mir ist schwindlig und übel. Und da ist so ein Brennen in mir. Ist er das? Oder bin ich es selbst?«
»Ich glaube, er ist es, der sich krank fühlt. Manolito spürt immer noch die Wunde und die Nachwirkungen des Giftes. Er braucht dringend Hilfe. Ich habe seinen Geist berührt, aber er ist so verwirrt, dass er nicht weiß, wo er ist oder was real ist oder nicht. Er glaubt nicht, dass ich sein Bruder bin, weil ich nichts von seiner Gefährtin wusste. Also erinnert er sich nicht an das, was er getan hat oder wie er euch beide ohne deine Zustimmung aneinander gebunden hat. Wahrscheinlich fragt er sich, was aus dir geworden ist und warum du nicht gekommen bist, um ihm zu helfen.«
MaryAnn ließ sich auf das Bett sinken und atmete tief durch. Sie war eine nüchterne, praktisch veranlagte Frau; oder zumindest wollte sie das glauben. Dies alles hier war ein unglaubliches Chaos, doch falls tatsächlich alles stimmte, war Manolito De La Cruz noch am Leben und in Schwierigkeiten. Er brauchte sie. Gefährtin des Lebens oder nicht, sie konnte ihn genauso wenig allein und verletzt dort draußen im Dschungel lassen, wie sie Juliettes Schwester im Stich lassen könnte. »Na schön, dann sagt mir, was ich tun soll.«
»Versuch, ihn auf telepathischem Wege zu erreichen.«
Sie hatte keine Ahnung, was sie erwartet hatte, doch das ganz sicher nicht. Action, ja. Sanfte Worte. Einen Jeep, der sie zu ihm bringen würde ... »Telepathisch?«, sagte sie. »Seid ihr verrückt? Ich habe keine solchen Fähigkeiten. Absolut nicht. Und Gedanken lesen kann ich auch nicht. Also werdet ihr ihn wohl erreichen müssen, und dann versuche ich, mit ihm zu reden.«
Juliette schüttelte den Kopf. »Man kann nicht die Gefährtin eines Karpatianers sein, ohne übersinnliche Fähigkeiten zu haben, MaryAnn. Gregori und auch Destiny haben dein Potenzial sofort erkannt. Bei dem Blutaustausch wird Manolito eine private Kommunikationsmöglichkeit für euch eingerichtet haben.«
»Halt! Noch mal zurück. Wie meint ihr das mit meinem angeblichen ›Potenzial‹?« Plötzlich war MaryAnn so wütend, dass sie am ganzen Körper zitterte und den bitteren Geschmack des Verrats auf ihrer Zunge spürte. »Wollt ihr mir etwa erzählen, Destiny hätte mich dazu überredet, in die Karpaten mitzukommen, weil sie oder Gregori dachten, ich könnte möglicherweise die Gefährtin eines eurer Männer sein?«
Juliette sandte Riordan eine stumme Bitte um Hilfe zu. Sie hatte das Gefühl, als ginge sie über ein Minenfeld und stolperte zu oft.
Er zuckte seine breiten Schultern. Ich bezweifle, dass Destiny etwas davon wusste, aber Gregori hat etwas von MaryAnns Blut zu sich genommen. Er muss es also gewusst haben. Wir können uns nicht erlauben, noch mehr unserer Männer zu verlieren. Du weißt, wie verzweifelt unsere Lage ist. Natürlich hat Gregori sie zu der Versammlung mitgenommen, weil er hoffte, dass sie für einen von uns die Rettung sein könnte.
Juliette unterdrückte das Bedürfnis, sich über Riordans unbekümmertes Eingeständnis aufzuregen.
Sie wird ihn mit der Zeit schon lieben lernen, wenn es ihre Bestimmung ist, bei ihm zu sein. So ist nun einmal unsere Lebensweise. Du hast dich ja auch dagegen gesträubt, mit mir zusammen zu sein, Juliette. Ich erinnere mich noch gut, wie du dich in deinem Jaguarkörper
Weitere Kostenlose Bücher