Gefangene deiner Dunkelheit
versteckt und versucht hast, deinem Schicksal zu ent kommen. Heute bist du glücklich und zufrieden mit mir, so wie sie es mit Manolito sein wird. Die Zeit verändert vieles.
Trotzdem ist es unfair, dass ein Mann das Schicksal einer Frau bestimmen kann.
Für den Mann ist es genauso unfair. Er hat auch keine andere Wahl, erinnerte Riordan sie. Und viel mehr zu verlieren.
»Ich fühle mich so hintergangen«, sagte MaryAnn. »Ich war der Meinung, Destiny kenne und verstünde mich. Man tut so etwas nicht mit Freunden.« Schmerz überschattete ihre Stimme, aber daran konnte sie nichts ändern. Sie hatte Destiny vertraut, ihr geholfen, ihre Vergangenheit zu bewältigen, damit sie sich ein neues Leben mit ihrem Gefährten aufbauen konnte. MaryAnn hatte sogar den Trubel und die Kultiviertheit ihrer geliebten Heimat Seattle verlassen und sich in die entlegenen, unzivilisierten Wälder der Karpaten begeben, nur um dafür zu sorgen, dass Destiny ihr Glück fand.
Juliette schüttelte den Kopf. »Destiny ist noch neu in der karpa-tianischen Gesellschaft. Ich bezweifle, dass sie davon gewusst hat oder zugelassen hätte, dass man dich in eine solche Situation bringt. Gregori hat wahrscheinlich gedacht, sein Schutz würde verhindern, dass man dich gegen deinen Willen belästigt. Die meisten Männer glauben, dass eine Frau sich so oder so in ihren Gefährten verlieben wird. Karpatianische Gefährten fühlen sich stark zueinander hingezogen, und die körperliche Anziehung ist enorm.«
»Hat es je einen Mann oder eine Frau gegeben, die sich nicht in ihren Gefährten oder ihre Gefährtin verliebt haben?« Denn wenn Manolito ihr gehörte, konnte sie sich durchaus vorstellen, mit ihm zu schlafen, aber mit ihm zu leben war eine völlig andere Sache.
»Wie bei jeder Spezies gibt es auch bei uns einige, die unter einem schlechten Stern geboren wurden. Niemand weiß, warum oder wie es dazu kommt, doch es hat auch Widernatürlichkeiten gegeben«, gab Riordan zu. »Manolito allerdings ist seiner Gefährtin äußerst zugetan. Er würde sie nie mit einer anderen Frau entehren. Wir haben länger auf unsere Frauen gewartet, als du je begreifen könntest, MaryAnn, und auch wenn du uns für autoritär und arrogant halten magst, lieben und verehren wir unsere Frauen und stellen sie über alles andere.«
Seine aufrichtig klingenden Worte sorgten dafür, dass sie sich ein bisschen besser fühlte. Und Juliette war keine Frau, die sich herumschubsen ließ. Es war nur so, dass MaryAnn all dieses Macho-gehabe ein bisschen lästig fand. Die Brüder De La Cruz würden verlangen, dass eine Frau sich ihnen in allem beugte. Sie konnte sie sich nicht als kompromissbereit vorstellen. Schon der Tonfall ihrer Stimmen irritierte sie. MaryAnn sah sich nicht als Frau eines solchen Mannes. Sie mochten zwar sehr gut aussehend sein, aber wahrscheinlich würde sie ein Magengeschwür bekommen, wenn sie mit einem von ihnen zusammen wäre.
»Das ist bewundernswert, Riordan, sehr sogar.« Sie konnte auch ganz ehrlich sein. »Doch ich bin nicht sicher, dass du recht hast, wenn du glaubst, ich sei die Richtige für deinen Bruder. Und wenn er mich gezeichnet hat«, sie kämpfte mit sich, um nicht zu erröten, als sie sich an die Hitze seines Mundes und ihre eigene körperliche Reaktion darauf erinnerte, »dann hat er es ohne meine Zustimmung getan. Ich weiß nicht, wieso ihr in eurer Gesellschaft glaubt, das sei in Ordnung. In meiner Welt ist es nicht nur falsch, sondern sogar illegal.«
»Du lebst aber nicht mehr in deiner Welt«, versetzte er ohne eine Spur von Reue. »Unsere Regeln sind Überlebensregeln. Wir haben nur noch eine Chance zu überleben, nachdem wir jahrhundertelang so ehrenhaft wie möglich gelebt haben. Und diese Chance liegt darin, unsere Gefährtinnen zu finden. Ohne unsere Frauen kann unsere Spezies nicht fortbestehen, und unsere Männer müssen sich entweder das Leben nehmen oder Vampire werden. Es gibt keine andere Wahl für uns.«
MaryAnn seufzte. Ohne den Kummer und die Verzweiflung, die an ihr nagten, hätte sie in der Lage sein müssen, klarer zu denken, doch nun war alles überlagert von Verwirrung. Waren ihre eigenen Emotionen dafür verantwortlich, oder war es Manolito? Und wenn er es war, wie konnte er dann im Dschungel überleben, ohne zu wissen, was mit ihm geschah?
»Wie kann ich ihn erreichen? Telepathisch, meine ich. Ich habe so etwas noch nie versucht.«
Riordan und Juliette wechselten einen langen, verdutzten Blick. Sie hatten
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