Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
Richtige zu sein. Seufzend öffnete sie einen weiteren Schrank und ließ ihren behandschuhten Finger über die Buchrücken wandern. Sie bemühte sich, nicht zu schnell vorzugehen, um es nicht zu übersehen, doch gleichzeitig war ihr schmerzlich bewusst, dass sie sich durchaus irren konnte. Vielleicht befand sich das Buch ja gar nicht hier, und sie vergeudete lediglich Zeit – Zeit, die weder sie noch Gabriel hatten.
»Wir werden dieses Buch finden«, erklärte Caro und drückte April an sich, sorgsam darauf bedacht, ihre staubigen Handschuhe von ihrem Rücken fernzuhalten. »Es wird alles gut. Du musst positiv denken.«
»Das versuche ich ja … aber es gibt so vieles, was mir Angst macht. Was, wenn wir das Buch finden? Was passiert dann? Und wenn der Zauber tatsächlich funktioniert, wird Gabriel wieder zum Vampir, bloß … was soll daran gut sein?«
»Aber genau dafür kämpfst du doch, Süße. Ja, okay, er wird wieder zum Vampir, aber wenigstens zu einem lebendigen. Sofern es so etwas überhaupt gibt. Aber solange er noch lebt, hast du immerhin die Chance, alles wieder in Ordnung zu bringen, oder etwa nicht? Wir zumindest haben die Chance, den Regenten zu finden und dafür zu sorgen, dass Gabriel wieder ganz gesund wird.«
»Kann sein«, räumte April ein und wandte sich wieder dem Bücherschrank zu. »Nur … manchmal scheint er es gar nicht zu wollen. So als würde ich ihn dazu zwingen.«
»Ich bin sicher, er meint es nicht so«, sagte Caro.
»Du hättest ihn am See mal hören sollen, Caro …«, begann sie, ehe ihre Stimme verklang. April registrierte, dass sie aufgehört hatte zu atmen.
Wie gebannt starrte sie auf ein schmales, in bleiches Leder gebundenes Bändchen von der Größe eines Notizbuches. Als sie es herauszog, sah sie, dass die Blätter bereits vergilbt und leicht wellig waren. Es sah unfassbar alt aus, so als könne es jederzeit zu Staub zerfallen.
»Ist es das?« Caros Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
April schlug es auf und schnappte beim Anblick des in schnörkeliger Handschrift abgefassten Titels nach Luft.
Liber Albus:
Zaubersprüche und Tränke
gegen das Böse und die Hexerei
»Ich glaube, das ist es.«
»Eigentlich hätte ich gedacht, es ist dicker.«
»Zu der Zeit, als es geschrieben wurde, war Papier sündhaft teuer«, erklärte April. »Deshalb mussten sie so sparsam wie möglich damit umgehen.«
Vorsichtig trug sie das Bändchen zum Tisch und begann darin zu blättern. Es war wunderschön, voll handschriftlicher Symbole und allerlei unverständlicher Diagramme.
»Da!«, zischte Caro.
Der Drachenhauch
ist das geeignete Elixyr, um die unter dem Namen
Vampyrvirus bekannte Infektion, ausgelöst durch das
sogenannte Blut der Furie, auszumerzen und den
Vampyr für immer in die ew’ge Finsternis
zurückzuscheuchen.
Darunter war eine Liste mit den Zutaten und den erforderlichen Mengen der Ingredienzien aufgeführt: Borke des Marschdornbaums, Alraunwurzel, Schwarze Spirulapflanze und einige andere.
»Wir haben es! Wir haben es gefunden!«, rief Caro, packte April und begann vor Aufregung im Kreis zu hüpfen. Die Mädchen kreischten vor Freude.
»Aber wie sollen wir es hier rausschaffen, ohne dass es jemand mitbekommt?«, fragte April plötzlich. »Wir dürfen doch keines der Bücher mitnehmen.«
Caro lächelte.
»Die Regeln wurden lange vor der Erfindung von dem hier festgelegt«, erklärte sie, zog ihr Handy aus der Tasche und begann draufloszuknipsen. »Wir machen einfach Fotos mit der höchsten Auflösung und drucken sie später aus.«
»Brillante Idee!«
Caro verneigte sich.
»Ist mir ein Vergnügen.«
»Los, mach schnell, bevor Mrs Eisschrank kommt und uns vor die Tür setzt.«
April hielt die Seiten aufgeschlagen, während Caro die Fotos schoss.
»Jetzt aber nichts wie raus hier«, sagte April. »Mir wird allmählich echt unheimlich. Einige dieser Tiere starren schon die ganze Zeit zu uns herüber, ich schwör’s.«
Caro sah sich sehnsüchtig im Raum um. »Können wir nicht noch eine Weile bleiben? Bei www.trueconspiracy.com würden sie tot umfallen, wenn sie all das hier sehen könnten.«
Betrübt schüttelte April den Kopf. »Tut mir leid, Süße, ich weiß, dass das hier für dich das reinste Paradies ist, aber vergiss nicht, weshalb wir hergekommen sind. Gabriels Zeit wird wahnsinnig knapp, deshalb habe ich Angst, dass es zu spät ist, wenn wir noch länger herumtrödeln.«
Caro seufzte und lächelte schwach. »Okay, lass mich nur noch ein
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