Gefangene der Dämmerung: Ravenwood 2 - Roman (German Edition)
paar Fotos aus dem Buch mit den Zaubersprüchen machen«, sagte sie, blätterte in dem Band und knipste wild drauflos.
»Hey, nein!«, rief April. »Jessica hat gesagt, wir dürfen nur das Rezept für den Drachenhauch suchen, sonst nichts.«
»Tut mir leid«, sagte Caro verlegen. »Es ist nun mal ein Buch voller Zaubersprüche, und vielleicht ist ja einer darunter, der mir hilft, superhübsch, reich und berühmt zu werden.«
»Superhübsch und superschlau bist du doch ohnehin schon, Caro.«
»Aber reich zu sein könnte trotzdem nicht schaden, meinst du nicht auch?«
Dreizehntes Kapitel
S chon komisch«, sagte Caro und drückte den Halteknopf im Bus. »Ich bin schon x-mal an diesen Wäldern vorbeigefahren und habe doch immer nur die Bäume gesehen.«
»Mehr gibt es hier auch nicht zu sehen«, bemerkte Gabriel, als sie ausstiegen und dem davonfahrenden Bus hinterhersahen.
»Aber es sind doch nicht nur einfach ›Bäume‹, oder?«, gab Caro kleinlaut zurück. »Es ist ein unheimlicher Zauberwald, in dem die Bäume versuchen, arme Menschen zu töten.«
»Was für eine reizende Vorstellung, Caro. Genau das, was wir brauchen, wo wir gerade auf dem Weg dorthin sind«, bemerkte April. Sie hatte miese Laune, weil sie Gabriel entgegen seines Versprechens, für sie stark zu bleiben, regelrecht an den Haaren hatte mitschleifen müssen – zweifellos weil er immer noch zwischen ihr und seiner Entschlossenheit hin und her gerissen war, sich in sein Schicksal zu fügen und sein »Geschenk des Todes«, wie er es nannte, zu akzeptieren. Und je näher der Moment rückte, der Gabriel in einen Vampir zurückverwandelte, umso unglücklicher war sie. Aber wie Caro bereits gesagt hatte – wenigstens wäre er danach noch am Leben. Das war immerhin etwas, oder?
Sie blieben stehen und warteten, bis der Bus verschwunden war, ehe sie den schmalen Pfad zwischen den Bäumen betraten.
»Siehst du das?«, flüsterte Caro. »Sehen diese Zweige für dich etwa nicht wie Finger aus, die nach mir greifen wollen?« Sie wandte sich April zu. »Und wolltest du mich nicht aus all dem heraushalten? Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt dafür, dein Versprechen wahr zu machen.«
»Das würde ich ja gern, aber ich brauche dringend deine Fachkenntnisse«, erklärte April.
»Welche Fachkenntnisse?«
»Du hast doch Bio als Hauptfach, oder?«
»Biologie, ja, das stimmt, aber nicht Botanik. Das ist nicht dasselbe.«
Gabriel blieb stehen und hob schnüffelnd den Kopf.
»Was ist?«
»Hier ist es nicht sicher«, sagte er leise und ließ den Blick durch den Wald schweifen.
»Das mit den Bäumen war doch nur ein Scherz …«, warf Caro ein.
»Leise«, zischte Gabriel und lauschte angestrengt mit schief gelegtem Kopf. Jede Faser seines Körpers schien angespannt zu sein.
»Was ist los?«, flüsterte April, doch er gab keine Antwort.
April spitzte die Ohren, doch außer dem Wispern des Windes und vereinzelten Motorengeräuschen von der Straße war nichts zu hören.
Gabriel schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Vielleicht war ja doch nichts …«
»Du kannst doch nicht wie angewurzelt dastehen und wie ein Bluthund lauschen und dann einfach sagen, es sei wohl doch nichts gewesen«, blaffte Caro ihn sichtlich verängstigt an.
»Ich dachte nur, ich hätte etwas gerochen …«
»Was?«, fragte April leise. Sie sah ihm an, was Caro anscheinend entging: Gabriel hatte Angst. Hundert Jahre lang war er unverwundbar gewesen und wie eine Art Superman durch die Welt gelaufen. Doch jetzt, seit ihrem Kuss, war er schwach, angreifbar. Mit einem Mal versetzten ihn Dinge, die ihn zuvor bestenfalls ein müdes Achselzucken gekostet hatten, in Angst und Schrecken. Er hatte keine Ahnung, wie er mit alldem umgehen sollte.
»Tod«, sagte er und sah sie eindringlich an. »Ich habe Tod gerochen.«
Sie drückte seinen Arm. »Ist schon okay«, sagte sie. »Ich habe recherchiert. Während der Pest befand sich hier eine riesige Sammelgrube für die Toten.«
»Eine Sammelgrube?« Caro schien sich noch mehr zu gruseln.
»Es sind so viele Menschen gestorben, dass sie nicht mehr einzeln bestattet werden konnten. Und da man diesen Ort nicht als Bauland verwenden wollte, ist hier allmählich alles zugewuchert. Vielleicht hast du das ja gespürt«, sagte sie zu Gabriel.
»Kann sein«, sagte er. Der Ausdruck auf seinem Gesicht – so verloren und verunsichert – brach ihr beinahe das Herz. Am liebsten hätte sie ihn umarmt, aber sie waren hergekommen, weil sie etwas Wichtiges
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