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Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Blue
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wundervolles, weißes Schlachtross – zu bändigen. Tristan selbst, oder das, was von ihm übrig war, lag ausgestreckt auf dem Boden.
    »Ein schöner Morgen, mein Gatte«, sagte sie, wobei noch jedes Wort schmerzte und kaum mehr als ein raues Flüstern war. Aber Tristan hatte viel Schlimmeres erlitten – tatsächlich hatten sie ihn so stark geschlagen, dass sie ihn beinahe nicht erkannt hätte und kaum glauben konnte, dass er noch lebte. Aber er regte sich beim Klang ihrer Stimme, als wollte er sich erheben. »Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden.«
    Er schaffte es, sich auf alle viere gestützt wie ein Hund auf die Knie zu drücken. Aber seine Augen waren, als er zu ihr aufblickte, die eines Menschen. Der stolze Teufel in ihm lebte weiter. Sie stählte sich für seine Worte und war entschlossen, die Qual, die sie empfand, nicht zu zeigen. Sie war eine Närrin. Er war ihr Feind, der mordende Unterdrücker ihres Volkes. Seine Qual sollte sie erfreuen. Aber sie blickte zu ihm hinab, dachte an seinen Kuss und an den Klang seiner Stimme, die ihren Namen flüsterte. Warum war er nicht davongelaufen? Er blickte nun zu ihr hoch, als würde ihn nichts mehr freuen als ihr Tod.
    Aber als er sprach, fluchte er nicht, wie sie es verdient hätte. »Bitte«, flüsterte er rau, während er vor ihr kniete. »Mein Kind … meine Clare.« Sie trat entsetzt einen Schritt zurück, und er packte ihre Hand, aber sein fester Griff war nicht drohend, während er ihr in die Augen sah. »Versprich es mir, Siobhan.«
    »Lasst sie los«, befahl Sean und hob eine Hand, um ihn zu schlagen.
    »Nein!«, rief Siobhan und hielt ihren Bruder zurück.
    »Versprich es mir«, wiederholte Tristan, der anscheinend niemanden außer ihr wahrnahm. »Schwöre, dass sie in Sicherheit ist.«
    Hätte ihr Vater so um ihr Leben gefleht, wenn Heinrichs Männer ihm die Chance dazu gegeben hätten? Ja, dachte sie, das hätte er. Seien wir besser als unsere Feinde, hatte sie zu Sean gesagt, als er den jungen Knappen köpfen wollte. Die kleine Clare verdiente gewiss das Gleiche. »Ich schwöre es.« Sie erwiderte den Druck seiner Hand einen Moment lang. »Ich werde sie mit meinem Leben beschützen.«
    »Das ist genug, kleine Schwester«, sagte Sean und legte eine Hand auf ihre Schulter.
    »Ja«, antwortete sie. Sie entzog Tristan ihre Hand, und er ließ es zu und senkte ebenfalls den Blick. »Es ist mehr als genug.« Sie beugte sich herab und berührte Tristans gequetschte und blutige Wange. »Lebwohl, Gatte. Warte in der Hölle auf mich.« Sie trat zurück, und Sean und seine Leute hoben Tristan hoch und warfen ihn über den Rücken des Schlachtrosses. Das Pferd hörte sofort auf zu tänzeln, als erkannte es seinen Reiter selbst in diesem kläglichen Zustand noch. Siobhan biss sich so fest auf die Innenseite ihrer Wange, dass sie ihr eigenes Blut schmeckte. Sie sah zu, wie er auf dem Sattel festgebunden wurde. Dann führten Bruce und Callum das Pferd davon.
    »So«, sagte Sean, als sie durch die zerbrochenen Tore kamen. »Es ist vollbracht.«
    »Ja.« Ein seltsamer, scharfer Schmerz presste ihr das Herz zusammen, und ihre Wangen wurden tiefrot vor Scham. »Endlich ist es vorbei.« Sie schaute auf und sah, dass ihr Bruder sie beobachtete, ihr Gesicht prüfend betrachtete. »Also, was jetzt, Hauptmann?«, fragte sie und zwang sich zu einem Lächeln.
    Sean erwiderte das Lächeln. »Der Sieg«, antwortete er. »Komm, Liebes. Ich werde es dir zeigen.«

4
    Tristan fühlte keinen körperlichen Schmerz mehr. Er hatte so viel Blut verloren, dass er kaum überhaupt noch etwas spüren konnte. Aber er empfand Zorn. Er empfand Hass.
    Siobhan hatte ihn verzaubert. Selbst als er ihre Kehle mit der Faust umklammert hielt, war es ihr irgendwie gelungen, ihn lange genug abzulenken, um ihn an der Flucht zu hindern. Sie hatte ihm mit ihrer Schönheit den Verstand geraubt, seinen Willen gebrochen und dann ihre Lakaien gerufen, damit sie ihm den Rest gaben. Und er hatte es zugelassen. Er hatte für einen Kuss nicht nur sein Leben, sondern auch seine Suche verwirkt. Durch die Augen der wunderschönen Teufelin bezaubert, hatte er alles andere vergessen – den Auftrag Heinrichs, sogar die Sicherheit seines Kindes. Er verdiente den Tod, der ihn erwartete, und die folgende ewige Verdammnis. Aber noch nicht. Er hatte Clare versprochen, dass die bösen Männer ihn nicht töten würden, und er würde dieses Versprechen halten. Er hatte Siobhan versprochen, dass kein Grab ihn an der Rache

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