Gefangene der Dunkelheit
Siobhan und lächelte ihr zu. »Spar dir deine Tränen für meinen edlen Vater, deinen rechtmäßigen Lord, der vor zwölf Jahren ermordet wurde.«
»Ja, Cilla, tut das«, sagte Tristan. Alle Sanftheit, die sie in seiner Stimme gehört hatte, war auf einmal verschwunden. »Hätte ich ihn gekannt, würde ich vielleicht selbst um ihn weinen.« Sein Blick begegnete dem Siobhans.
Für einen Moment zweifelte sie beinahe an sich selbst, zweifelte, ob der Tod dieses Mannes gerecht war. Er hatte ihren Vater nicht gekannt. Tatsächlich konnte er selbst kaum mehr als ein Kind gewesen sein, als ihr Heim angegriffen und zerstört worden war. Dann dachte sie an ihre Cousins, deren Köpfe den Krähen zum Fraß vorgeworfen worden waren – nicht von einem längst verstorbenen Fremden, sondern von diesem Mann hier. Er hatte, trotz all seiner schönen Worte an das Dienstmädchen, nichts anderes getan als die Männer, die auf Befehl ihres Königs ihren Vater ermordet hatten. »Lass uns allein, Cilla«, sagte sie, zog ihren Dolch und zwang sich zu einem Lächeln. »Mein Bräutigam ist nun bereit für mich.«
»Ja, Mylady.« Cilla blickte ein letztes Mal zu DuMaine, nahm ihr Tablett hoch und ging.
»Was jetzt, Mylady Metze?«, fragte er, und die träge, gedehnte Sprechweise des Normannen klang verführerisch und spöttisch zugleich. »Ihr hättet Eure Wachen mich ausziehen lassen sollen, meint Ihr nicht?«
»Nicht so, mein tapferer Lord«, antwortete sie. Er bezweifelte noch immer, dass sie tun wollte, was sie versprochen hatte, und er hatte tatsächlich recht. Aber sie war nicht bereit, ihm diese Gewissheit zu geben. »Ich denke, ich komme gut genug damit zurecht.« Sie durchschnitt mit ihrem Dolch die Schnürung seines Waffenrocks und öffnete ihn mit der Spitze.
»Das macht Ihr gut, Liebste«, sagte er, und sein Hohn ließ das Kosewort schlimmer klingen als seine Beleidigungen. »Ihr müsst viel Übung darin haben.«
Sie lächelte und weigerte sich, den Köder zu schlucken. »Nicht so viel, wie Ihr vielleicht glaubt.« Sie legte das Messer beiseite und öffnete mit der Hand seine Hose. »Ich bin schließlich noch immer Jungfrau.«
Sein Atem stockte, als müsste er ein Keuchen unterdrücken. »Den Teufel seid Ihr«, antwortete er stirnrunzelnd.
»Zweifelt Ihr etwa an meinen Worten?« Sie merkte, dass seine Reaktion sie freute. Er klang fast ängstlich. »Ich bin zutiefst verletzt.« Sie ließ ihren Blick über ihn schweifen, wie sie die Blicke ihres Bruders und seiner Leute über Huren hatte schweifen sehen, und lächelte währenddessen, ohne darüber nachzudenken. Er war der bestaussehende Mann, den sie je erblickt hatte, die Statue eines Engels in Menschengestalt – diese grünen Augen hatten wahrscheinlich schon Tausende betört. Nun beobachteten sie sie, lodernd vor Zorn, und Scharfsinn brannte hinter seinen Augen. Seine Nase war groß und leicht gebogen, als wäre sie einmal gebrochen gewesen, und eine kleine Narbe zog sich einen seiner Mundwinkel hinab. Aber diese Makel verbesserten sein Aussehen nur noch.
»Was plagt Euch, Liebster?«, fragte sie ihn im Tonfall einer Verführerin. Sie öffnete sein Hemd und ließ die Handfläche über seinen Bauch gleiten, der schlank und muskulös war. »Ich dachte, ihr Normannen mögt solche Dinge.«
»Welche Dinge, Siobhan?«, fragte er, und seine Stimme klang fast wie ein Grollen.
»Gleichzeitig zu jammern und zu stoßen.« Der Klang seiner Stimme, die ihren Namen aussprach, verursachte ein seltsames, kleines Schaudern in ihrem Magen. Sie zog eine lange, weiße Narbe an seiner Seite nach, das Überbleibsel einer Wunde, die fast tödlich gewesen sein musste. Ihr Feind war ein großer Krieger, auch wenn er ein hündischer Bastard war. »Ich dachte, Schändung sei der große Zeitvertreib des Königs und seines Gefolges?«
»Ja, Petite , das stimmt«, antwortete Tristan verbittert und bemühte sich um einen ruhigen Tonfall. Wenn diese Verführerin noch Jungfrau war, dann war König Heinrich der Papst. »Aber wir ziehen es vor, obenauf zu sein.«
Sie lächelte. »Ich verstehe.« Sie hatte in ihrem ganzen Leben kaum je einen Mann geküsst, aber nun beugte sie sich hinab und küsste die deutliche Quetschung, die ihr Bruder an seiner Wange hinterlassen hatte. »Das tut mir leid für Euch.« Sie küsste eine weitere geschwollene Quetschung an seinem Kinn, während ihre Hände über seine Brust glitten, und er murmelte einen Fluch und riss den Kopf weg.
»Beantwortet mir eine Frage«,
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