Gefangene der Dunkelheit
Ihre Stimme war fort.
»Mit dir in meinen Armen, kleine Ehefrau.« Er beugte sich herab, küsste sie auf die Stirn und atmete ihren Geruch ein. Er sollte sie töten, ihr den Hals umdrehen und verschwinden, solange er noch die Chance dazu hatte. Sie hatte die Wachen zu ihrem Bruder geschickt. Er konnte immer noch entkommen. Aber irgendwie konnte er sie nicht loslassen.
»Mein Bruder wird dich töten.« Bei jedem der geflüsterten Worte fühlte sie sich, als würde eine gezackte Glasscherbe ihre Kehle aufreißen, und ihre Stimme versagte noch immer. »Du kannst nicht entkommen.« Sie griff nach dem Dolch, und er presste seine Faust wieder zusammen, sodass die Welt wieder schwarz wurde, während er das Messer fortwarf.
»Ich brauche keine Klinge, kleine Teufelin.« Er klang betrunken, wie er bemerkte, seine Worte waren undeutlich. Sie hatte ihn irgendwie verhext und ihn seines Verstandes beraubt. Aber er könnte noch immer frei sein. »Ich werde dich mit den Händen zerreißen.«
Sie spürte, wie sich sein Griff lockerte und zu einer Liebkosung wurde. »Meine wunderschöne Siobhan.« Dieselbe seltsame Erregung, die sie schon zuvor empfunden hatte, durchschauderte sie erneut, als er mit beiden Händen durch ihr Haar strich und es sanft anhob und durch seine Finger gleiten ließ. »Wie Seide.«
»Hör auf!« Sie wollte seine Hände fortschlagen, aber er packte sie an den Handgelenken und drängte sie wieder gegen die Wand. »Lass mich los!«
»Dich loslassen?«, echote er. »Aber ich dachte, du wolltest spielen.« Er presste seinen Mund langsam auf ihren und hielt sie fest, als sie sich wehrte. Sie konnte nicht gegen ihn kämpfen. Sie konnte nicht entkommen. Er küsste sie, und ihre Knie wurden weich, und ihre Kraft schwand. Seine Zunge stieß zärtlich in ihren Mund, warm und lebendig, und sie ließ es zu. Sie hieß es willkommen. Sie erwiderte seinen Kuss, nährte sich an seinem Mund.
»Siobhan …« Er sprach ihren Namen aus wie eine Liebkosung, als wären sie wirklich Liebende. Er war zu stark für sie, ihr Mörder. Ihr waren keine Waffen geblieben. Er ließ eines ihrer Handgelenke los, um ihre Wange zu berühren, und sie versuchte, ihn ins Gesicht zu schlagen. Aber er war zu schnell für sie. Er fing ihre Faust ab, bevor sie ihn traf. Sie passte vollständig in seine Handfläche. »Kleine Teufelin«, flüsterte er lächelnd. Er sollte einen Fluchtversuch unternehmen, dachte sie. Warum lief er nicht davon? Er hatte recht. Er könnte sie mühelos töten. Warum tat er es nicht?
»Nein«, flüsterte sie, als er näher herantrat, um sie erneut zu küssen. Seine Lippen streiften ihre kaum, dann wanderten sie zu ihrem Kinn. »Sean …« Sie sammelte ihre Kraft und hielt den Atem an, um ihn in einem einzigen qualvollen Schrei auszustoßen, der sich anfühlte, als würde ihre Kehle aufgerissen. »Hilf mir, Sean!«
Tristans Augen weiteten sich einen Moment, und dann runzelte er die Stirn, packte sie fest an den Schultern und schleuderte sie hart gegen die Wand. Aber Sean und die Übrigen waren bereits da – die Tür öffnete sich krachend. Ihr Bruder schlug dem Mann, der sie festhielt, mit seinem Schwertheft fest auf den Schädel, sodass er bewusstlos zu Boden ging.
»Sean, es tut mir leid.« Sie sank neben ihrem gestürzten Ehemann auf den Boden, ihre Beine gaben unter ihr nach. »Es tut mir so leid … Ich weiß nicht, wie er sich befreien konnte.«
»Still, Liebes«, antwortete Sean, der sie kaum ansah. »Bringt ihn hinaus in den Hof«, befahl er seinen Leuten. »Er ist außer Gefecht – und haltet Gaston von ihm fern.«
»Verzeih mir«, sagte sie leise und blickte zu Boden. Sie hatte versagt. Sie war schwach, war letztlich doch nur eine Frau. »Ich habe ihn entkommen lassen.«
»Das hast du nicht.« Ihr Bruder legte ihr eine Decke um die Schultern, während Tristan hinausgetragen wurde. Sein Körper wirkte so leblos wie ein Leichnam. »Ist er entkommen?« Er zog sie sanft hoch und lächelte. »Du hast es gut gemacht.« Er nahm seinen mit Edelsteinen besetzten Dolch hervor, eine Trophäe, die er dem Mörder ihres Vaters abgenommen hatte. »Aber nun lass uns zum Ende kommen.« Er wollte in seinen Arm schneiden.
»Warte.« Sie griff nach dem Messer. »Lass mich das tun.« Sie zog die Klinge über ihre Handfläche und ließ ihr Blut auf die Laken tropfen.
Sie trat in der Dämmerung auf den Hof hinaus. Bruce und Callum waren bereits aufgesessen, und die beiden anderen Männer versuchten, DuMaines Pferd – ein
Weitere Kostenlose Bücher