Gefangene der Dunkelheit
forderte er sie auf und rang um Kontrolle.
»Nur eine?« Sie hob den Kopf, sah ihn an, und die reine Teufelei leuchtete in ihren Augen. »Gern.«
Er zwang sich, ihr Lächeln zu erwidern, während er sich eine Beleidigung auszudenken versuchte, die sie verletzen würde. »Welche Widernatürlichkeit hat Euch dazu veranlasst, dieses Gewand zu tragen?«
Zu seiner Überraschung lachte sie. »Es gefällt Euch also nicht?«
»Ich mag das Kleidungsstück sehr.« Solch eine Schönheit musste gewiss von Eitelkeit vergiftet sein, dachte er. Er könnte sie bestimmt in ihrem Stolz verletzen. »Am richtigen Mädchen wäre es wunderschön. Seine rechtmäßige Besitzerin sah wahrscheinlich überaus bezaubernd darin aus.«
»Ganz im Vertrauen gesagt, das tat sie nicht.« Sie setzte sich neben ihm aufs Bett und zog den Rock über die Knie, eine anstößige, wenig damenhafte Geste, die durch ihre mangelnde Anmut noch verführerischer wirkte. »Sie hatte dünnes Haar und ein Gesicht wie ein Pferd.«
»Dennoch denke ich, dass es ihr gepasst haben muss.« Sie war wie ein wildes Geschöpf aus einer uralten Fabel, dachte er, eine Nymphe, die die Rechtschaffenen zugrunde richten sollte. »An Euch hängt es wie ein Lumpen.«
Sie runzelte die Stirn und blickte an sich hinab. »Ich habe keine sehr weibliche Figur, oder?«
»Irgendwie weiblich, nehme ich an.« Er sah sie von oben bis unten an und verzog höhnisch den Mund. »Beleidigt Euch meine Offenheit?«
»Euer Leben beleidigt mich, mein Gatte«, antwortete sie, während sie ihr Lächeln wiedererlangte. »Aber das wird sich bald ändern.« Sie beugte sich hinab, bis ihr Gesicht auf gleicher Höhe mit seinem war. »Das verspreche ich.« Sie küsste ihn sanft auf die Lippen und zog sich zurück, als er den Kuss gegen seinen Willen erwiderte.
»Teufelin«, stieß er rau hervor, als sie sich aufsetzte.
»Das sagtet Ihr bereits.« Ihre Stimme zitterte, aber ihr Herz war kalt. »Aber ich denke, dass Ihr der Teufel seid.« Sie küsste ihn erneut auf die Lippen, öffnete seinen Mund mit ihrer Zunge, wie er ihren geöffnet hatte, als sie verheiratet worden waren. Er glaubte wirklich, sie wollte ihn, der Narr glaubte, sie würde sich ihm, ihrem Feind, ergeben. Sie erwartete, dass er sich gegen ihren Kuss wehren, dass er versuchen würde, den Kopf abzuwenden, aber er tat nicht einmal das. Er erwiderte ihren Kuss und wurde zum Angreifer. Sie spürte, wie er unter ihr hart wurde. »Es ist verrückt, liebster Gatte«, sagte sie, als sie den Kuss unterbrach. »Ich denke, du willst mich letztendlich doch.«
Er lächelte, das hassenswerte Höhnen, das sie in den wenigen kurzen Stunden, seit sie ihn kannte, zu erwarten gelernt hatte. Hatte er ihre Cousins auch so verhöhnt, bevor er sie mit der Axt töten ließ? »Du vergisst, dass ich Soldat bin, Siobhan. Ich kann alles ficken, wenn ich muss.« Sie öffnete den Mund zu einer Antwort, doch er hob eine Hand und schloss sie fest um ihre Kehle, wobei das Seil, das die Hand gehalten hatte, wie ein Faden zerriss. »Leider habe ich nicht die Zeit dazu.«
Sie wollte Atem holen, aber es gelang ihr nicht, da ihr die Luft vollkommen abgeschnitten war, während sie mit beiden Händen an seiner Faust zerrte. Sie wollte den Dolch ergreifen, den sie auf den Tisch gelegt hatte, aber sie kam nicht an ihn heran. Helle Lichtpunkte tanzten wie verrückt vor ihren Augen. Nein!, brüllte sie im Geiste, eher zornig als furchtsam. Aber tatsächlich konnte sie keinen Laut hervorbringen.
»Die Zeit des Spielens ist vorbei, Petite «, sagte er leise und drückte fester zu, presste seinen Daumen auf den Puls an ihrer Kehle. »Nun ist es Zeit für Lektionen.« Er befreite auch sein anderes Handgelenk, dessen Haut aufgeschürft war und blutete. »Schade, dass du nicht mehr so lange leben wirst, um von ihnen zu profitieren.« Sie kämpfte gegen die Dunkelheit an und schlug mit den Fäusten blind auf ihn ein, aber sein Arm war weitaus länger als ihrer. Er ergriff mit seiner freien Hand mühelos den Dolch und hielt die Spitze unter ihre Nase. »Schhh …« Er hielt sie immer noch fest an der Kehle gepackt, während er die Fesseln an seinen Knöcheln durchschnitt, beugte sich dann näher zu ihr und zwang sie, rückwärtszustolpern, als er sich erhob. »Was soll ich jetzt nur mit dir tun?«
Sein Griff lockerte sich. Sie begann wieder zu atmen. »Fahr zur Hölle«, wollte sie ihn verfluchen, aber sie konnte die Worte nur flüstern. Er hatte ihr beinahe die Kehle zerquetscht.
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