Gefangene der Dunkelheit
getötet hatte. Sie hätte inzwischen eine viel längere Waffe handhaben können und hatte dies auch schon mehr als ein Mal getan. Aber dieses Schwert war ein Geschenk der Druiden, zumindest glaubte sie das, gleichgültig wie sehr Sean sie auch deswegen hänseln mochte.
»Was ist das?«, fragte eine zaghafte Stimme so dicht neben ihr, dass sie beinahe zusammengezuckt wäre. Als sie hinabblickte, sah sie die kleine Clare in ihrem Nachtgewand.
»Wie sieht es denn aus?«, fragte sie verärgert. Das Kind hatte ein Kindermädchen. Warum spazierte es mitten in der Nacht auf dem Hof umher?
»Wie ein Schwert«, antwortete Clare unbeirrt. »Aber es ist zu klein.«
»Es ist zu klein«, stimmte Siobhan ihr zu. Sie steckte das Schwert wieder in den Gürtel. »Warum schläfst du nicht?«
»Weil ich nicht müde bin.« Das Kind hätte eigentlich Angst vor ihr haben müssen, aber das schien nicht der Fall zu sein. Tatsächlich hatte sie nach ihrem anfänglichen Kummer vor niemandem von ihnen Angst gezeigt. Die Tochter ihres Vaters, dachte Siobhan unwillkürlich.
»Wo ist Emma?« Das Kind zuckte mit den Achseln und spreizte die Hände, aber ihr schuldbewusster Gesichtsausdruck ließ die Wahrheit erkennen. Emma hatte unter den Soldaten einen Geliebten. »Verstehe«, sagte Siobhan seufzend.
»Sie denkt, dass ich schlafe.« Clare blickte in Richtung des Turms, genau wie Siobhan es getan hatte. »Sean Lebuin sagte, wir würden in den Turm ziehen.«
»Ja.« Die Kleine nannte Sean bei seinen beiden Namen, wie ein Priester vielleicht Jesus Christus sagen würde. Oder Luzifer der Verdammte. »Er denkt, du wärst dort sicherer.«
»Mein Papa sagte, ich sei im Turm sicher.« Siobhan zuckte unmerklich zusammen. Sie war sich nicht sicher, ob sie lügen könnte, wenn das Kind erneut nach ihrem Vater fragte. Sie hatte Tristan geschworen, seine Tochter zu beschützen, ein mühelos geleisteter Schwur. Sie wollte kein unschuldiges Kind verletzen oder zulassen, dass ein anderer es tat. Aber wie sollte sie die Kleine vor der Wahrheit schützen?
»Er hatte recht«, antwortete sie. Sie hockte sich neben das kleine Mädchen, sodass ihre Gesichter auf gleicher Höhe waren. »Siehst du die Zugbrücke?«, fragte sie und deutete darauf. »Wir können sie hochziehen, wenn jemand angreift, damit sie nicht die Klippen erklimmen können, um uns zu erreichen. Und wenn sie es versuchen, werden unsere Leute Pfeile auf sie hinabschießen und sie töten. Verstehst du?«
»Ich verstehe.« Die großen, grünen Augen blickten ernst und klar, während das Kind die Zugbrücke betrachtete.
»Niemand wird uns verletzen können«, versprach Siobhan.
Das Kind wandte ihr wieder den Blick zu. »Ihr habt es getan«, sagte sie. »Ihr und Sean Lebuin kamt in dieses Schloss.«
»Ja, aber wir haben den Turm nicht erreicht, nicht wahr?«, antwortete Siobhan. »Wären du und dein Papa im Turm gewesen, hätten wir niemals zu euch gelangen können.« Clare nickte, und ihre Augen umwölkten sich, während sie über diese Worte nachdachte. »Du hast dieses Schwert gesehen«, fuhr Siobhan fort und zog es erneut. »Weißt du, wo ich es gefunden habe?«
»Ihr wisst, dass ich das nicht weiß«, antwortete das Kind.
»Ich fand es in jenen Klippen«, sagte Siobhan lächelnd. »Als ich selbst noch ein kleines Mädchen war, nicht viel älter als du.« Sie hielt dem Kind das Heft hin. »Nur zu, berühre es.« Clare gehorchte, wobei ihre Finger kaum mit dem Lederüberzug des Hefts in Kontakt kamen. »Ich werde es dir schenken, wenn du alt genug bist.« Die Augen des Kindes weiteten sich erschrocken. »Ja, das werde ich«, versprach Siobhan. »Und ich werde dir beibringen, wie man es benutzt.« Sie erhob sich wieder.
Das kleine Mädchen blickte offensichtlich verwirrt zu ihr hoch. »Warum solltet Ihr das tun?«
»Weil du meine Stieftochter bist«, antwortete sie. »Ich habe geschworen, für deine Sicherheit zu sorgen.« Sie steckte das Schwert wieder in ihren Gürtel. »Ich werde dir beibringen, wie du dieses Schwert benutzen kannst, damit du deinen Feind das nächste Mal, wenn er kommt, bekämpfen kannst.« Sie dachte daran, wie Clare »Sean Lebuin« gesagt hatte, und dachte an ihren eigenen Hass auf die Normannen, die ihre Mutter und ihren Vater getötet hatten. »Wer auch immer es sein mag.«
Verstehen breitete sich auf Clares Gesicht aus wie jäher Sonnenschein. »Ihr seid verschworen«, rief sie. »Ihr seid Papa verschworen.«
Der seltsame, unwillkommene Schmerz, den Siobhan
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