Gefangene der Dunkelheit
niemandem«, sagte er stattdessen.
»Ein Brigant«, sagte einer der Soldaten und zog sein Schwert. »Das hätten wir uns denken können.« Der Kutscher erbleichte und zog sich zurück, während die Soldaten vortraten. »Gib uns das Pferd, Schurke«, sagte der Soldat.
»Niemals, bei meinem Leben«, erwiderte Tristan und lächelte leicht über den Scherz. Er war sich ziemlich sicher, dass er alle drei erledigen konnte, wenn es denn sein musste, aber er sorgte sich um sein Pferd. Daimons Treue war durch seinen Zustand bereits innerhalb aller zumutbaren Grenzen auf die Probe gestellt worden. Ihn einem solchen Kampf auszusetzen, konnte ihn vielleicht für immer vertreiben. »Aber ich werde absteigen und mir Euer Pferd ansehen.«
Die Soldaten lächelten und wechselten Blicke. »Sehr gut«, sagte der erste Soldat und trat einen Schritt zurück.
Tristan begab sich rasch zu dem armen Tier auf dem Boden. »Dummkopf«, murrte er und sah den Kutscher finster an. »Ruhig, Lieber«, sprach er sanft zu dem gestürzten Pferd und streichelte seine mit Schaum bedeckte Nase. »Das Schlimmste ist jetzt vorbei.« Er schnitt dem leidenden Tier mit seinem Schwert rasch die Kehle durch.
»Dafür werdet Ihr bezahlen!«, drohte der zweite Soldat.
»Nein.« Tristan richtete sich mit noch immer gezogenem Schwert auf. »Ihr werdet bezahlen.«
Beide Soldaten griffen ihn an und erwarteten offensichtlich, dass er wie ein wilder Brigant kämpfen würde, aber das tat er natürlich nicht. Er kauerte sich nieder, wartete und schlug dann dem Ersten mit einem einzigen anmutigen, bogenförmigen Streich seines Schwertes den Kopf von den Schultern. Der Zweite griff ihn von hinten an, als er sich umwandte, und durchstieß sein Fleisch mit einem Streich, der einen Sterblichen gefällt hätte, bis auf die Knochen. Aber Tristan zuckte kaum zusammen. Er wirbelte wie das Ungetüm, das er war, herum, hob sein Schwert mit der Spitze voraus an und versenkte es im Bauch des Soldaten.
»Nein«, protestierte der Kutscher, atemlos vor Angst. »Ihr könnt nicht … wir sind die Leute des Barons von Callard, Ihr Narr!«
»Na und?«, erwiderte Tristan und ging auf ihn zu. Er war nicht hungrig, aber etwas an der entsetzten Miene des Kutschers brachte dennoch die tödliche Wut in ihm wieder zum Vorschein.
»Lebuin wird hiervon hören«, warnte der Kutscher und stolperte rückwärts. »Der Baron wird dafür sorgen, dass Ihr gehängt werdet.«
»Das bezweifle ich, ehrlich gesagt.« Der Wind wisperte leise durch die Bäume, und Tristan glaubte einen Moment ein Lachen zu hören. Er wandte rasch den Kopf, um hinzusehen, aber da war niemand.
»Zweifelt so viel Ihr wollt«, sagte der Kutscher, als sich Tristan wieder zu ihm umwandte. Er schluckte nervös, während seine Hand zu seinem eigenen Schwert wanderte, der Reflex eines an die Schlacht gewöhnten Mannes. »Aber Euer Hauptmann wird Euch nicht retten.«
»Ich habe keinen Hauptmann.« Er suchte die Wälder zu beiden Seiten erneut nach einem Zeichen einer anderen Person ab. Aber da war nichts, kein anderer Herzschlag flüsterte ihm aus dem Dunkeln zu. In dem Moment, in dem sein Blick abgelenkt wurde, griff der Kutscher an. Tristan fing ihn fast automatisch ab und ließ das Schwert fallen, als er nach der Kehle des Mannes griff.
Als er sich von der Tötung wieder aufrichtete, spürte er erneut die fremde Gegenwart, dasselbe vorahnungsvolle Kribbeln auf seiner Haut. Er wirbelte herum und nahm sein Schwert auf. »Zeigt Euch!« Aber da war niemand, genau wie zuvor.
Er blickte auf den toten Mann zu seinen Füßen hinab. Er wusste, dass er ihn und seine Gefährten begraben oder, noch besser, verbrennen sollte. Dies war eine Hauptstraße. Jemand würde sie finden. Aber er brachte es nicht übers Herz. Er wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und wandte sich ab. Er befreite das zweite Pferd aus seinem Geschirr, gab ihm einen leichten Klaps und schickte es die Straße hinab. »Daimon, komm.« Sein Pferd trottete zu ihm, den Kopf wie zum Gruß gesenkt. Tristan steckte sein Schwert ein und schwang sich in den Sattel. Er verließ die breite Straße wieder und galoppierte auf Schloss DuMaine zu.
Für einen langen, stillen Moment war alles ruhig. Dann erschauderte der Leichnam des Kutschers, und sein Gesicht verzog sich wie vor einem neuen Entsetzen. Die Augen schlossen sich jäh und öffneten sich wieder, einmal, dann noch einmal. Der Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Mein Sohn …« Die Stimme schien im Wind über
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