Gefangene der Dunkelheit
verweigert.«
»Das weiß ich bereits«, erwiderte Tristan. »Wie wird ein solches Geschöpf erschaffen?«
»Das wisst Ihr auch bereits«, antwortete Simon. »Ich bin ein Vampir. Ich trank Euer Blut. Und während des Kampfs trankt Ihr meines. Das hat Euch auch zu einem Vampir gemacht. Die Belange der Seele sind vielschichtiger, aber das ist die praktischste Erklärung.«
»Die Belange der Seele kümmern mich nicht«, höhnte Tristan.
»Seid vorsichtig, Junge«, sagte Simon, was Tristan aufbrachte. Tatsächlich wirkte Simon nicht einmal so alt wie er selbst. »Liebt Ihr dieses Dämonenleben so sehr, dass Ihr es ewig behalten wollt?«
»Warum nicht?«, erwiderte Tristan mit dem ihm eigenen sorglosen Lächeln. »Bin ich jetzt nicht unsterblich?«
»Nein.« Simon zog sein Schwert so schnell, dass Tristan die Bewegung nicht sah, bis das Schwert an seiner Kehle lag. »Nicht wirklich«, fuhr er fort. »Würde ich Euch den Kopf abschlagen oder einen Pfahl in Euer Herz rammen, würdet Ihr sterben und Eure Seele wäre verdammt.« Er senkte das Schwert wieder und steckte es ein.
»Das war also gerade Euer Plan, bevor ich erwachte?«, fragte Tristan und wandte sich ihm zu. »Meine Seele in die Hölle zu schicken?«
Die Augen des gut aussehenden Dämons weiteten sich einen Moment. »Schon möglich«, gab er zu. »Tatsächlich hatte ich nicht wirklich darüber nachgedacht. Ich wusste, dass ich keinen anderen Vampir erschaffen sollte. Ich wollte meinen Fehler korrigieren …« Seine Miene schien aufrichtig reuevoll. »Es tut mir leid, Tristan.«
»Seid Ihr mir darum gefolgt?« Sosehr er auch die Wahrheit über das hören wollte, zu dem er geworden war, kümmerten ihn seine eigenen Angelegenheiten doch mehr. Diese beiden schienen vollkommen dem törichten Kreuzzug Gottes und der Seelen und Dämonen ergeben. Das war nichts, was ihm von Nutzen sein konnte.
»Wir haben Eure Spur vor ungefähr einer Woche aufgenommen«, sagte Simon. »Tatsächlich war es nicht schwer. Ihr seid bei Euren Tötungen nicht wirklich umsichtig vorgegangen.« Er grinste. »Der Schultheiß war eine interessante Wahl.«
»Er war ein Schwein«, sagte Tristan stirnrunzelnd, als er sich an den Mann erinnerte. »Ich sah, wie er innerhalb einer Nacht das Leben dreier Bauerntöchter zerstörte. Ich bezweifle, dass man ihn sehr vermissen wird.«
»Es gab ein recht großes Fest«, räumte Simon ein. »Aber sind alle Eure Opfer solche Schurken?«
»In letzter Zeit? Ja«, antwortete Tristan. Er dachte an den Briganten, den er in der Nacht zuvor ausgesaugt hatte, und lächelte. »Ihr sagt, ich sei Euer Bruder. Warum habt Ihr mich dann Euren Sohn genannt?«
»Das habe ich nicht«, erwiderte Simon stirnrunzelnd.
»Ich habe Euch gehört«, sagte Tristan. »Es ist noch keine drei Nächte her, als ich einen Kutscher tötete.« Er dachte an den Mann, den er in seinem Traum gesehen hatte, und an die Art, wie er seine Erscheinung veränderte. Aber Simon war auch in dem Traum gewesen, genau wie er selbst. »Ich träumte vorhin von Euch«, sagte er. »Darum habe ich Euch nach dem Mädchen gefragt. Ich sah Euch und Orlando und eine Frau in einer goldenen Halle voller mit Edelsteinen besetzter Säulen.«
»Bei allen Heiligen«, murrte Simon, und der Zauberer stieß in einer Sprache, die Tristan nicht verstand, ebenfalls einen leisen Fluch aus.
»Da war noch ein Mann«, fuhr er fort und beobachtete ihre Gesichter. »Groß, mit langem rotem Haar. Er nannte mich seinen Sohn.«
»Kivar«, sagte Simon. »Der Vampir, der mich erschaffen hat. Sein Geist muss mein Blut noch immer jagen …«
»Nein«, unterbrach Orlando ihn. »Ihr wisst, dass das nicht wahr ist.« Sie blickten beide ernst. »Er lebt.«
»Er sagte, er würde zu mir kommen«, erklärte Tristan. »Er sagte, dass ich verstehen würde.« Die Details des Traums verblassten, während er darüber sprach. Das Gesicht des Mannes, den er beschrieb, wurde allmählich undeutlich. »Ihr sagt, er ist ebenfalls ein Vampir?«
»Er ist mehr als das«, erklärte Orlando.
»Ein Vampir kann getötet werden, genau wie ich es Euch gesagt habe«, erklärte Simon mit bitterem Lächeln. »Ich habe Lucan Kivar bereits zwei Mal getötet.«
»Seine Dämonenseele wurde aus seinem Körper befreit«, erklärte Orlando, als ergäbe das einen Sinn. »Er kann Tote in Besitz nehmen, kann jegliche Gestalt annehmen, die er will, bis seine Suche vollendet ist.«
»Als Ihr mein Blut trankt, wurdet Ihr wie ich, aber Ihr seid auch noch immer
Weitere Kostenlose Bücher