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Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Blue
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ich seit damals nur einem gelehrten Mönch der Berge des Ostens erzählt. Er sagte mir, dass dieses Wesen etwas sei, was seine Leute »Vampir« nennen, weder ein Lebender noch ein Toter, sondern für immer dazu verflucht, in der Welt der Nacht zu wandern. Er wusste nicht, wie ein solches Monster entstand, aber ich bezweifle seine Worte nicht.
    »Vampir«, sagte Siobhan leise und berührte das Wort auf der Seite. Tristan war irgendwie zu einem solchen Geschöpf geworden, zu einem Vampir. Sie dachte an sein Lachen, als sie versuchte, ihn mit ihrem Schwert zu verletzen, und daran, wie sein Fleisch sich mit einem Zischen wie Blut auf einer Flamme geheilt hatte. »Du kannst mich nicht töten«, hatte er sie verspottet. »Aber ich kann töten, wen auch immer ich will.«
    »Niemand stirbt heute Nacht mehr«, hatte sie von ihm gefordert, und er hatte eingewilligt. »Wie du willst«, hatte er versprochen. Aber er hatte Sam dennoch getötet. Sie erinnerte sich gegen ihren Willen an sein Gesicht, als er sie küsste, an die Süße seiner Berührung. Er hatte sie verzaubert, aber nicht nur mit Dämonenmagie. Sie hatte ihn gewollt, hatte sich vom ersten Moment ihrer Begegnung an nach ihm gesehnt, vom ersten Moment an, als er sie berührt hatte. »Ich werde aus der Hölle selbst zurückkehren, um dich zu bestrafen«, hatte er bei ihrer Hochzeit geschworen, und das hatte er getan, genauso wie er es versprochen hatte. »Ich werde dich töten, Liebste.«
    »Nein«, sagte sie jetzt, sprach in die sich verdichtende Dunkelheit der Nacht hinein. »Ich werde dich vorher töten.« Der Gedanke allein trieb ihr die Tränen in die Augen, aber sie wollte sie nicht zulassen. Tristan war ein Monster, ein Vampir. Ein Holzpfahl konnte ihn vernichten.
    Sie erwog einen Moment, nach Sean zu schicken und ihm zu zeigen, was sie gefunden hatte, aber sie entschloss sich rasch dagegen. Er würde mir ohnehin nicht glauben, dachte sie, als sie sich an die arme Frau in der Geschichte erinnerte, die als Hexe gesteinigt worden war. Hatte sie ihren Ehemann geliebt? Hatte sie ihn in seiner Dämonengestalt gefürchtet?
    »Es ist unwichtig«, sagte sie laut. »Er ist böse. Er muss vernichtet werden.«
    »Mylady?«, fragte Emma und gähnte, während sie sich im Bett aufsetzte.
    »Wo ist mein Schwert?« Siobhan trat zu der Stelle, wo sie es zurückgelassen hatte, fand aber nur die Kleidung, die sie in der Nacht zuvor getragen hatte. »Wo ist es?« Sie öffnete ihre Truhe, und dort fand sie das Kurzschwert, das sie als Mädchen in der Klippe gefunden hatte.
    »Mylady, was ist los?«, fragte Emma und erhob sich.
    »Nichts«, versicherte sie. »Es hat sich nichts geändert.« Ein Schwert allein wäre ihr kaum von Nutzen, dachte sie. Sie brauchte auch einen Pfahl. »Emma, ich friere.«
    »Ihr friert?«, fragte das Mädchen bestürzt. Es war mitten im Sommer. Der Raum war drückend heiß.
    »Ja«, sagte Siobhan. »Geh nach unten und hole mir Feuerholz – viel Anmachholz. Der Kamin ist alt. Es lässt sich vielleicht nicht so leicht entzünden.« Clare setzte sich auch auf und beobachtete sie mit grünen Augen, die Tristans so ähnlich waren und deren Blick sie erschaudern ließ.
    »Nimm Clare mit«, befahl sie. »Beeil dich – ich friere bis auf die Knochen.«
    »Mylady, das werden sie nicht zulassen«, protestierte das Mädchen. »Die Wachen …«
    »He da«, rief Siobhan und hämmerte gegen die Tür. »Öffnet sofort.« Die Tür schwang nur einen Spalt weit auf, und einer von Seans vertrautesten und am wenigsten brauchbaren Briganten spähte herein. »Wo ist mein Bruder?«, wollte sie wissen.
    »Unten, Mylady«, antwortete er. »Er sagte, Ihr sollt hierbleiben.«
    »Tatsächlich?«, fragte sie insgeheim erfreut. Wenn sie hinausgelangen wollte, wäre dieser Junge kaum ein Hindernis. »Hat er auch gesagt, ich soll erfrieren?«
    »Nein, Mylady, natürlich nicht«, antwortete er offensichtlich verwirrt. »Aber …«
    »Dieses Mädchen wird mir etwas Holz holen«, unterbrach sie ihn, nahm Emma am Handgelenk und zog sie zur Tür. »Sie wird das Kind mitnehmen, um es zum Abtritt auf der Mauer zu führen.«
    »Der Hauptmann hat gesagt …«
    »Der Hauptmann hat den Tag nicht mit einem quengeligen Kind eingesperrt verbracht«, unterbrach Siobhan ihn erneut. »Was hat sie verbrochen, dass sie überhaupt eingesperrt sein muss?« Clare war neben sie getreten und schaute bei diesen Worten auf, während sie leicht die Stirn runzelte. »Bringt sie doch selbst zur Mauer, wenn Ihr

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