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Gefangene der Dunkelheit

Gefangene der Dunkelheit

Titel: Gefangene der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Marie Moning
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Ich schüttelte sie – es nützte nichts. Sie schnarchte weiter. Kat brühte der alten Frau einen Tee auf. Ich gab einen zweiten Beutel in ihren Becher.
    Fünf Minuten später waren ihre Augen, wenn sie auch den Kopf noch müde hängen ließ, geöffnet, und sie trank ihren Tee.
    Sie hatte in der Abtei nichts verloren. Sie wollte nicht studieren. Ihre Knochen kannten die Antworten. Was brauchte eine Frau mehr als dieses Knochen-Wissen? Lernen, höhnte sie, störe nur die Intuition. Lesen schwäche die Sehkraft. Vorträge betäubten die Ohren. Seht euch die Landschaft an, fühlt die Erde, schmeckt die Luft!
    Â»Finstere Zeiten«, lockte ich sie wieder auf den richtigen Pfad. »Was ist vorgefallen?«
    Nana machte die Augen zu und schwieg so lange, dass ich schon fürchtete, sie wäre wieder eingeschlafen. Als sie mich schließlich ansah, glänzten Tränen in ihren Augen.
    Die beiden Kinder, die einst in ihrem Garten gespielthatten, veränderten sich. Sie wurden schweigsam, ängstlich und wechselten ständig besorgte Blicke. Sie hatten keine Zeit mehr für eine alte Frau. Obwohl Nana diejenige gewesen war, die ihnen mit ihrer Intuition die Richtung gewiesen hatte, schlossen die beiden sie aus. Sie tuschelten über Sachen, von denen Nana nur bruchstückhaft gehört hatte.
    Verstecke in der Abtei.
    Dunkle Versuchungen.
    Ein Buch mit ungeheuerlicher Magie.
    Zwei Prophezeiungen.
    Â»Zwei?«, rief ich.
    Â»Ja. Eine versprach Hoffnung. Die andere sagte Unheil für die Erde und mehr voraus. Wie das Pendel letzten Endes ausschlug, hing von einer einzigen Sache ab.«
    Â»Von einer Sache?«, hakte ich nach. »Oder von einer Person?«
    Nana schüttelte den Kopf. Sie wusste es nicht. Sie hatte angenommen, es handle sich um eine Sache. Ein Ereignis. Aber es könnte auch eine Person sein.
    Kat nahm der alten Frau die Teetasse aus der Hand, bevor sie etwas verschüttete. Sie nickte wieder ein, diesmal jedoch nur ganz kurz.
    Â»Wie wurde das Buch in der Abtei aufbewahrt?«, bohrte ich weiter.
    Nana sah mich verständnislos an.
    Â»Wo wurde es aufbewahrt?«, fragte ich weiter.
    Sie zuckte mit den Schultern.
    Â»Wann wurde es dorthin gebracht und von wem?«
    Â»Man munkelt, die Königin der daoine sidhe hätte es in grauer Vorzeit gebracht.« Ihr entfuhr ein leises Schnarchen.
    Â»Wie konnte es entkommen?«, fragte ich laut, um sie aufzuwecken.
    Â»Ich hab gehört, ein Mitglied des höchsten Zirkels hätte geholfen.« Sie sah mich traurig an. »Manche sagen, es sei deine Mam gewesen.« Damit fielen ihr die Augen zu, ihr Gesicht erschlaffte, und der Unterkiefer klappte herunter.
    Ich ballte die Fäuste. Meine Mutter hätte das Sinsar Dubh niemals befreit. Und Alina war keine Verräterin. Und ich war nicht schlecht. »Wer war mein Vater?«, fragte ich weiter.
    Â»Sie schläft, Mac«, sagte Kat.
    Â»Dann weck sie noch einmal. Wir müssen mehr wissen!«
    Â»Morgen ist auch noch ein Tag.«
    Â»Jeder Tag zählt!«
    Â»Mac, sie ist müde. Wir können sie gleich in der Früh befragen. Ich bleibe über Nacht. Sie sollte nicht allein sein. Sie hätte nie so lange allein sein dürfen. Bleibst du auch hier?«
    Â»Nein«, murrte Barrons vor der Haustür.
    Ich atmete langsam ein und aus. Ich war vollkommen verspannt.
    Ich hatte eine Mutter.
    Ich kannte ihren Namen.
    Ich wusste, woher ich kam.
    Aber ich musste noch so viel mehr erfahren!
    Wer war mein Vater? Warum hatten die O’Connors so einen schlechten Ruf? Erst beschuldigten sie meine Mutter, dann meine Schwester – und jetzt mich? Das machte mich wütend. Am liebsten hätte ich die alte Frau noch einmal wachgerüttelt und gezwungen, mir mehr zu erzählen.
    Ich sah sie forschend an. Der Schlaf glättete ihr verwittertes Gesicht, und sie wirkte friedlich und unschuldig. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Ich fragte mich, ob sie von zwei jungen Mädchen träumte, die in ihrem Garten spielten. Ich würde sie auch gern sehen.
    Ich schloss die Augen und suchte den Sidhe-Seher-Platz auf. Mir bereitete es keine Mühe, mich an den Rand ihres Bewusstseins vorzuwagen. Es war wie ihre Knochen müde und ohne jede Abwehr.
    Und da waren sie: zwei Mädchen, die eine dunkel, die andere blond, etwa sieben oder acht Jahre alt. Sie rannten über eine Wiese, hielten sich an den Händen und lachten. War eine von

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