Gefangene der Flammen
und fragte Dax nach seinem Namen: » Olenasz? Nimed olen?«
Jubal blickte zu den anderen auf. »Gebt mir eine Taschenlampe! Ich brauche Licht.«
Ein kleines, aber verblüffend helles Licht flammte auf. Es blendete Dax für einen Moment, und dann wurde es auf seine blutbefleckte Brust gerichtet.
Sein Blut glänzte hell und rot in diesem Licht. Seine Haut, einst von dem blassen Weiß, das nie die Sonne gesehen hatte, war jetzt von einem dunklen Mahagoniton.
Dax blickte zu Arabejilas Augen auf. Sie waren nicht schwarz, sondern von einem tiefen, dunklen Braun wie die nahrhafte Erde, die für das Überleben aller Karpatianer von solch entscheidender Bedeutung war. Aber diese Frau war nicht Arabejila. Sie war nicht die Freundin, die jahrhundertelang mit ihm auf Reisen und auf der Jagd gewesen war. Diese Frau war jemand völlig anderer. Jemand, an dessen Existenz er schon lange aufgehört hatte zu glauben.
Er streckte die Hand nach ihr aus, und das Blut an seiner Hand hinterließ einen roten Streifen in der Asche an ihrer Wange. Päläfertiilam.
KAPITEL NEUN
R iley starrte in sprachlosem Erstaunen auf den umwerfend gut aussehenden Mann, der vor ihr kniete. Er hatte »Päläfertiilam« zu ihr gesagt und mit exquisiter Sanftheit ihre Wange berührt, und sie war buchstäblich wie erstarrt vor ungläubigem Staunen. Kleine rote und goldene Funken glühender Asche umtanzten sie in einem zauberhaften Schauspiel und verstärkten noch das traumähnliche Gefühl, das sie in diesem Moment empfand. Die panische Angst, die sie Sekunden zuvor beherrscht hatte, war vollkommen verschwunden und hatte nichts als sprachloses Erstaunen hinterlassen. Dann, mit einer Schnelligkeit, die ebenso verblüffend war wie seine unerwartete Sanftheit, fuhr der Mann zu Gary herum, entwand ihm die Pistole und schloss die Hand in einem eisernen Griff um seine Kehle. All das geschah in weniger als dem Bruchteil einer Sekunde.
»Nein, bitte nicht!« Riley stürzte vor und packte den Vampir am Arm. Neben ihr hob Ben seine Waffe.
»Warte, Ben!«, befahl Jubal. »Er ist nicht der Untote! Er ist es nicht!« Er zeigte auf sein rechtes Handgelenk, wo sein Armreif, der eben noch Farben ausgestrahlt hatte, zu dem Zustand zurückgekehrt zu sein schien, den Jubal als »inaktiv«, bezeichnete.
Ob von einem natürlichen Beschützerinstinkt, einem Adrenalinschub oder einfach nur von seinem Selbsterhaltungstrieb getrieben – Ben reagierte jedenfalls nicht auf Jubals Schrei. Wortlos hob er sein Gewehr, zielte auf den Kopf des Drachenmannes und betätigte den Abzug.
Riley fuhr zusammen bei dem lauten Knall, und von dem Moment an schien sich alles wie in Zeitlupe abzuspielen. Das Gewehr spuckte in schneller Folge eine Kugel nach der anderen aus. Riley schrie und hielt sich die Ohren zu, während sie darauf wartete, dass der Drachenmann zusammenbrach. Er schien ein unmöglich zu verfehlendes Ziel zu sein, da er allerhöchstens einen Meter von Ben entfernt war. Doch der Mann fiel nicht.
In einem Augenblick stand der Drachenmann noch vor ihr, im nächsten war er verschwunden. Riley sah den aufwirbelnden Schmutz, als die Kugel in die Lehmmauer hinter der Stelle einschlug, wo er gestanden hatte. Auch die nächsten Kugeln schlugen in die Mauer ein. Alles geschah so schnell, dass Riley es immer noch zu verstehen versuchte, als das Gewehr verstummte.
Der Drachenmann hatte Gary losgelassen, um Ben zu entwaffnen. Jetzt hielt er ihn an der Schulter fest und starrte ihm beschwörend in die Augen. Die andere Hand presste der Mann an die Schusswunde in seinem Bauch. Ben ließ sich schwerfällig zu Boden fallen, als der Drachenmann ihn losließ. Ohne Gary und Jubal zu beachten, wandte er nun seine volle Aufmerksamkeit wieder Riley zu.
Halb erwartete sie schon, dass er sie in Stücke reißen würde, wie es ihrer Mutter widerfahren war.
Stattdessen jedoch machte er eine kleine Verbeugung und sagte in überraschend ruhigem und höflichem Ton: »Du bist nicht Arabejila, sívamet. Ich bitte um Entschuldigung für die Verwechslung. Es ist nur so, dass du ihr sehr ähnlich siehst.«
Ein kleiner, vernünftigerer Teil ihres Verstandes war der Meinung, dass sie schreien oder irgendetwas unternehmen müsste, doch Riley stand nur da und starrte wie hypnotisiert auf das übernatürlich schöne Gesicht des Mannes. Auf seine … Zähne, die sich zu deutlich erkennbaren Fängen verlängert hatten. Großer Gott! Er war doch ein Vampir! Ein waschechter, blutsaugender Vampir! Aber er sah aus
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