Gefangene der Leidenschaft
blickte gleich wieder fort. Er litt darunter, dass er nicht ritterlich an ihrer Seite gehen konnte. Jedes Mal, wenn er glaubte, er hätte sich mit seinem Schicksal versöhnt, kam etwas, das ihn zurückwarf. Etwas oder ... jemand.
„Ihr habt ein sehr schönes Heim, Mylord“, sagte Adrienne sanft.
„Danke. Eigentlich gehört es meinem Bruder, denn er ist der Älteste!“
„Aber Ihr lebt hier!“
„Ja. Das Leben in London ist mir zu anstrengend.“
„Ich habe meine Schwester vor einiger Zeit in London besucht!“
„Und? Hat es Euch gefallen?“
„Es ist wie Paris. Wie Ihr sagtet, sehr anstrengend. Hier aber ist es friedlich und heiter. Man hat Zeit zum Denken, man kann atmen, fühlen.“
„Ja. Atmen. Die Luft hier ist süßer als irgendwo sonst auf der Welt!“
Adrienne lächelte schüchtern. „Das ist wahr. Der Duft der Rosen dringt bis zu meinem Zimmer herauf. Sie sind wirklich wunderschön!“
„Liebt Ihr Rosen?“
„Oui. Sie sind meine Lieblingsblumen.“
Er sah zu ihr auf und hielt ihren Blick fest. Ein weiches Lächeln trat in seine Augen. „Dann muss ich Euch den Rosengarten meiner Mutter zeigen.“
„Darüber würde ich mich sehr freuen! “
„Morgen“, flüsterte er, als sie nebeneinander Platz nahmen. „Nach der ersten Mahlzeit!“
Sie nickte und blickte dann auf, denn Morgan brachte einen Toast auf die Königin aus.
Richard konnte seine Aufregung kaum verbergen. Er fühlte sich wie ein Fechtschüler vor der Prüfung.
„So gut habe ich lange nicht gespeist, Mistress Leems.“ Die Königin lehnte sich zufrieden zurück. „Und jetzt wird getanzt, nicht wahr, Morgan?“
„Bis in die Nacht, Madam“, versprach Morgan lachend. „Ihr seid hier, um Euch zu vergnügen und Eure Pflichten und Sorgen für eine Weile zu vergessen! “ Er stand auf und bot Elizabeth den Arm. Von den anderen gefolgt, gingen sie in den Festsaal, wo Elizabeths Musikanten warteten und auf ihr Zeichen zu spielen begannen.
Morgan und die Königin eröffneten den Tanz, und Madeline und ihr Gemahl, der Herzog von Eton, folgten. Als die Tanzfläche sich füllte, forderte Claude seine Schwester auf, doch Adrienne lehnte ab.
„Du willst nicht tanzen?“ fragte er überrascht. „Das hat es noch nie gegeben. Was ist mit dir?“
„Ich möchte lieber zusehen“, sagte sie mit weicher Stimme und setzte sich auf den freien Stuhl neben Richard. Als würde der Mann neben ihr nicht existieren, starrte sie unverwandt auf die Tanzfläche. Richards Augen leuchteten.
Claude blickte suchend um sich, bis er endlich Brenna entdeckte, die sich aus Angst vor Windhams Zudringlichkeiten im Hintergrund hielt. „Möchtet Ihr tanzen, Mylady?“
Nach kurzem Zögern nickte sie, und nach den ersten unsicheren Schritten wurde sie vom Rhythmus der Musik erfasst und fand Freude an den komplizierten Tanzschritten. Wie auf dem Fest der Königin wechselte sie von einem Tänzer zum nächsten, und dann, ohne aufzusehen, wusste sie, wer ihre Hände nahm.
Sie bewegte sich wie im Traum, in völligem Einklang mit dem Mann, der sie führte.
„Ihr habt es nicht vergessen!“ Warm strich sein Atem über ihre Schläfe, als Morgan sich zu ihr neigte.
„Ich habe nichts vergessen, Mylord.“ Nicht die Anmut seiner Bewegungen, nicht die erregende Berührung seiner Schenkel und auch nicht den hämmernden Rhythmus ihres Herzschlags, wenn er sie bei einer Drehung an sich zog. Warum musste er Engländer sein? Warum waren sie einander nicht zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort begegnet? Dann würde ich ihn lieben, dachte sie.
Lieben.
Erschrocken sah sie zu ihm auf, als fürchtete sie, er könne ihre Gedanken lesen.
„Was ist, Mylady?“
Sie brachte keinen Ton heraus. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet.
„Fehlt Euch etwas, Mylady?“ Bestürzt sah er, dass sie mit den Tränen kämpfte. „Sprecht. Sagt mir, was Euch so unglücklich macht!“
Du bist es. Du bist der Grund für meinen Schmerz, für meine Ängste und meine verwirrenden Träume. Und du weißt es nicht. Du weißt nicht, welch eine Macht du über mich hast.
Sie merkte nicht, dass ihr Blick weich wurde. Es war der Blick einer Frau, die liebte. Ihre Lippen öffneten sich, einladend und bereit...
„Ich weiß es nicht, Mylord. Manchmal fühle ich mich so verloren und allein.“
„Das seid Ihr nicht, gewiss nicht.“ Er zog sie kurz an sich und drückte fest ihre Hand. In diesem Moment hatte er nur einen Wunsch - sie für immer zu beschützen.
Für immer. Welch ein
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