Gefangene der Leidenschaft
kindischer Traum. Morgan hatte ihn seit langem aus seinem Leben verdrängt. Trotzdem. Obwohl er es besser wusste, sehnte er sich doch nach dem Unmöglichen. Für immer.
Die Musik endete für beide viel zu früh. Wortlos standen sie einander gegenüber, hielten sich bei den Händen, mochten nicht auseinander gehen. Eine langsame, getragene Weise erklang ...
„Würdet Ihr mir die Ehre erweisen, Mylady?“
Brenna fühlte eine Hand auf ihrem Arm. Ihr wurde eiskalt. „Ich glaube, ich brauche einen Augenblick, um wieder zu Atem zu kommen, Mylord.“
Windham ließ sie nicht los. „Dazu ist später noch reichlich Zeit!“ Er nahm ihre Hand und zog sie davon.
Windhams Nähe, sein lüsterner Blick, der heiße Druck seiner Hände weckten furchtbare Erinnerungen in Brenna. Und Angst.
„Kommen Euch bei diesem Tanz nicht süße Erinnerungen, Brenna?“ Er starrte auf ihren Ausschnitt und lächelte widerwärtig.
Sie bog den Kopf zur Seite.
„Ihr seid unvergleichlich, Mylady. Es ist reizend, wie Ihr die züchtige Unschuld spielt. Aber ich spüre Euer Begehren, und ich begehre Euch.“
Seine Dreistigkeit raubte ihr die Sprache. Mit schreckgeweiteten Augen starrte sie ihn an.
„Ich sehe es Euch an, Lady Brenna. Ihr würdet genau wie ich ein intimes Beisammensein diesem Trubel vorziehen. Ich denke, in Greys gastlichem Haus gibt es genug Räume, wo man vor neugierigen Blicken sicher ist!“
Das Blut gefror ihr in den Adern. Schon die Vorstellung, mit Windham allein zu sein, verursachte ihr Übelkeit. Sie wusste, dass sie seine Nähe keine Minute länger ertragen würde. „Bitte entschuldigt mich, Lord Windham. Ich muss mich von der Anstrengung des Tanzes einen Augenblick ausruhen.“
Sie machte sich los und wich zurück. Windham versuchte, sie zu halten, aber sie hatte sich schon umgedreht, verließ eilig die Tanzfläche und suchte an Morgans Seite Schutz: Windham folgte ihr. Als er besitzergreifend den Arm nach ihr ausstreckte, stellte Morgan sich dicht neben sie.
Windham bemerkte die beschützerische Geste und lächelte boshaft. Aha, Morgan Grey gönnte ihm die Lady nicht und schwang sich zu ihrem ritterlichen Beschützer auf. Windham reckte im Vorgefühl seines unmittelbar bevorstehenden Triumphs die Schultern. Es würde ein Genuss sein, Morgan Grey in seine Schranken zu weisen.
„Majestät.“ Windhams schneidende Stimme übertönte die Musik und ließ jeden im Raum aufhorchen. „Ich erbitte Eure Aufmerksamkeit in einer sehr ... delikaten Angelegenheit.“
Die Königin zog verwundert die Augenbrauen hoch. „Kann diese Angelegenheit nicht bei Hofe entschieden werden?“ sagte sie etwas gereizt.
„Nein, Majestät. Ihr habt selbst den Wunsch geäußert, sie so bald wie möglich zu regeln.“
„Worum geht es, Lord Windham?“
„Ich bitte Euch um die Erlaubnis, Lady Brenna MacAlpin zu heiraten.“ .
Jeder im Saal schien den Atem anzuhalten. Brenna stand wie angewurzelt da. Sie krampfte die Hände ineinander, bis die Knöchel weiß hervortraten. Das durfte nicht sein! Lieber Gott, bitte, nicht dieser Mann. Nicht dieser Teufel Windham! Liebe konnte es nicht sein, was ihn zu seinem Antrag getrieben hatte. Es war etwas Dunkles, Erschreckendes. Etwas, das sie nicht benennen konnte.
Außer dass er die Augenbrauen unmerklich zusammenzog, zeigte Morgan keine Gefühlsregung. Er betrachtete Windham und bemerkte seinen triumphierenden Ausdruck. Oh ja, es würde ihm gefallen, Brenna in seinen Besitz einzureihen wie eine Jagdtrophäe. Seit seiner Jugend hatte er immer das Beste gewollt, das schnellste Pferd, das größte Haus, die eleganteste Kleidung, die schönste Frau. Fast alle seine Besitztümer hatte er mit unehrenhaften Mitteln erworben. Und wenn sein Interesse für eine Sache erlahmte, dann warf er sie fort oder tauschte sie gegen etwas noch Wertvolleres ein.
Als die Königin nichts erwiderte, reckte Windham sich zu seiner vollen Größe empor und hob arrogant den Kopf. „Wie Ihr ganz richtig sagtet, Majestät, wäre der Starrsinn der Lady für die meisten Männer ein Problem. Nicht für mich. Ich kann die Frau bändigen und bin zu der edlen Tat bereit, sie zu
heiraten.“
Brenna fühlte, wie ihr das Blut aus dem Kopf wich. Am ganzen Körper zitternd, starrte sie die Königin mit einem flehenden Blick an. Als Elizabeth den Mund zum Sprechen öffnete, begann der Boden unter Brennas Füßen zu schwanken.
„Wie edelmütig von Euch, Lord Windham, Euch einer so großen Herausforderung zu stellen“, sagte sie
Weitere Kostenlose Bücher