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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kris Kennedy
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anderen ihn behandelten, genauer betrachtete, schlussfolgerte sie, dass er ein Kapitän sein musste. Die Barbaren hatten bei ihm ihre Überfahrt gekauft.
    Natürlich.
    Wie könnten sie es auch riskieren, einen bewusstlosen Priester durch das Stadttor zu schleppen, vorbei an Torwächtern und Bewaffneten? Da war es doch weitaus klüger, zum Kai zu gehen – denn die einzigen Leute, die dort etwas beobachteten, waren Leute, die für die richtige Menge Münzen beide Augen zudrückten und nichts sahen.
    Sie waren zum Hafen gegangen.
    Jamie musste das gewusst haben.
    Eva hielt sich sehr aufrecht, reckte das Kinn hoch, erhob sich und ging durch den Schankraum auf den Tresen zu. Sie griff unter ihrem Umhang nach ihrer Gürteltasche und nach ihrem Dolch, für den Fall, dass sie ihn brauchen würde.
    Sie fühlte, dass ihre Augen brannten. Vor Wut. Das war es. Pure Wut, dass Jamie geglaubt hatte, sie austricksen zu können.
    Aber da kannte er sie schlecht.

5
    W ieder stand Jamie in einem Durchgang, dieses Mal zwischen der Schenke und dem Gipfel des Hügels, der zum Hafenviertel abfiel. Jamie ließ den Blick zwischen dem Eingang zur Schenke und dem Hafen hin und her schweifen. Scharfer, harter Regen fiel schräg vom Himmel, stach wie Pfeilspitzen in Krägen und weite Stiefel. Ein unangenehmer, kalter Wind wehte vom Fluss herauf durch die Straßen der Stadt.
    Der Hafen wurde lebendig; die Ebbe setzte bald ein. Männer kletterten in kleine Boote. Taue flogen von Schiffen ans Ufer, Männer brüllten, Hunde bellten, Katzen schlichen umher. Es hätte Mittag an einem Sonnabend unten am Kai sein können.
    Und den Hügel halb hinunter, mitten in dem Gedränge von Seeleuten und durchnässt vom Regen, waren die fünf Barbaren.
    Ich benutze schon die Worte dieser heimatlosen Frau , dachte er flüchtig.
    Zwei der Männer hatten den Priester zwischen sich genommen, sodass er aussah wie ein Betrunkener. Die anderen standen in einem schützenden Halbkreis herum, gekleidet in dicke Umhänge, die dunkel vom Regen waren.
    Jamie zerrte sich die Kapuze über den Kopf und schaute ungeduldig zur Taverne hinüber, der Regen machte ihn blinzeln. Wo zum Teufel blieb der verfluchte Kapitän?
    Na endlich, in diesem Augenblick verließ er die Schenke. Mit der grauäugigen Heimatlosen an seiner Seite. Jamie empfand einen seltsam ambivalenten Wunsch: vor Bewunderung zu grinsen oder Eva den schlanken Hals umzudrehen.
    Der Kapitän streckte fast beschützend seine wetterraue Hand aus, während er Eva aus der Schenke führte und dann die Tür mit einem Fußtritt hinter ihnen zuschlug. Die Tür knarrte und schloss sich mit einem hohlen, feuchten Klang. Evas blasses Gesicht war zum Kapitän emporgewandt, als sie leise etwas sagte und ihm einen kleinen prallen Beutel gab, der, wie es zu vermuten stand, voller Münzen war. Münzen, die Jamie ihr gegeben hatte.
    Er holte tief Luft, um sich nicht aufzuregen. Ungeduld hatte noch nie zu seinen Schwächen gezählt. Und daran würde sich jetzt auch nichts ändern. Er war an Umwege gewöhnt. Sein ganzes Leben hatte sich darum gedreht, Verläufe und Richtungen neu festzulegen. Eva war eine unerwartete Kurve auf seinem Weg, ein steiler Anstieg, mehr nicht. Er würde sie einfach zur Seite schieben.
    »… als Eure Tochter.« Sie war dabei, dem Kapitän irgendeinen Plan oder eine Anweisung zuzumurmeln.
    »Das wird Euch nicht weit bringen, Kind «, entgegnete der Seemann mit barscher Stimme. Die grauen buschigen Augenbrauen über den hart blickenden Augen hatte er zusammengezogen, während er die Straße vor ihnen absuchte. »Ihr werdet einen besseren Plan als den brauchen. Besonders wenn sich hier draußen ein skrupelloser Ritter herumtreibt, wie Ihr sagt …«
    Jamie trat aus der Gasse, direkt vor ihnen, das Schwert gezogen.
    »Was für ein Zufall«, sagte er und sah Eva an. »Ich habe gerade an dich gedacht.«
    Eva schnappte nach Luft und sah den Kapitän an, aber der war klug genug, Jamie nicht aus den Augen zu lassen. Oder genauer gesagt: Jamies Schwert.
    »Ich weiß jetzt, ich hätte dich niemals allein lassen sollen mit all dem Geld«, sprach Jamie in einem tadelnd-zärtlichen Ton weiter. »Wofür hast du es ausgegeben?«
    »Jamie.« Der Regen strömte über Evas schockiertes Gesicht, ließ ihre blassen Wangen schimmern.
    Der grauhaarige Seemann sah zwischen den beiden hin und her.
    »Meine Frau«, erklärte Jamie freundlich, dann zeigte er mit der Schwertspitze auf den Beutel. Der Kapitän streckte ihn Jamie auf der

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