Gefangene der Sehnsucht
sind«, sagte er, fast wie zu sich selbst. »Nach Everoot.« Er schaute zu Eva.
Sie nickte. »Dann brechen wir am besten sofort auf.«
»Angus, bleib bei Ry«, sagte Jamie, als er sich umdrehte und dann den Hügel hinunterging. »Gott weiß, was er jetzt machen wird.«
Sie trennten sich am Fuß des Hügels. Angus, um Ry zu suchen, Eva und Jamie, um nach Everoot zu reiten.
58
E inen ganzen und einen halben Tag später zügelten sie genau im Süden der Burg, des Nestes, ihre Pferde, der uneinnehmbaren, unbezwingbaren Befestigungsanlage der riesigen Grafschaft Everoot.
Ihre steinernen Türme stießen wie Fäuste aus der Erde in den hellen blauen Himmel. Überragten das Tal und das Dorf am Fuß. Nicht ein Wimpel flatterte auf den Wällen; der König zeigte seine Anwesenheit nicht an. Er wünschte nicht einmal, dass bekannt wurde, dass er aus Windsor geflohen war. Eva vermutete, dass nur wenige Menschen wussten, dass er sich hier aufhielt. Das würde ihr von Nutzen sein.
Nichtsdestotrotz strömten Menschen durch das schwer bewachte Tor hinein und heraus, zu Fuß oder zu Pferde, einige mit Karren. Es würde unmöglich sein, die Anwesenheit des Königs lange geheim zu halten.
Jamies Blick blieb unbewegt auf die hoch aufragende graue Spitze des Hauptturmes gerichtet. Für Eva war es eine schwere Heimkehr, aber sie konnte sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie Jamie sich fühlen musste.
»Ich sollte dich hierlassen«, murmelte er.
Sie nickte. »Natürlich, aber das wird nicht geschehen. Du bist eigensinnig und tust nicht immer das, was du tun solltest.«
Ein leichtes Lächeln erhellte sein Gesicht, als er sie ansah. »Du tust genau, was ich sage, ganz genau so. Hast du mich verstanden, Eva?«
»Laut und deutlich«, sagte sie und nickte. Das bedeutete nicht, dass sie ihm gehorchen würde, aber das hob sie sich für später auf.
Selbst von hier aus konnten sie eine Reihe Leute in den Höfen der Burg herumlaufen sehen, die nicht in Rüstungen steckten.
»Die Burg ist sehr belebt«, bemerkte Eva. »Das wird uns nützen.«
Jamie, in voller Rüstung, die Kettenkapuze, zusammengefallen zu einem Haufen zusammengefügter Kettenglieder, im Nacken, saß in seinem Sattel und schwieg. Ein Arm war leicht gebeugt, sodass er den Griff seines Schwertes mit seinen eingelegten silbernen Flechtbändern sofort greifen konnte. Seine andere Hand hielt locker die Zügel, sein Blick war auf das Castle gerichtet. Seine Kleidung war dunkel und unauffällig, seine Wangen und sein Kinn dunkel von Bartstoppeln. Er sah aus wie ein wettergegerbter Krieger nach einem Feldzug, allein mit seinem Pferd und dem Wind.
»Lass uns hinreiten.«
Die Torwachen, die Jamie gut kannte, waren offensichtlich bis jetzt noch nicht darüber informiert worden, dass Jamie jetzt ein Feind des Königs war.
Sie öffneten rasch die kleine Tür im Nordturm des Vorwerks und ließen ihn und Eva passieren. Sie betraten den kalten, dunklen, sich sechzig Fuß hoch in den Himmel erhebenden Turm wachsamen Auges.
»Wo ist der König?«, fragte Jamie.
»Noch nicht eingetroffen, Sir.«
Jamie nickte. »Gut«, sagte er, dann flüsterte er Eva ins Ohr: »Wir haben Zeit.« Sie eilten über den äußeren Burghof. »Hier treffen wir uns, sollte die Lage gefährlich werden«, sagte er und führte sie an den Rand des weitläufigen Innenhofes.
Trotz der geheimen Ankunft des König waren überall in den Höfen Leute unterwegs, Diener und Knappen und Händler. Aber selbst wenn man Johns prächtige Entourage von Dienstboten und Höflingen dieser Mischung hinzufügte, hätte dies nicht das sich weit ausdehnende Areal von Everoots großen Burghöfen gefüllt.
Sie hatten den Burghof zur Hälfte überquert, bevor Jamie merkte, dass etwas nicht stimmte. Eine Missstimmung in dem Gesumme einer Burg, wenn die Herrschaft anwesend war.
Der König mochte seine Banner nicht zum Zeichen seiner Anwesenheit herausgehängt haben, aber irgendjemand wusste, dass er hier war, denn … war das nicht die Livree von Geoffrey de Mandeville, die der Knappe trug, der jetzt vorbeiging? Und … Essex. Hereford. Norfolk.
Jeder Edelmann oder Aspirant auf einen Titel schien hier zu sein oder einen Repräsentanten geschickt zu haben.
Was zum Teufel ging hier vor?
Jamie hielt Eva dicht an seiner Seite, als sie weitergingen, und stieß fast mit Brian de Lisle zusammen, der die überdeckte Treppe herunterkam.
Er blieb für einen Moment stehen. »Jamie!« Er eilte die letzte Stufen hinunter, griff nach
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