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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kris Kennedy
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platzte dann heraus: »Wir können hier nicht rasten.«
    Ah. Er lächelte fast. Noch mehr von Evas Geheimnissen. Mit ihr zu reden war, als versuchte man, in einer Mine den Verlauf einer Silberader zu lokalisieren.
    »Ihr seid seltsam«, sagte er gedehnt. »Ihr wollt weder nach Osten noch nach Westen und auf keinen Fall in den Wald.«
    Ihr Blick glitt über ihn. »Ja, ich bin eben von dieser Art. Schwer zufriedenzustellen und mit nichts glücklich. Ich bin die Frau, die immer neue Schuhe haben will, die schöne Spitze. Ich verlange viel Beachtung. Ich werde Euch noch gründlich auf die Nerven gehen.«
    Ry schnaubte. Jamie sah sie unverwandt an. Sie hatte Angst, wirkte aber auch seltsam verstört. Alle seine Sinne waren in Alarmbereitschaft.
    »Die Pferde können nicht weiter, Eva«, erklärte Jamie und beobachtete sie genau.
    »Aber …«
    »Keine Pferde, kein Father Peter. Und im Dunkeln kann ich keine Spuren lesen.«
    Sie starrte ihn an, offensichtlich gefangen zwischen Vernunft und dem fast verzweifelten Wollen weiterzureiten. Ry spürte es auch. Er tat einen Schritt auf sie zu und murmelte: »Wisst Ihr etwas, das uns helfen würde, Mistress?«
    Ihre Stirn furchte sich. »Ich weiß nur, dass wir in diesem Wald nicht rasten können.«
    »Warum nicht?«
    »Er ist nicht sicher.«
    Jamie und Ry sahen sich kurz an.
    »Was ich sagen will, ist, dass dies genau die Art Wald ist, die wir in Frankreich haben, die voll ist von überraschenden Ecken mit Treibsand und Dickicht. Das ist gefährlich. Und gibt es hier nicht Wölfe?«, schloss sie mit einem Anflug von Triumph.
    »Nein.«
    Gerade in diesem Moment ertönte ein langes, tiefes Heulen.
    Sie lächelte und spreizte eine Hand. »Wir werden die Wölfe sehen.«
    Jamie lächelte matt.
    »Ihr seht also in aller Deutlichkeit, dass wir hier nicht rasten können.«
    »Und ich sehe in aller Deutlichkeit, dass Ihr eine Menge über diesen Wald wisst.«
    Er sah sie im blasser werdenden Licht prüfend an, dann griff er langsam nach dem Strick, der ihre Pferde verband. Er schlang ihn zweimal um die Lehne seines Sattels und zog ihr Pferd näher, bis es Flanke an Flanke ging und sein Knie gegen Evas Knie stieß. Dann neigte er den Kopf in Rys Richtung, ohne Eva aus den Augen lassen.
    »Geh und schau dich auf dem Hügel um, Ry. Auf dem Hügel, auf dem Eva uns nicht haben will.«
    Sie fühlte das Prickeln der Panik wie kleine Elfenstiefel, die gegen ihren Brustkorb traten, und versuchte, ruhig zu atmen.
    Es war nur eine kleine Hütte, dachte sie. Und in einem feuchten Wald waren zehn Jahre eine sehr lange Zeit. Vielleicht war sie verfallen und zerstört. Vielleicht war sie weggefault. Vielleicht waren alle Zeichen der Existenz der Kate – und ihrer – verrottet.
    Oder vielleicht auch nicht.
    Sie hatte sie selbst gebaut, diese einsam gelegene kleine Hütte. Hatte sie bemalt, um Himmels willen, damit sie für einen fünfjährigen Jungen, der Zeuge so entsetzlicher Schrecken gewesen war, etwas weniger furchterregend sein würde. Sie hatte den Boden mit Binsen ausgelegt, hatte die Wände mit Zeichnungen geschmückt, ähnlich denen, die die Räume in der Burg, an die er gewöhnt war, dekoriert hatten. Mit dünnen roten Linien hatte sie das Mauerwerk nachgeahmt, mit Blumen darauf. Sie hatte sogar die Eingangstür bemalt, mit Rankenwerk.
    Genau wie das auf ihren Fingernägeln. Würde sich Jamie an solch ein Detail erinnern?
    Jamie würde sich erinnern, wie viele Male sie ausgeatmet hatte, sollte es seinem Ziel dienlich sein.
    Sie saßen Seite an Seite und lauschten auf Ruggart Ry, der sich seinen Weg durch das Unterholz bahnte. Eva gab vor, ihm mit dem Blick zu folgen. Er brach durch das unter den hohen Bäumen wachsende Gehölz, hielt direkt auf die alte, verlassene Hütte zu, die vor zehn Jahren Roger und ihr als Versteck gedient hatte.
    Nach einem Moment rief Ry: »Hier ist etwas, Jamie! Genau jenseits der Kuppe. Es ist eine kleine Hütte.«
    Das Herz wurde ihr schwer, als würden kleine Gewichte aus Eisen daran hängen und es in eine Grube ziehen.
    Jamie wandte sich ihr zu, sein undurchdringlicher Blick traf sie wie der Pfeil eines Bogenschützen. »Faszinierend.« Er hörte sich nicht fasziniert an. Er hörte sich argwöhnisch an.
    Eva nickte, ganz und gar nicht argwöhnisch. Sie füllte es mit aller Gleichgültigkeit und Unschuld, die man in ein Nicken hineinlegen konnte. Sie bot ihm ein Lächeln an, das aus den gleichen Ingredienzien bestand. Man hätte einen Turm aus Süßigkeiten mit

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