Gefangene der Sehnsucht
fertig?«
Ry nickte knapp.
»Dies ist deine letzte Gelegenheit, Roger«, sagte Jamie kalt. »Hast du mir etwas zu sagen? Bevor ich es aus Eva heraushole?«
Roger versuchte erneut, sich zu befreien, dann sagte er mit kalter Stimme: »Mouldin. Guillaume Mouldin hat Father Peter entführt. Lasst Eva in Ruhe.«
Schweigen. Absolutes Schweigen zerriss die Geräusche des Waldes, das Gezwitscher der Vögel im Sonnenuntergang und das sanfte Murmeln des Baches.
Jamie starrte ihn an. Seine zinnblauen Augen gaben nichts preis.
Dann kam sein harsches Echo: »Mouldin?«
Und in diesem einen wiederholten Wort hörte Eva etwas, was ein Gefühl auslöste, von dem sie gedacht hatte, dass selbst eine Hexe es nicht mehr würde herbeizaubern können: Hoffnung.
Denn was sie in Jamies Stimme gehört hatte, war Abscheu gewesen, vielleicht von einem Ausmaß so groß wie ihrem, Abscheu für das Ungeheuer Mouldin. Diese seltsame, schreckliche Verbundenheit entzündete ein wärmendes Glühen in ihr. Es wärmte nicht ihr kaltes, dunkles Innerstes, natürlich nicht, aber dort, an dessen Rändern, glomm ein kleines blasses Licht.
Sie wunderte sich insgeheim darüber, während Jamie und Ry sich Blicke zuwarfen, voller Grimmigkeit und Unfreundlichkeit. Aber alles, was Eva empfand, war eine merkwürdige drängende Hoffnung. Ein Blatt auf einem Fluss, das auf ein unbekanntes Ufer zutrieb.
Dann schickte Jamie alle ihre Hoffnungen auf den Weg zur Hölle, kein unbekanntes Ufer für sie.
»Bring ihn zu den Pferden«, befahl Jamie grimmig, während er auf Eva zuging. »Warum ist Mouldin in diese Sache verwickelt? Er handelt mit Erben. Mit reichen Erben.«
»Mouldin handelt mit Menschen«, entgegnete sie atemlos. »Er war Sklavenhändler, bevor Euer König ihn in seine Dienste nahm.«
»Und warum hat er mit der Sache mit dem Priester zu tun?«
»Mouldin ist ein Opportunist, oder nicht? Sagt mir, Jamie, wie viel, denkt Ihr, würde Peter von London wert sein?«
»Das weiß ich nicht«, sagte er langsam, während er sie musterte, von ihrem Rocksaum bis hoch zu ihren lügenden Augen. »Warum sagt Ihr es mir nicht: Wie viel ist er wert?«
»Ich weiß es auch nicht, Ritter Jamie. Wie viel ist ein Königreich dem König wert? Den Rebellen? Mouldin? Oder Euch?«
Er ging zu ihr und blieb dicht vor ihr stehen. »Und da sind wir wieder, zurückgekommen auf den Kern dieser Sache. Father Peter und die vielen Menschen, die an ihm interessiert sind.«
»All die schlechten Menschen«, konterte sie.
»Wie ich zum Beispiel.«
»Ganz besonders wie Ihr. Ihr alle seid Menschen, die an seiner Fähigkeit und seinem Geschick, diese Verhandlungen zwischen König und Aufständischen zu führen, nicht interessiert sind.«
»Außer Euch natürlich, die in hohem Maße den Frieden wünscht.«
Sie sah aus, als wollte sie ihn beißen, könnte sie nur mehr als nur ihre Augenlider bewegen. »Was ich in hohem Maße wünsche, ist, dass ihr alle eure Schwerter dazu benutzt, euch gegenseitig ins Meer zu treiben. Mich kümmert der Frieden in England nicht. Und die Menschen kümmern mich auch nicht. Keiner von euch, ihr Irren mit Schwertern.«
»Ich stimme Euch zu. Die Wahrscheinlichkeit, dass in England Frieden herrscht, hält sich mit der die Waage, dass der Cross Fell ausbricht.«
Sie zog sich leicht zurück und betrachtete ihn in argwöhnischem Schweigen. Lange Ranken schlangen sich hinter ihrem Kopf um die raue Borke des Baumstammes herum, und die winzigen weißen Blüten der Pflanze umrahmten Evas dunkles zerzaustes Haar. Es war überraschend, wie hoheitsvoll und anmutig sie aussah, als sie so an den Baum gelehnt dastand.
»Was meint Ihr, was sie stattdessen wollen?«, fragte Jamie. »Wenn nicht verhandeln, warum haben die Rebellen Father Peter dann überhaupt kommen lassen?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Er strich mit dem Handrücken über ihre Wange. »Das ist jetzt aber eine recht armselige Lüge.«
Ihr Gesicht verlor nichts von seiner Blässe, aber ihre Augen schossen geradezu Flammen auf ihn. »Zu einer Zeit, bevor England mit dem päpstlichen Interdikt belegt und der König exkommuniziert wurde, war Father Peter bei vielen Verfahren der königlichen Rechtsdurchsetzung anwesend. Bei Verträgen, gerichtlichen Befehlen und Gerichtsinquisitionen; wenn das Königsgericht auf Reisen war, wenn Zeugen gebraucht wurden. Und, zum Unglück für Euren König, wenn er keine Zeugen gebrauchen konnte.«
»Zum Unglück für Euch, Eva, erzählt Ihr mir Dinge, die ich bereits
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