Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kris Kennedy
Vom Netzwerk:
schreckliche, mit der er sich, um einen Plan umzusetzen, an König John gebunden hatte, allerdings ohne dabei jemals das eigentliche Ziel zu vergessen.
    Und Ry hatte sich jedes Mal nach Jamie in das Schlachtgewühl geworfen, aus einem ebenso unbekannten wie sehr geschätzten Grund. Jamie schuldete Ry sein Leben mehr als ein Dutzend Mal, und das vom ersten Tag ihrer Begegnung an, als Ry ihn in seinem schwächsten Zustand, an seinem tiefsten Punkt gesehen hatte, blutend und die Straße entlangtaumelnd, halb tot, sich wünschend, er wäre es. Ry hatte ihn überredet, ihm in sein Haus zu folgen, hatte ihm gut zugeredet wie einem wilden Tier, das er gewesen war. Jamie hatte sich geschworen, es ihm eines Tages zu danken, tausendfach.
    Jetzt wartete Ry darauf, dass er herübersah. Die Arme noch immer vor der Brust verschränkt, begegnete er gelassen Jamies Blick. Er zog eine Augenbraue hoch.
    »Bist du fertig?«
    Jamie machte auf dem Absatz kehrt und ging zurück zu den Pferden. »Da du aussiehst, als hättest du nichts Sinnvolles zu tun, warum löst du nicht die Sattelgurte der Pferde? Und dann lass uns gehen und nach Evas kleiner Hütte sehen. Vielleicht finden wir heraus, welches Unheil im Gange ist.«
    »Ich habe nichts mit irgendeinem Unheil zu tun«, sagte Eva gekränkt.
    »Aber mit irgendetwas habt Ihr zu tun«, murrte Jamie und griff hinter sich, um sie am Arm zu nehmen und mit sich zu ziehen. Und an Ry gewandt, fügte er hinzu: »Sei am besten auf alles gefasst.«

18
    E va ging ihnen durch das dichte, unberührte Unterholz voran, das den Pfad den Hügel hinauf überwucherte. Zwielicht tropfte durch das dichte Gitterwerk der Äste wie Wasser durch ein Sieb. Es war dämmrig, aber noch nicht dunkel.
    Sie erinnerte sich daran. Erinnerte sich an den grauen Glanz, der silbrig schimmerte, wenn der Mond hell geschienen hatte, an die grünen Blätter, die im Spiel von Mondlicht und Schatten schwarz ausgesehen hatten.
    Erinnerte Roger sich auch daran? Sie konnte keinen Blick nach hinten riskieren.
    Wer wusste, was er Jamie enthüllen würde?
    Moos hing von den Ästen, die blassgrünen Polster glänzten zart im Dämmerlicht. Riesige Bäume waren rechts und links des Pfades umgestürzt, ihre verrottenden Körper waren von Pilzen und Baumsprösslingen überzogen, die sich von dem Moder ernährten. Das Geräusch der Schritte und des Atems schien von der Mauer aus Grün abzuprallen, von all den stummen wachsenden Dingen zurückgewiesen zu werden.
    Sie erreichten die Kuppe des Hügels. Jenseits, mitten auf einer großen Lichtung stand eine kleine verfallene Hütte.
    Eva empfand einen Anflug von Erleichterung. Die Südwand der Hütte war ganz zusammengefallen, und was vom Dach übrig gewesen war, war darauf gestürzt. Die anderen drei Wände standen noch, waren aber krumm und morsch, waren bedeckt mit Moos und Pilzen. Die Hütte war verfallen, nichts ließ sich mehr erkennen.
    Abgesehen von der Tür.
    Eva wurde bang ums Herz.
    Unter dem tief hängenden Giebeldach war eine kleine Tür eingelassen, die offen stand. Es war eine einst massive Tür gewesen, und auch jetzt noch, ein Jahrzehnt später, war zu erkennen, dass sie bemalt gewesen war. In einem feurigen, leichtsinnigen Rot, auf das mit Schwarz Zeichnungen aufgebracht worden waren.
    Sie fühlte, dass ihre Bewacher sich ansahen.
    »Was zum Teufel ist das?«, stieß Ry hervor. »Es sieht aus wie Hexenkunst.«
    Jamie zuckte mit den Schultern. »Es sieht aus wie das, was Eva mit ihren Fingern gemacht hat.«
    Ruggart Ry wandte sich verständnislos um. »Mit ihren was?«
    Eva grub ihre bemalten Fingernägel in ihre Handflächen, aber Jamie wies lediglich mit dem Kopf in ihre Richtung. »Sieh sie dir an, wenn sie dich lässt.« Er wandte sich um, und sie starrte ihm in die Augen. »Was hat es mit diesem Ort auf sich, Eva?«
    »Er ist alt«, sagte sie mit leiser Stimme und schaute sich um. »Mehr als das kann ich nicht sagen.«
    »Ihr könnt nicht oder wollt Ihr nicht?«
    »Ihr denkt, ich lüge?«
    »Ich weiß, dass Ihr lügt. Ich weiß nur nicht, worüber.«
    »Ich erzähle keine Lügen über diese Hütte. Sie ist ein so sicherer Ort, die Nacht zu verbringen, wie jeder andere, an dem ich je gewesen bin.«
    Er sah sie nachdenklich an. Seine Beine standen schulterbreit auseinander, sodass seine Schenkel ein V bildeten. Die mächtigen Arme waren vor der Brust verschränkt, und trotz des leichten Lächelns, das um seine Mundwinkel spielte – er wusste, dass sie log, über fast alles

Weitere Kostenlose Bücher