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Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)

Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)

Titel: Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Pierce
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Er hatte keine Seele.
    Das Wesen fixierte sie mit seinem Blick. Aeriel riss ihren Stab hoch, hielt ihn wie einen Wurfstock am unteren Ende. Der Gesichtsausdruck des Wesens veränderte sich plötzlich, wandelte sich von einer zähnefletschenden Grimasse zu einer Miene finsterster Missbilligung, bis hin zu fassungsloser Verblüffung. Mit starrem Blick öffnete der Engel langsam seinen Mund … Und dann schrie er.

    Der Engel der Nacht riss schützend die Arme vors Gesicht, duckte sich, als wäre der Anblick ihrer Augen zu schrecklich und unerträglich. Er stieß einen schrillen Schrei aus, wirbelte herum und stürzte fort, keuchend nach Luft ringend, als hätte sie Gift verströmt.
    Aeriel stand wie zu Eis erstarrt da, den Wanderstab halb erhoben, reglos vor Überraschung. Der Sohn der Hexe stolperte in ihrem Schatten den Hang hinab, seine schwarzen Flügel schlugen wild. Als er das Ende des Schattens erreichte, sprang er mit einem Satz und heftig peitschenden Fittichen in den Abgrund.
    Dann fand er endlich zum rhythmischen Flügelschlag zurück und erhob sich in die Lüfte. Er schoss über die Hügel hinweg; seine Schreie gellten durch die Nacht. Schließlich erstarben sie. Die Luft war wieder ruhig, dunkel, fließend und kühl. Stille senkte sich über das Tal.
    Als Aeriel sich endlich wieder bewegen konnte, senkte sie ihren Arm. Er schien leblos von ihrer Schulter herabzuhängen. Den Wanderstab hielt sie kraftlos in der Hand. Der Prinz trat hinter sie.
    »Du sagtest, du wärst keine Hexe.«
    Stumm schüttelte sie den Kopf und starrte noch immer in die Richtung, in die der Ikarus verschwunden war. »Das bin ich auch nicht.«
    »Du hast den Engel vertrieben«, rief Roschka. »Was hast du getan?«
    Wieder schüttelte sie den Kopf. »Nichts. Ich habe ihn nur angesehen.«

    Sie drehte sich um und ging an ihm und Erin vorbei. Das dunkelhäutige Mädchen sah ihr nach. Aeriel sank am Fuß des Turms nieder, zog ihren Reisemantel an, denn ihr war kalt. Sehr kalt.
    »Ich habe keinen Schatten«, flüsterte sie plötzlich. Sie suchte den Boden danach ab, aber konnte ihn nirgends finden. Ein dumpfer Schmerz pochte in ihrem Kopf. Sie konnte es nicht verstehen. »Ich habe keinen Schatten mehr.«
    Erin war aufgestanden. »Was ist das hier für ein Ort?«, verlangte sie zu wissen. »Dieser Turm?«
    Sie sprach zu Aeriel, aber Roschka beantwortete ihre Frage. »Wir nennen ihn die Fackel, und er markiert den Weg nach Terrain. Einst, so sagt man, leuchtete er so hell wie der Sonnenstern. Aber im Lauf der Jahre wurde sein Licht trüber, weil niemand mehr diesen Weg für Pilgerreisen benutzte.« Er verstummte einen Augenblick und sah nach oben. »Jetzt strahlt er wieder.«
    Ein Gedanke regte sich in Aeriel. »Als ich das Sandmeer überquert hatte«, sagte sie, »kam ich zu einem Turm wie diesem. Sein Hüter erzählte mir, es gäbe viele davon, die alle irgendwie miteinander verbunden seien. Wird einer genährt, zehren auch die Flammen der anderen Türme davon.« Sie erinnerte sich an den Aprikosenstein, den der Hüter in das Licht geworfen hatte, worauf die Flamme aufloderte.
    Roschka sprach nun. »Aber die Seherin sagte, dass ganz Pirs in Dunkelheit läge wegen meines Onkels und seines Vampirs. Das Licht würde nicht wiederkehren, sagte sie, bis der rechtmäßige Erbe zurückkommt, ich dachte, sie meinte damit, bis der rechtmäßige Erbe an die Macht kommt. Ich bin der rechtmäßige Erbe, denn meine Schwester ist tot …«

    Plötzlich starrte er Aeriel forschend an. Sie erwiderte seinen Blick, und er senkte sofort die Augen. Sie wusste, welcher Gedanke ihm eben gekommen war, so sicher, als wäre es ihrer gewesen.
    Das Schweigen um sie herum war kühl und still. Dann erhob sich der Nachtwind, bewegte die Luft und fegte die toten Glühwürmchen davon. Sie wirbelten umher wie transparente Blätter. Nur die Perlen blieben zurück.
    Erschöpfung überfiel Aeriel. Sie lehnte sich gegen den Turm. »Ich muss schlafen.«
    Sie schloss die Augen, streckte sich am Boden aus und legte ihre Stirn auf einen Arm. Plötzlich hörte sie den Prinzen ausrufen: »Perlen! Erin, sieh nur …«, als hätte er sie eben erst entdeckt.
    Erin kniete neben Aeriel nieder. Das dunkelhäutige Mädchen berührte sie und murmelte etwas, aber Aeriel glitt bereits in tiefen Schlaf.
    Als sie erwachte, sammelte Roschka die Perlen ein. Er hatte den Turban abgenommen und die Ecken zusammengeknotet. Sein Haar war kurz und hell. Erin half ihm.
    »Warum macht ihr das?«, fragte

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