Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
weder ihr noch Irrylath von Nutzen. Entschlossen ignorierte sie die Banditenkönigin und sprach allein zum Prinzen.
»Gemahl, ich bin es.«
»Das kann nicht sein«, rief Irrylath heiser. »Die Hexe hat ihre Engel der Nacht geschickt, um dich zu entführen.«
Aeriel schüttelte das Haupt. »Nein. Einer ihrer Schwarzen Vögel hat mir eine Nadel hinters Ohr gestochen.«
»Das hätte ich dir erzählt, wenn du mich nur hättest ausreden lassen«, knurrte Erin durch zusammengepresste Zähne. Sie zog den gefalteten Sari aus ihrem Gewand und schleuderte ihn dem Prinzen hin, der mit einem lauten Keuchen die wallende gelbe Seide um seine Knie berührte. Dann reckte er das Kinn und betrachtete das Schwert wie ein Verdurstender, der eine Fata Morgana erblickt.
»O Aeriel«, flüsterte Irrylath. »Wenn du es doch wahrhaftig wärst …«
»Das ist sie nicht«, zischte Sabr verzweifelt. »Ein Trugbild! Eine geschickte Falle.«
Aeriel spürte die Perle auf ihrer Stirn kühl leuchten. Ein Gedanke formte sich in ihrem Bewusstsein.
»Der Reim«, sagte sie. »Ich habe nun den letzten Teil von Ravennas Rätsel. Wird dich das überzeugen?« Sie hob die Stimme und richtete den Blick auf die anderen im Zelt. »Wird euch das alle überzeugen?«
Irrylath kämpfte sich auf die Beine und schüttelte Sabrs beharrlichen Hände ab. Seine Stimme klang auf einmal klar und bestimmt. »Sag ihn auf«, rief er. »Sag den Reim auf, und falls du die wahre Aeriel bist, unversehrt und nicht in den Fängen der Hexe, werde ich es wissen.«
Eine seiner Hände krallte sich in ihre Hochzeitsseide. Die andere, seine Schwerthand, zuckte, als versuche sie, sich zur
Faust zu ballen. Irrylath beugte den Arm, mit der Hilfe des anderen, und fuhr gepeinigt zusammen. Aeriel streckte die Hand nach ihm aus und sprach:
»Hieran wird ein grausamer, blut’ger
Krieg ausbrechen,
um ein Land, öd und verbrannt,
zu rächen.
Mit einem leuchtend Flammenschwert,
wird ein Schatten, schwarz wie die Nacht,
aus dem Exil zurückgekehrt,
sich stürzen in die Schlacht.
Aus Liebe zu jener,
die einsam steht, die Flagge hält,
in Händen die Perle
mit der Seele der Welt.
Wenn Feinde in Fluten untergehen,
Winterasche in Wasser mündet,
dann wird die erlösende Krone
von Ravennas Tochter entzündet.«
Stille. Kein Geräusch im Zelt, außer dem Zischen von Kerzendochten und dem Seufzen des Nachtwindes. Ihr Bruder Roschka beäugte sie misstrauisch. Syllva stand schweigend neben ihren Isterner Söhnen. Die verwirrten Wachen warfen sich Blicke zu.
Da hörte sie Talb, den Magier, kichern und Pendarlon schnurren. Doch Aeriels Augen ruhten allein auf Irrylath.
»O Gemahl«, hauchte sie, »hab Vertrauen!«
Mit einem einzigen Schritt trat er vor und kniete vor der Flamme nieder, die Erin hielt. Sein Schwertarm schien jetzt fast vollständig verheilt, er streckte ihn nach Aeriel aus.
»Ich glaube dir«, flüsterte er, »denn du bist es wirklich. Vergib mir mein Zweifeln.«
Seine Hand fuhr durch die Flamme, diesmal machte es ihm nichts aus. Das Feuer flackerte auf, und Aeriel hatte den Eindruck, dass etwas Sonderbares durch sie hindurchglitt, doch dann verschwand das Gefühl, und ihre Vision von Irrylath und dem rosafarbenen Zelt aus Seide nahm wieder klare Formen an. Sabr stand nun neben dem Prinzen und berührte ihn an der Schulter. Misstrauen stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
»Cousin«, warnte sie. »Wie kannst du sicher sein? Wir wissen seit Monaten, dass Aeriel verloren ist, und dieses Trugbild behauptet, dem sei nicht so! Schenk den Versen keinen Glauben!«
Der Prinz erhob sich und schnellte herum. »Lass mich los!«, fauchte er mit einer Stimme wie brennendes Öl. » Du hast mich überzeugt, dass Aeriel verloren sei, du , der ich erlaubte, sie aus meinem Gedächtnis zu bannen! Auf deine Weisung hin haben wir hier am Rande der Sandwüste ungezählte Stunden vergeudet. Das ist Aeriel. Ich kenne sie. Erdreiste dich ja nicht, mir weitere Ratschläge erteilen zu wollen, Königin der Diebe!«
Sein Ton war rau, er raste vor Wut. Aeriel empfand einen Hauch Genugtuung.
»Meine Besorgnis galt dir «, rief Sabr und wich taumelnd zurück, als habe er sie geschlagen. Verzweifelter Verrat spiegelte sich in ihrem Gesicht. »Immer nur dir! «
Mit einer raschen Drehung floh die Cousine des Prinzen und verschwand in der Nacht. Irrylath sah ihr wutentbrannt nach, seine Gesichtszüge waren verhärtet. Königin Syllva richtete schließlich das Wort an ihn und berührte
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