Gefangene des Engels - Pierce, M: Gefangene des Engels - The Darkangel Trilogy: The Darkangel (1), A Gathering of Gargoyles (2), The Pearl of the Soul of the World (3)
unwillkürlich einen Arm hoch, als wollte sie sich der Diamantenklinge erwehren.
Genau in diesem Moment zog Erin das Schwert aus der Scheide. In einer fließenden Bewegung schwang sie die lange, gerade, brennende Klinge, um den Schlag des gebogenen weißen Kurzschwerts zu parieren. Die beiden Waffen trafen sich mit einem Geräusch, das gleichzeitig wie ein silberhelles Glöckchen, ein tiefer Flötenton und eine zu fest gezupfte Mandolinensaite klang. Aeriel sank auf die Knie, spürte den harten Hieb in jeder Faser ihres Körpers, während sich die Diamantenklinge und das Flammenschwert verkeilten. Die Klinge, die alles zu durchtrennen vermochte, konnte dem brennenden Schwert nichts anhaben.
Irrylath schrie auf. Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff er sich ans Handgelenk, als wollte er sein Schwert entweder fallen lassen oder hochreißen, doch er schien unfähig zu jeder Bewegung. Das weiße Feuer, das die Waffe des dunkelhäutigen Mädchens umtänzelte, kroch an der Diamantenklinge empor und berührte die Hand des Prinzen. Stöhnend sank er in die Knie. Erin stand erschrocken da.
»Halt!«, kreischte Aeriel. »Zurück!«
Und diesmal, auf unerklärliche Weise, vernahmen die anderen im meilenweit entfernten Zelt die Warnung. Königin Syllva verharrte, wo sie war. Roschka und Irrylaths Brüder ließen von ihrer überstürzten Attacke ab. Pendarlon wich fauchend zurück. Die Wachen, die vom Eingang herbeieilten, erstarrten.
Als Erin das Flammenschwert von Irrylaths Klinge löste, erlosch das Feuer an seiner Hand, der Prinz sackte zusammen, sein Schwertarm schlug schwer auf dem Boden auf. Die Diamantenklinge durchtrennte mit sauberem Schnitt die Erde, ohne auch nur ein einziges Staubkorn aufzuwirbeln. Mit gezücktem Dolch rannte Sabr zu ihrem Cousin. Erin gönnte ihr keinerlei Beachtung, sie hielt die Gleve senkrecht vor sich und starrte die Waffe ungläubig an.
»Ich hatte nicht vor, das Schwert zu ziehen«, flüsterte das dunkelhäutige Mädchen. »Irgendetwas schien meine Hand zu führen. Ich wollte nur bis zum letzten Moment ausharren, um zu sehen, ob du mir wahrhaft nach dem Leben trachtest.« Selbst jetzt, während sie zum Prinzen sprach, konnte sie die Augen nicht von seiner Klinge wenden. »Ich hielt Schwerter für überflüssig. Ich dachte, die anderen geböten dir Einhalt.«
Das Breitschwert sang und summte. Aeriel hörte, wie ihr eigenes Schluchzen in das leise Lied einstimmte. Röchelnd hielt Irrylath seinen Arm, als schmerzte er. Entsetzliche Angst bemächtigte sich Aeriels. Sie wusste nicht, ob das Feuer des Schwertes ihm einen bleibenden Schaden zugefügt hatte. Er schien benommen. Alle anderen im Zelt hasteten mit überraschtem oder erschrockenem Gesicht umher, außer Pendarlon, der, mit einem Blick auf Erins Klinge, ein leises, katzenhaftes Fauchen ausstieß.
»Aufhören, aufhören!«, rief Aeriel weinend, die kaum bemerkte, dass sie laut gesprochen hatte.
Jeder starrte jetzt die Gleve an, selbst Irrylath. Sabr hielt ihm den Kopf, der schlaff herabhing, als fiele der Prinz jeden Moment in Ohnmacht. Durch Erin sah Aeriel, wie das Schwert flackernd
zitterte, einer langen weißen Flamme gleich. Das nebelhafte Glühen und die Klinge selbst verschmolzen, bis das ganze Schwert eine einzige züngelnde Feuerbrunst war. Aeriel kam taumelnd auf die Beine. Auch die Flamme kroch in die Höhe, streckte und verengte sich. Durch die fassungslosen Augen des dunkelhäutigen Mädchens beobachtete sie, wie die Flamme menschliche Gestalt annahm. Erschrocken erkannte Aeriel sich selbst darin wieder, verspürte dann einen unwiderstehlichen Drang, der sie die unzähligen Meilen zu sich zog, bis sie eins wurde mit der Flamme. Sie wandte sich zu ihrem Gemahl um und rief seinen Namen.
»Irrylath«, sagte sie eindringlich. »Irrylath, beherzige meine Worte! Du irrst nicht. Erins Schwert wurde einst von der Hexe gefertigt, doch Ravenna hat es verwandelt, damit es nun auf unserer Seite kämpft.«
Der Prinz von Avaric schüttelte den Kopf und starrte sie ungläubig an. Aeriel sah, wie sich Sabrs Hände auf ihm verkrampften.
»Sei auf der Hut, Cousin«, murmelte die Banditenkönigin. »Sie ist ein Zauberwerk der Hexe. Die Schattenmaid steht mit deiner Peinigerin im Bunde. Sie war dir nie wohlgesinnt.«
Irrylath schien sie nicht zu hören, seine ganze Aufmerksamkeit ruhte auf dem Bild in dem Schwert. Aeriel schluckte ihre plötzlich aufwallende Wut über Sabrs Einmischung hinunter. Ein Eifersuchtsanfall wäre in diesem Moment
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