Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
sich kein Kunde die günstige Gelegenheit entgehen lassen will zu zeigen, wer hier den Ton angibt.“ Er zog finster die Augenbrauen zusammen. „Alles nur kleine Machtspielchen, verstehst du? Du sollst dich fühlen wie eine Dienstmagd.“
Sie schnaubte empört. „Dieser alte Fettsack hat es sich doch tatsächlich erlaubt, mir die Hand auf den Hintern zu legen, man glaubt es nicht! So einen Mist sollte ich eigentlich schon längst hinter mir haben.“
Er lachte. „Ja, so ist es eben. Auch die Schönheit hat ihren Preis.“
Sie zog sich ihr T-Shirt über den Kopf und warf es ihm zu. „Küss mich, Gallagher.“
„Später. Erst die Arbeit, dann das Spiel.“ Er fing das Bündel auf und warf es ihr wieder zurück. „Klamotten sind hinter dem Paravent.“
Sie brummte etwas davon, dass es ihr lieber wäre, jetzt gleich ein bisschen Spaß zu haben, schnappte sich dann aber doch ihren Rucksack und verkrümelte sich hinter den Wandschirm. Heute würden sie im Studio arbeiten. Jack wollte seine neue Mittelformatkamera ausprobieren, er brauchte für seine Mappe eine größere Bandbreite.
„Wie war’s bei Klein?“ rief sie ihm zu, während sie sich umzog.
„Fehlanzeige.“ Sein Agent hatte ihm einen Vorstellungstermin bei Calvin Klein verschafft, der nach einem neuen Fotografen für seine Frühjahrskollektion suchte. Ein derartiger Job hätte ihn natürlich um Lichtjahre nach vorne gebracht. „Dem Artdirector haben meine Sachen gut gefallen, aber er fand, ich hätte noch zu wenig Erfahrung.“ Jack legte einen Film in die Polaroid-Kamera ein. „Ich soll in ein paar Jahren wiederkommen.“
Sie lugte hinter dem Schirm hervor. „Tut mir echt Leid für dich, Jack, ehrlich.“
Als er ihrem Blick begegnete, sah er das aufrichtige Bedauern in ihren Augen. Er zuckte die Schultern. „Es gibt noch andere Möglichkeiten.“
„Zumindest hast du bei Klein jetzt einen Fuß in der Tür. Das ist doch wenigstens etwas. Du kannst dich ab sofort immer darauf berufen, dass sie gesagt haben, du sollst wieder vorbeischauen.“
„Genau“, murmelte er, wobei man heraushörte, dass er nicht gedachte, sich mit einem so lächerlich kleinen Schritt zufrieden zu geben. Das Einzige, was für ihn gezählt hätte, wäre gewesen, wenn er den Job bekommen hätte.
Während sie sich zurechtmachte, rückte er die Beleuchtung in die richtige Position, bestückte seine verschiedenen Kameras mit Filmen und arrangierte das Setting. Einen Assistenten konnte er sich nicht leisten, und er wollte seine Arbeit nicht unterbrechen müssen, nur um nach einem Film oder Ähnlichem zu kramen.
„Wenigstens hat Carlo den Job auch nicht bekommen.“
Jack, der gerade dabei war, ein Filmdöschen zu öffnen, hielt mitten in der Bewegung inne. „Wer sagt denn das?“
Sie zögerte. „Ich habe gehört, dass er sich ebenfalls beworben hat. Und dass auch nichts draus geworden ist. Aber wenn es dir ein Trost ist, kann ich dir versichern, dass er sich schon allein deshalb grün und blau geärgert hat, weil sie sich überhaupt nur deine Mappe angeschaut haben.“
Jack stutzte. „Woher weiß er das denn?“
Wieder zögerte sie. „Nun, das ist doch kein Geheimnis, oder? Ich meine, so unübersichtlich ist die Branche ja auch wieder nicht, oder?“
„Wer hat es ihm erzählt, Gina?“
„Ich weiß nicht.“
Jack runzelte die Stirn. Plötzlich beschlich ihn das ungute Gefühl, dass sie mehr wusste, als sie bereit war zuzugeben. Er versuchte sein Misstrauen abzuschütteln, aber es gelang ihm nicht. Woher hatte sie ihr Wissen? Und warum sagte sie ihm nichts? Sie erzählten sich doch sonst immer alles.
„Bist du so weit?“ Er maß mit dem Belichtungsmesser das Licht, obwohl er die endgültige Einstellung erst treffen konnte, nachdem sie sich hingesetzt hatte. „Ich würde gern anfangen, solange wir noch halbwegs jung sind.“
„Stinkstiefel“, gab sie gut gelaunt zurück und kam hinter dem Paravent hervor. Sie trug hautenge zerrissene Jeans, ein enges weißes T-Shirt, eine schwarze Lederjacke und Motorradstiefel, ebenfalls in Schwarz. „Was soll ich denn mit meinem Haar machen?“
„Lass es vorerst so. Ich brauche eine wilde Mähne.“ Er taxierte sie eingehend. Er wollte, dass sie so richtig tough wirkte, fast schon ein bisschen maskulin, es würde einen guten Kontrast ergeben zu ihrer typisch amerikanischen blonden Schönheit. „Zieh das T-Shirt aus. Es kommt besser, wenn du unter der Lederjacke nackt bist. Dann wirken deine Augen auch
Weitere Kostenlose Bücher