Gefangene Seele
herauszufinden, was genau sie fühlte, dann wurde ihr klar, dass es nicht diese Art der Angst war.
“Nein, bleib hier”, sagte sie. “Ich muss nur eine Weile darüber nachdenken.”
Luke hatte Mitleid mit ihr, so wie ein Mensch mit einem Mitmenschen Mitleid haben kann, aber auf der anderen Seite wünschte er sich nichts sehnlicher, als dass Jade sich zu ihm umdrehen und ihn mit Liebe, nicht mit Angst, in den Augen, anschauen würde.
Er legte sein Kinn gegen ihren Hinterkopf und flüsterte leise in ihr Ohr. “Jade, ich schwöre zu Gott, dass ich nie etwas tun würde, was dir Angst macht oder was dich verletzen würde … keinesfalls. Bitte glaube mir, dass du mir vertrauen kannst.”
Sie antwortete nicht, aber sie rückte ein winziges Stückchen näher an ihn heran, bis sie bequem lag.
Luke schloss die Augen und bemühte sich, sich nicht zu bewegen. Wenn er jemals seinen Körper unter Kontrolle halten musste, dann jetzt. Als Jade immer noch schwieg, sodass es ihm fast unangenehm war, vergaß er alles – sogar das Phantombild, das unten im Flur lag.
17. KAPITEL
S am kam gerade aus der Bibliothek, als Velma dabei war, einen frischen Blumenstrauß auf den Tisch in der Eingangshalle zu stellen. Dann bemerkte er das fremde Auto auf der Auffahrt.
“Wessen Wagen ist das?”, fragte er.
“Mit dem ist Mr. Kelly gekommen.”
“Ach ja, natürlich”, sagte Sam, “wahrscheinlich ein Mietwagen. Seiner ist wahrscheinlich noch nicht wieder repariert. Wo steckt er?”
Velma deutete die Treppe hinauf. “Sie haben sich angeschrien, dann hat er versucht, die Tür einzutreten. Seitdem habe ich nichts mehr gehört.”
Sam schüttelte den Kopf, als er die Treppe hinaufsah.
“Noch nie in meinem Leben habe ich mich so hilflos gefühlt. Sie ist zwar meine Tochter, aber ich habe das Gefühl, als wäre sie eine Fremde.”
“Das liegt daran, dass sie für Sie eine Fremde ist”, gab Velma zur Antwort. “Sie haben sie doch nur vier Jahre lang gekannt. Die letzten zwanzig Jahre hat sie auf eigenen Füßen gestanden. Es braucht seine Zeit, um die Vergangenheit aufzuarbeiten.”
“Ja, das weiß ich ja, aber dennoch …”
“Sie sind einfach zu ungeduldig. Aber das waren Sie schon immer”, fügte sie hinzu. Als es an der Tür schellte, runzelte sie die Stirn. “Das ist wahrscheinlich der Junge, der sein Geld für das Rasenmähen haben will.”
“Ich hole es”, sagte Sam. “Warum machen Sie für heute nicht Schluss?”
“Sind Sie sicher?”, fragte Velma.
“Ja, ich meine es ernst”, antwortete er und ging zur Tür, als sie sich zurückzog, um ihre Sachen zu holen.
Wie Velma vorausgesehen hatte, stand der Teenager, der die Straße hinunter wohnte, vor der Tür, um sein Geld einzusammeln.
“Guten Tag, Mr. Cochrane. Ganz schön heiß heute, was?”
“Ja, es war sehr heiß, Kevin. Komm herein, hier ist es kühl, dann gebe ich dir schnell dein Geld.”
“Danke, Sir”, sagte Kevin und setzte sich auf einen Stuhl neben dem Tisch, während Sam das Geld holte.
Wie immer sah er sich die Inneneinrichtung genau an. Das Haus war riesig, und von seinem Vater wusste er, dass die Familie von Mr. Cochrane hier schon seit der Gründung von St. Louis gelebt hatte. Er hatte davon gehört, dass Mr. Cochranes Tochter verschwunden gewesen war und hatte gehofft, sie zu Gesicht zu bekommen, aber er hatte wohl kein Glück.
Der Blumenstrauß, der neben ihm auf dem Tisch stand, reizte ihn zum Niesen. Dabei fiel ihm ein, dass er am Morgen vergessen hatte, seine Allergie-Medikamente zu nehmen, bevor er das Haus verließ. Darüber hinaus juckte die Haut an seinen Beinen. Seine Mutter hatte ihn ermahnt, keine Shorts zu tragen, wenn er Rasen mähte, aber er ignorierte ihre Ratschläge. Er war eben ein Jugendlicher, noch nicht ganz alt genug, um sich dessen bewusst zu sein, dass seine Mutter es immer noch am besten wusste. Er beugte sich zu seinem Knöchel hinunter, um sich zu kratzen, als sein Blick auf das Foto fiel, dass Luke dort liegen lassen hatte. Er betrachtete es, als Sam mit seinem Geld wiederkam.
“Woher haben Sie denn das Foto von Mrs. Tylers Neffen?”
Sam runzelte die Stirn. “Entschuldigung? Ich habe keine Ahnung, worüber du redest.”
Kevin gab ihm das Blatt Papier.
“Dieser Typ. Er ist der Neffe von Mrs. Tyler.”
Sam nahm es, und als er die Hand danach ausstreckte, wurde ihm klar, dass es sich dabei um das Phantombild handelte, dass Luke mitgebracht hatte, damit Jade es sich ansah.
“Was um Himmels willen
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