Gefangene Seele
die Schuhe nass!”
“Dann passen sie besser zu Ihren Hosen”, gab der Beamte zurück und zog Otis auf die Füße.
Luke wollte unbedingt so schnell es ging nach Hause. Aber als er den Piloten anrief, um ihm Bescheid zu sagen, dass es losgehen könne, teilte dieser ihm mit, dass sie aufgrund des Wetters nicht starten könnten. Es wurden sogar schon gestartete Maschinen zurückgerufen. Luke sah auf die Armbanduhr und rechnete aus, wie spät es wohl in Missouri war. Ziemlich spät. Sollte er noch anrufen? Wahrscheinlich nicht. Ihm blieb wohl nichts anderes übrig, als sich ein Hotelzimmer zu nehmen und auf den Morgen zu warten. Vielleicht würden sie am nächsten Tag starten können.
“Sir, was ist mit Ihrem Gepäck?”, fragte der Pilot.
“Behalten Sie es einfach noch für einen Moment”, sagte Luke. “In zehn Minuten bin ich da, dann hole ich es ab und besorge mir ein Taxi.”
“Ich habe mir einen Mietwagen genommen. Ich kann Sie zu einem Hotel fahren, das mache ich gern”, sagte der Pilot.
“He, danke, das ist sehr nett”, antwortete Luke. “Ich bin gleich bei Ihnen.”
Zu derselben Zeit am anderen Ende des Landes machte sich Jade gerade für ein spätes Abendessen mit Sam fertig. Sie trug ein hellblaues Sommerkleid aus Baumwolle, das Sam ihr gekauft hatte, und schwarze Sandalen mit silbernen Absätzen. Sie schob ihre Mähne zusammen und befestigte sie zu einem lockeren Knoten mit einer Perlmutt-Spange, bevor sie ein wenig Lippenstift auftrug. Dann ging sie hinunter.
Als Sam sie unten an der Treppe traf, lächelte er.
“Jade … du siehst fantastisch aus!”
Da Jade immer noch nicht so recht wusste, wie sie mit solchen Komplimenten umgehen sollte, lächelte sie schüchtern.
“Danke schön”, erwiderte sie und betrachtete Sam, der beige Leinenhosen und ein hellgelbes Hemd trug. “Du siehst aber auch nicht schlecht aus.”
“Man tut, was man kann”, scherzte er und bot ihr dann seinen Arm an. “Würdest du vielleicht gern ein Glas Wein als Aperitif trinken?”
“Schickt sich das?”, fragte sie.
“Auf alle Fälle.” Sam grinste. “Es ist sehr angemessen für die Situation.”
“Dann, danke gern.”
Er führte sie in die Bibliothek, geleitete sie zu einem Sessel, der in der Nähe des großen Bücherregals stand und ging hinüber zur Bar, um ihnen ein Glas Wein einzuschenken.
“Probier mal”, sagte Sam, als er ihr ein langstämmiges Weinglas reichte, das zur Hälfte mit einem Wein aus den besten Lagen gefüllt war.
Jade nahm einen ersten Schluck und verzog sofort das Gesicht. “Es tut mir leid, aber ich fürchte, ich bin nicht die Richtige dafür. Das soll gut schmecken?”
Sam lachte laut los. “Möchtest du lieber etwas Alkoholfreies?”
Sie grinste. “Ja, bitte.”
Er nahm ihr das Weinglas ab und kehrte mit einem Glas Cola zurück.
“Wie wäre es damit?”, schlug er vor.
Sie nahm vorsichtig einen kleinen Schluck und lächelte. “Das ist besser, danke.”
Sam lachte immer noch in sich hinein, als Velma kam, um zu sagen, dass das Abendessen bereit sei.
Sam stand auf und bot Jade seinen Arm an.
“Meine Dame, würden Sie mir die Freude machen?”
Jade stand auf, schob ihren Arm unter seinen und lehnte kurz mit dem Kopf gegen seine Schulter. Es gab keine Worte, mit denen sie beschreiben konnte, wie sie sich fühlte. Endlich gehörte sie zu jemandem, und endlich hatte sie ein Zuhause.
Das Licht im Esszimmer war heruntergedimmt. In der Mitte des Tisches stand ein wunderschöner Blumenstrauß. Links und rechts von der Vase standen silberne Kerzenhalter mit weißen Kerzen. Als Jade an ihnen vorüberging, flackerten die Flammen von dem Luftzug kurz.
Sam rückte für Jade den Stuhl links neben sich zurecht, erst dann setzte er sich selbst.
“Hast du alles, Liebling?”
Jade seufzte, da sie sich immer noch wunderte, wie elegant und selbstverständlich Sam mit diesen Dingen umging.
“Noch nicht ganz … aber gleich”, erwiderte sie.
Aber das reichte Sam.
Die Zeit, die sie miteinander verbrachten, verstrich schnell. Sam gelang es mühelos, Jade mit seinen Anekdoten über seine Reisen und seine Vergangenheit zum Lachen zu bringen. Stück für Stück lernte Jade den Mann, der ihr Vater war, kennen und seine Klugheit zu schätzen. Durch seine Karriere hatte er viel Geld verdient, und dennoch schien diese Tatsache keinen negativen Einfluss auf ihn gehabt zu haben. Obwohl Sam ihr das gleich zu Beginn gesagt hatte, konnte Jade nicht glauben, dass all dies einmal ihr
Weitere Kostenlose Bücher