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Gefangene Seele

Gefangene Seele

Titel: Gefangene Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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Ihnen versprechen.”
    Aber Jade glaubte ihm nicht. Es fiel ihr einfach zu schwer, irgendjemandem Glauben zu schenken außer Raphael. Als Luke einen Schritt auf sie zuging, wich sie automatisch zurück, bis sie die Kante ihrer Pritsche in den Kniekehlen spürte. Sie ließ sich auf die Liege fallen und hob die Hände, als wolle sie ihn abwehren.
    Da Luke nicht das Ausmaß ihrer Panik erkannte, ging er noch einen Schritt näher an Jade heran und hockte sich hin, sodass sie auf derselben Augenhöhe waren.
    “Miss Cochrane? Jade?”
    “Was?”
    “Sie haben viele Jahre lang ohne eine Mutter gelebt. Das war bestimmt schwierig. Aber sie haben noch einen Vater, der sich nichts so sehr wünscht, wie Sie kennenzulernen. Möchten Sie Ihren Vater nicht sehen? Ich kann mir vorstellen, dass Sie sehr schwierige Jahre durchgemacht haben … Ich glaube nicht, dass Sie sich nach diesem vergangenen Leben zurücksehnen. Erklären Sie es mir.”
    “Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass ich einen Vater gehabt habe”, antwortete Jade und starrte geradeaus. “Ich kann mich an nichts mehr erinnern, was vor Solomon geschehen ist.”
    Luke zog die Stirn in Falten. “Ist das der Mann, mit dem Ihre Mutter fortgelaufen war?”
    “So genau weiß ich das nicht, aber er war der Mann, der …”
    Sie hielt inne. Luke beobachtete, wie Raphael auf die beiden zukam, Jade an der Schulter berührte und sie leicht drückte. Als Jade Luke wieder ansah, zeigte ihr Gesicht keine Regung.
    Ohne darüber nachzudenken, was er tat, legte Luke seine Hand auf Jades Unterarm. Es sollte eine einfühlsame, beruhigende Geste sein, aber sie bewirkte das Gegenteil. Jade zuckte zusammen und wurde bleich. Ihr Gesichtsausdruck erschreckte Luke derart, dass er seine Hand zurückzog und sich wieder erhob, noch bevor sie etwas sagen konnte.
    “Es tut mir leid, das wollte ich nicht”, entschuldigte er sich. “Ich wollte Ihnen nicht zu nahe kommen.”
    Jade legte ihre Hand dorthin, wo zuvor seine gelegen hatte, und zog sich auf der Pritsche ganz bis an die Wand zurück. Sie wusste, dass ihr Verhalten verrückt war, aber sie konnte es nun einmal nicht ändern. Ihr fehlten die Worte, um zu erklären, was ihr durch den Kopf ging. Sie musste sich so sehr darauf konzentrieren, nicht laut loszuschreien, dass sie nicht mehr sprechen konnte.
    Raphael wurde unruhig. Es musste ihm gelingen, dass Jade sich auf diese Sache einließ. Es war ihm so wichtig, dass er fast in Panik ausbrach. Er musste es schaffen, dass Jade sich weiter mit diesem Detective unterhielt, ohne dass das Gespräch eskalierte und ohne dass Jade gezwungen war, ihre Geheimnisse preiszugeben. Er legte seine Hand auf Lukes Schulter.
    “Es ist okay, sie mag es einfach nicht, angefasst zu werden”, erklärte er.
    Langsam atmete Luke aus und beobachtete Jade, deren Gesichtsfarbe wieder normal aussah. Er würde jetzt nicht nachfragen. Vielleicht würde er es nie tun.
    Jade schüttelte sich ein wenig und fing dann an zu lächeln. Sie wusste, dass er es nicht böse gemeint hatte. Es war nur eine normale Geste, die Menschen machen, während sie sich miteinander unterhalten. Aber Jade war nicht normal und ihr Leben war es ebenso wenig. Ihr Leben hatte einen Bruch, einen Makel … einen schlimmen Makel. Wenn jemand das herausfand … Wenn dieser Sam Cochrane davon erfuhr, würde er sie nicht mehr zurückhaben wollen. Niemand außer Raphael würde sie lieben, denn nur er konnte ihren Schmerz verstehen.
    Luke hatte keine Ahnung, was ihr durch den Kopf ging. Ihr Widerwille war deutlich, aber Sam zuliebe durfte er jetzt nicht aufgeben.
    “Sam Cochrane ist ein feiner Mensch. Er ist außerdem ein sehr sanfter Mensch”, fügte Luke hinzu. “Bitte geben Sie sich und ihm eine Chance.” Er fuhr sich frustriert mit beiden Händen durch die Haare, denn er fürchtete, Jade würde einem Treffen nicht zustimmen, sodass Sam sie überhaupt kein einziges Mal würde sehen können. “Um Himmels willen, Lady, ich weiß auch nicht mehr, was ich noch sagen soll … außer … außer dass Sie sich selbst und ihm es schulden, sich einmal zu treffen.”
    Raphael kannte Jade. Es gelang ihr nicht, Entscheidungen dieser Art zu treffen. Ihre spontane Reaktion war immer fortzulaufen. Aber jetzt gab es etwas, vor dem sie nicht fortrennen sollte, ganz im Gegenteil, es war eine Chance, auf die sie sich freuen konnte.
    “Sie wird gehen”, sagte Raphael zu Luke. Und als er spürte, wie sie die Schultern hochzog, fügte er hinzu:

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