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Gefangene Seele

Gefangene Seele

Titel: Gefangene Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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seinen Fingerspitzen, und er rief: “Nein. Er ist nicht tot! Besorgt mir etwas Wasser.”
    In dem ganzen Durcheinander hatte er zwei Kinder und seinen VW-Bus verloren, aber am nächsten Morgen war es ihm gleichgültig. Auch wenn sie noch leben sollte, hatte Jade schon die besten Jahre hinter sich, und Raphael stellte sich immer mehr als Bedrohung für Solomon heraus. Er war froh, sie losgeworden zu sein. Auf alle Fälle war es auch an der Zeit, bei Gelegenheit nach einer neuen Bleibe zu suchen.
    Otis fühlte sich nicht gut. An diese Geschichte hatte er schon seit Jahren nicht mehr gedacht. Es konnte auch ein Zufall sein, dass das vermisste Mädchen ebenfalls Jade hieß und dass ihr Vater den Namen Sam Cochrane trug, aber Otis wusste, dass das alles kein Zufall war. Genauso wurde ihm klar, so wahr er Otis Jacks war, dass auf ihn Ärger zukam. Von allen Kindern, die er in die Prostitution geschickt hatte, waren nur zwei entkommen: Jade und der kleine räudige Hund, der ihr auf Schritt und Tritt folgte.
    Otis holte ein Taschentuch aus der Jacke und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die ganzen Jahre hatte er geglaubt, sie seien tot. Sie hätten tot sein sollen. Die meisten Kinder, die in diesem Alter fortlaufen, sterben an der einen oder anderen Ursache. Warum war es den beiden nicht auch so ergangen?
    Er strengte sich an, nachzudenken, als er den Gang einlegte und die Handbremse löste, um wieder auf die Straße zu fahren, die den Canyon entlangführte. Dieses Mal würde es vielleicht nicht ausreichen, einfach einen neuen Namen anzunehmen. Er konnte auch seine Haare nicht mehr färben, denn er hatte keine mehr, und so oft er es auch versucht hatte, es gelang ihm nicht, zuzunehmen. So, wie er die Sache nun sah, blieb ihm nichts anderes übrig, als eines zu tun.

8. KAPITEL
    F rank Lawson stand am Fenster mit Blick über die Innenstadt von Nashville. Er starrte auf ein riesiges Plakat, das gegenüber auf einer Wand angebracht war.
    Eine Stimme für Lawson ist eine Stimme für das Gesetz.
    Er fand den Slogan ein wenig langweilig, aber ihm gefiel sein Foto. Unbewusst strich er sich durch die dünner werdenden Haare und tastete nach den hängenden Backen unter seinen Wangenknochen. Er zuckte mit den Schultern. Mit ein wenig Retusche hier und ein paar geschickt eingesetzten Schatten da sah das Bild so aus, als habe er noch volles Haar und kein Doppelkinn.
    Dann lächelte Frank. Mal abgesehen von diesem Wahlkampf-Foto lief es für ihn sehr gut. Die Wahlprognosen sahen in ihm den neuen Gouverneur von Tennessee, aber er brauchte nicht die Prognosen, um zu wissen, was er schon in seinen Knochen spürte. Es hatte lange Zeit in Anspruch genommen, aber er wusste, dass seine Zeit gekommen war. Sein Traum würde sich erfüllen. Er würde gewinnen. Er wusste es einfach.
    Es klopfte kurz an seiner Bürotür, dann kam seine Sekretärin mit der Post herein.
    “Guten Morgen, Mr. Lawson.”
    Er lächelte. “Guten Morgen, Lydia.” Er hob seine Kaffeetasse, als wolle er mit ihr anstoßen. “Toller Kaffee, heute”, sagte er.
    Sie nickte spröde. Natürlich war der Kaffee hervorragend. Sie war stolz darauf, alles genau richtig zu machen, dazu gehörte es auch, die perfekte Tasse Kaffee zuzubereiten.
    “Danke, Mr. Lawson. Sie haben in zwanzig Minuten ein Treffen mit Ihrem Wahlmanager, und danach ist das Mittagessen mit dem Bürgermeister um ein Uhr.”
    “Danke, Lydia. Ich weiß nicht, was ich ohne Sie tun sollte.”
    Lydia war sich ebenfalls sehr sicher, dass er ohne sie handlungsunfähig war, sie gab sich immer Mühe, sich bei ihren Chefs unabkömmlich zu machen.
    “Brauchen Sie sonst noch etwas?”, fragte sie.
    “Nein, danke.”
    Lydia verließ das Zimmer, indem sie hinter sich die Tür lautlos zuzog. Frank blieb mit seinem Kaffee und seiner Post allein im Zimmer zurück.
    Er nahm noch einen kleinen Schluck aus der Tasse, als er sich in seinen Sessel setzte und die Zeitung aufschlug. In den Schlagzeilen stand nichts Besonderes.
    Und dann blätterte er um.
    Unten rechts gab es nur eine kleine Notiz, und wahrscheinlich hätte er sie gar nicht wahrgenommen, wenn nicht die Überschrift seine Aufmerksamkeit geweckt hätte.
    Mann findet nach zwanzig Jahren seine vermisste Tochter wieder.
    Er hielt inne, schloss die Augen und überlegte, wo er vor zwanzig Jahren gewesen war. Das war so lange her. Er lebte in Haight Ashbury. Love-ins. Sexorgien. Und die Drogen, mein Gott, die ganzen Drogen, die sie genommen hatten. Im Gegensatz zu

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