Gefangene Seele
auf dieses eine Vergehen.
Es war die einzige Schwäche, die er hatte, und die ihm die Welt nicht verzeihen würde. Auch jetzt, wenn er an die fragilen Knochen und die seidenweiche Haut des kleinen Mädchens dachte, bekam er einen Steifen. Er schloss die Augen und erinnerte sich daran, was er ihr beigebracht hatte. Er erinnerte sich nur zu gut an ihre kleinen Händchen und ihre weichen Lippen … an ihren leblosen Körper, wie er vor ihm auf dem Boden lag.
“Mr. Lawson, Sie kommen zu spät zu dem Meeting.”
Frank drehte sich abrupt um. Lydia stand im Türrahmen, während er kurz davor war, einen Orgasmus zu kriegen. Er konnte sich nicht bewegen, denn er fürchtete, hier an Ort und Stelle zu kommen. Er holte tief Luft und zwang sich, sich zu konzentrieren.
Denk nicht daran. Denk einfach nicht daran. Es steht zu viel auf dem Spiel.
“Sagen Sie ihnen, dass ich gleich da bin, ich muss noch einmal kurz telefonieren.”
Lydia nickte und schloss dann hinter sich die Tür.
Sobald sie fort war, griff Frank zum Telefon. So, wie er die Sache einschätzte, war das alles nicht sein Problem. Er hatte diesem Solomon eine Menge Geld dafür gezahlt, dass seine sexuelle Präferenz vertraulich behandelt worden war. Natürlich, damals, in den Siebzigerjahren, kannte ihn kein Mensch. Wie hätte er selbst schließlich ahnen können, dass aus ihm ein verdammter Held werden würde? Aber er war sich selbst gegenüber ehrlich genug, um sich einzugestehen, auch wenn er es geahnt hätte, hätte er wahrscheinlich nicht anders gehandelt.
Was er allerdings wusste, war, dass dieser Typ, der sich selbst Solomon nannte, schon lange nicht mehr im Sektengeschäft war, sondern ein halblegales Porno-Geschäft aufgemacht hatte, wenn man bei Porno überhaupt von Legalität sprechen konnte. Alles, was Frank nun zu tun hatte, war ihn zu finden. Er dachte, er könne sich an den Namen der Firma erinnern, die Solomon gegründet hatte. Von da aus konnte er weitersuchen.
Er nahm den Hörer ab und rief die Auskunft an. Sobald sich eine Stimme am anderen Ende meldete, sagte Frank: “Ich brauche eine Nummer in Los Angeles, Kalifornien, bitte.”
“Ja, welche denn?”, fragte die Auskunft.
“Haben Sie einen Eintrag mit Shooting Star Productions?”
“Einen Moment bitte.”
Einige Sekunden später erklang eine Tonbandansage mit der gefragten Nummer.
Frank notierte sie hastig auf einen Zettel, riss ihn von dem Block ab und stopfte sich die Notiz in die Tasche. Dann strich er sich mit beiden Händen über die Haare, reckte das Kinn vor und ging hinaus.
Normalerweise hielt sich Sam am liebsten in seiner Bibliothek auf, aber heute war es anders. Er konnte sich auf nichts konzentrieren und strich unruhig durch alle Räume. Er versuchte, alles mit einem neuen Blick anzuschauen – er fragte sich, ob es etwas innerhalb der Mauern dieses dreistöckigen alten Hauses gab, an das sich Jade erinnern würde. Sam hatte sich selbst ermahnt, nicht zu viel von ihr zu erwarten, besonders ganz am Anfang. Er verstand es … Sie war noch so klein, als Margaret sie fortgebracht hatte, es wäre also ein Wunder, wenn sie sich überhaupt noch an etwas erinnern könnte. Von ihm ganz zu schweigen.
Und seit diesem einen Anruf von Luke hatte er ständig Interviewanfragen von lokalen Fernsehsendern und Zeitungen bekommen. Außerdem bat ein Dokumentarfilmer darum, ihr erstes Treffen aufzeichnen zu dürfen.
Sam hatte allen abgesagt, aber das hinderte die Zeitungen nicht daran, Berichte über ihn und Jade zu veröffentlichen, und die Journalisten baten weiterhin um Interviews.
Er bemühte sich, all das zu ignorieren und sich stattdessen darauf zu konzentrieren, das Haus auf die Rückkehr von Jade vorzubereiten. Er konnte Velma gar nicht genug danken. Sie hatte sich zwischen Sam und den Rest der Welt gestellt, so hatte er die Zeit, sich mit allem auseinanderzusetzen, was gerade passierte.
“Mr. Cochrane. Ich habe die Gästezimmer sauber gemacht, wie Sie gesagt haben. Vor einigen Minuten war der Blumenmann da und hat die Sträuße gebracht, die Sie bestellt hatten. Ich habe sie dorthin gestellt, wo Sie es gern haben. Soll ich sonst noch etwas erledigen, bevor sie ankommen?”
“Nein, Velma … das ist wohl alles”, sagte Sam.
Sie runzelte die Stirn. Seitdem er aufgestanden war, schien er mit den Gedanken woanders zu sein. Zuerst dachte sie, es läge an der Ankunft seiner verloren geglaubten Tochter, aber je mehr Zeit verging, desto sicherer war sie sich, dass ihn noch etwas
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