Gefangene Seele
Bett gelegt. Es war kein Licht an. Nur Kerzen. Ich dachte, dass ich zukünftig in diesem Zimmer schlafen sollte, und sagte ihm, dass ich wieder zurück in mein altes Zimmer wollte, und dass es dort komisch roch.”
Sie sah, wie ein Muskel in Earls Wange zuckte. Mehr war ihm nicht anzumerken. Antonia DiMatto betrachtete Sams Tochter aufmerksam, um die ersten Anzeichen eines Nervenzusammenbruchs frühzeitig zu entdecken. Aber was sie sah, war eine sehr zerrüttete, aber sehr starke junge Frau, die Schweres durchgestanden hatte.
“Sprechen Sie weiter”, sagte Earl.
Jade nickte.
“Solomon war wütend und sagte mir, da meine Mutter jetzt fort war, müsste ich mir meinen Unterhalt selbst verdienen. Ich sagte ihm, dass wenn ich auf einen Stuhl stieg, könnte ich an das Spülbecken reichen, dann könnte ich abwaschen. Er strich mir über das Gesicht, dann zog er mir mein Nachthemd hoch, schob seine Hand zwischen meine Beine und sagte, das würde nicht ausreichen.
“Himmel”, murmelte Earl.
“Der Mann kam aus einer dunklen Ecke des Zimmers. Ich wusste nicht, dass noch jemand außer uns im Raum gewesen war. Ich schrie, dass ich wieder in mein Zimmer wollte. Solomon schubste mich zurück auf das Bett und ging hinaus. Ich … eh … er …”
Jade fing an zu hyperventilieren, als sie versuchte, Luft zu holen.
Luke nahm ihr Gesicht in seine Hände, bedeckte ihren Mund mit einer Hand.
“Sieh mich an, Süße, sieh mich an.”
Jade konzentrierte sich auf sein Gesicht.
“Jetzt atme ein”, flüsterte er.
Antonia DiMatto rückte jetzt näher an Jade heran. “Jade, das liegt in der Vergangenheit. Sie sind nicht mehr im lilafarbenen Zimmer. Sie sind in Ihrem eigenen Zimmer zusammen mit Ihrem Vater und mit Luke. Tun Sie, was er sagt. Atmen Sie ein und aus.”
Allmählich spürte Jade, wie die Panik verschwand. Sie erzitterte, dann stöhnte sie auf.
“Ich habe zu Gott gebetet, aber er hat mir nicht geantwortet.”
Luke fluchte.
Sam weinte.
Antonia DiMatto wusste zu dem Zeitpunkt, dass Jade noch lange brauchen würde, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Earl Walters starrte auf die Zeichnungen.
“Diese Bilder …”
Jade erschauderte noch einmal. “Die Gesichter. Sie verfolgen mich in meinen Träumen. Aber vielleicht verfolgte ich sie in ihren Träumen ja auch.”
Plötzlich verstand Earl, worum es hier ging.
“Wollen Sie damit sagen, dass der Mörder einer dieser Männer ist?”
Sie zuckte mit den Schultern. “Es könnte einer von ihnen sein … oder jemand, an den ich mich nicht mehr erinnern kann … oder Solomon.”
“Ist sein Bild darunter?”, fragte Earl.
Jade nickte. “Ja, ich habe ihn häufiger gezeichnet. Er ist der Mann mit dem Spitzbart.”
Earl blätterte durch den Stapel Papiere, bis er die Zeichnung fand. Jade hatte den Teufel gezeichnet, mit dem Gesicht von Solomon.
“Okay”, sagte Earl leise. Dann lehnte er sich vor, um unbeholfen Jades Knie zu tätscheln. “Miss Cochrane … Jade. Es tut mir fürchterlich leid, was Ihnen zugestoßen ist. Aber um den Mörder zu finden, muss ich vielleicht eine Presseinformation herausgeben.”
“Nein”, antwortete Jade, “bitte tun Sie das nicht. Die Leute werden denken, dass ich …”
“Dass du ein Wunder bist”, sagte Luke und zog sie dann dicht an sich. “Denk doch nur daran, wie vielen Kindern du dieses Schicksal ersparen kannst, wenn du der Polizei hilfst. Wenn diese Hunde noch nicht hinter Gittern sind, dann garantiere ich dir, dass sie weiterhin Kinder belästigen.”
Einen Augenblick lang herrschte Stille, als Jade darüber nachdachte, was Luke gerade gesagt hatte. Dann verließ sie ihr Verstand, als sie seinen Arm um ihre Taille spürte und hörte, wie seine Stimme an ihrem Ohr klang.
“Jade, antworte mir, Süße.”
Sie erschauderte, dann sah sie auf. “Tun Sie, was Sie tun müssen.”
Earl Walters nahm die Zeichnungen, stand auf und ging ohne sich umzudrehen hinaus.
15. KAPITEL
N achdem Jade die schlimmen Dinge aus ihrer Vergangenheit erzählt hatte, schien es ihr, als sei ihr eine große Last von den Schultern genommen. Sie wusste, dass die Medien jetzt alles Mögliche über sie verbreiten und Vermutungen anstellen würden, aber es war ihr nicht länger wichtig. Sam hatte sie nicht angewidert aus dem Haus geworfen, wie sie befürchtet hatte. Luke wusste es bereits und hatte sich nicht von ihr abgewandt. Das reichte, um sie nichts in der Zukunft mehr fürchten zu lassen.
Und noch etwas war passiert, als sie
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