Gefechte der Leidenschaft
Gelegenheit, näher auf die Angelegenheit einzugehen, die wir bei unserem letzten Treffen angesprochen haben.«
Lisette spürte, wie das Herz gegen ihren Brustkorb hämmerte. Er meinte seine Einführung in die Kunst der
Liebe! Sie hatte schon angenommen, die Sache sei im Trubel wichtigerer Ereignisse untergegangen oder das Ganze sei überhaupt nur eine leere Versprechung gewesen. »Eine ... angenehme Aussicht.« Sie räusperte sich. »Liegt die Plantage weit von der Stadt entfernt?«
»So ungefähr zwanzig Kilometer, glaube ich.«
»Dann kann ich ja allein dorthin fahren.«
Seine Miene verdüsterte sich. »Jemand muss Sie begleiten.«
»Ich bin sicher, für dieses Problem werden wir eine Lösung finden«, lenkte sie ein.
»Sicher«, sagte er, klemmte sich seinen Stock unter den Arm und tippte zum Abschied an die Krempe seines Zylinders. »Weitere Einzelheiten finden Sie auf Madame Herriots Einladung. Also dann bis zur Landhausparty.«
Sie hatte erwartet, dass sich Caid ihr als Begleiter anbieten würde. Dass er es nicht getan hatte, fand sie verwirrend und ärgerlich. Sie schaute den beiden Männern nach und sagte zu Agatha: »Monsieur O'Neill war in einer merkwürdigen Stimmung, findest du nicht?«
»So sind Herren oft, besonders, wenn sie sich in einer unangenehmen Lage befinden.«
»Unangenehm?«
»Sie stehen nicht gern in der Schuld einer Frau. Zu allem Überfluss hat man ihm das Gefühl gegeben, er sei keine anständige Gesellschaft, er wurde beschuldigt, unter dem Deckmantel eines Duells einen ehrlosen Mord begangen zu haben, er muss private Gespräche in der Öffentlichkeit führen und darf auf Grund einer Unmenge von Regeln und Verboten nicht mehr offen als dein Beschützer auftreten, was zur Folge hat, dass du dich in Gefahr befindest. Da würde wohl jeder Mann die Geduld verlieren.«
»Ja, du hast vermutlich Recht.« Allerdings schien es Lisette, die noch immer dem irischen Fechtmeister nachblickte, dass seine schlechte Laune nicht gerade ihre Vorfreude auf das Stelldichein auf dem Lande steigerte.
Der Morgen, an dem sie sich auf den Weg zur Herriot-Plantage machen wollten, war bewölkt und drückend heiß. Kein Lüftchen regte sich, als Lisette zur Stadt hinausfuhr, Agatha neben sich auf dem Kutschbock des Phaeton und Figaro aufrecht zwischen ihnen sitzend. Begleitet wurden sie von einer Gruppe von Reitern, die sich aus Denys Vallier, Armand Lollain, Hippolyte Ducolet, Francis Dorelle und, als nettem Zuwachs, Richter Reinhardt zusammensetzte. Die Nachhut bildete Gustave Bechet, der mit seiner Mutter in einer altersschwachen Kutsche fuhr.
Kein einziger Fechtmeister leistete ihr Gesellschaft.
Die Eskorte war so respektabel, dass es Lisette ganz kribbelig machte.
Es war schon komisch, wie sehr sie sich an den Umgang mit gefährlichen Lebemännern, Bohemiens und anderen gesellschaftlichen Außenseitern gewöhnt hatte. Zu ihnen zu gehören, war aufregender als alles, was sie jemals erlebt hatte. In ihrem Kreis fühlte sie sich lebendig und aufgehoben, fast wie in einer Familie. Der Gedanke an die Landhausparty und die langen Stunden, die sie in der Gesellschaft dieser Menschen verbringen würde, machte sie froh und ihre Stimmung hob sich mit jedem Kilometer, den sie sich weiter von der Stadt entfernte. Schon bald würde sie Caid und Nicholas Wiedersehen, vielleicht auch Rio da Silva und seine Celina und sogar Blackford, den Engländer. Es würde zwanglose Gespräche mit Leuten geben, die ihre Gefühle und Interessen teilten, und sie würde sich nicht ständig in Acht nehmen müssen, ob auch ja die Schicklichkeit gewahrt wurde. Ob es nicht für ihren Charakter sprach, dass die Aussicht darauf sie stärker in freudige Erregung versetzte als alle Vergnügungen, die Madame Herriot geplant haben mochte?
Sie waren schon ein Schlag für sich, diese Fechtmeis-ter, kraftvoll, aggressiv, furchtlos, in vieler Hinsicht eine verschworene Gemeinschaft. Sie stellten ein Idealbild der Männlichkeit dar und genau das - und nicht etwa ein bestimmter Mann - war es, was sie so anzog. Ihre Haut brannte bei der bloßen Vorstellung, von einem von ihnen berührt zu werden. Sie sehnte sich nach der vollkommenen Sicherheit körperlicher Nähe. Manchmal, wenn sie nachts aus fiebrigen Träumen erwachte, kam es ihr vor, als sei sie hoffnungslos verdorben, wenn schon nicht in ihren Taten, so doch zumindest im Geiste, so sehr verstörten sie die Reaktionen ihres Körpers auf diese Fantasiebegegnungen. Es konnte nur ein
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