Gefechte der Leidenschaft
gefüllt werde. Oder wenn sie bloß ein Bein ausstrecken und dazu grunzen, um anzudeuten, dass man ihnen die Stiefel ausziehen soll.«
»Aber für solche Aufgaben gibt es doch Leute.«
»Diener, meinst du? Da müssten die Herren ja klingeln und warten, bis sie erscheinen. Warum sich denn die
Mühe machen, wo doch ihre Ehefrau jederzeit bei Fuß steht? «
Ihr bitterer Ton gab Caid zu denken und er fragte sich, ob er jemals stillschweigend davon ausgegangen war, dass die Frauen in seiner Nähe ihm zu Diensten sein mussten. Er konnte sich vage erinnern, wie sehr seine Mutter immer um seine Bequemlichkeit besorgt gewesen war, aber das hatte er nicht für eine Selbstverständlichkeit genommen. »Dieser Egoismus erstreckt sich wahrscheinlich auch auf das Ehebett. In diesem Fall könnte man verstehen, dass Ehefrauen eine gewisse ... Begeisterung vermissen lassen.«
Maurelle zog eine schön geschwungene Braue hoch. »Dieses Thema scheint dir ja gar nicht aus dem Kopf zu gehen, c her .«
Das musste Caid ehrlich zugeben, besaß aber so viel Anstand, sich dafür zu schämen. In der Tat ging ihm die Sache schon seit Tagen nach, seit dem Augenblick, als er erkannt hatte, warum sich Lisette weigerte, wieder zu heiraten.
»Und warum dieser Mangel an Begeisterung? Doch wohl nur, weil sich die Frauen darüber ärgern, dass die Männer rücksichtslose Forderungen an sie stellen«, sagte Maurelle schließlich.
Er schüttelte den Kopf. »Wohl eher, weil sie nie erfahren, wie es ist, wenn man gemeinsam zum Höhepunkt der Wonnen gelangt. Wenn man fühlt, welche Freude im gegenseitigen Geben und Nehmen liegt.«
Maurelle blickte ihn versonnen an, antwortete jedoch in leichtem, unverbindlichem Ton. »Was für neumodische Ideen, mon ami. Aber zweifellos werden sie deiner Frau gefallen, wenn du einmal heiraten solltest.«
»Vielleicht werden diese Ideen auch niemals in die Tat umgesetzt.«
»Das wäre jammerschade.«
Sekundenlang senkten sich Maurelles warme, braune
Augen in die seinen. Das Schweigen zwischen ihnen war voller Möglichkeiten und Andeutungen. Wenn er jetzt nur einen Finger rühren würde, dachte Caid, konnte er sie an sich ziehen, sie küssen und womöglich auch mehr. Sie war eine erfahrene Frau, unabhängig und neugierig. Er war ein leidenschaftlicher Mann mit normalen Bedürfnissen. Und er hatte wenig zu verlieren. Für ein Liebesabenteuer mit der Dame brauchte er nur die Hand auszustrecken und vielleicht würde er es sogar ein wenig ernst meinen. Vor noch nicht allzu langer Zeit hätte er diese Gelegenheit ohne Bedenken beim Schopf ergriffen.
Doch das brachte er jetzt nicht mehr fertig. Was sich eigentlich verändert hatte, wusste er nicht zu sagen, doch er hatte den Eindruck, dass es etwas Grundsätzliches und wohl auch Dauerhaftes war.
Weder er noch seine Gastgeberin machten die kleinste Bewegung. Da bog hinter der Wand aus immergrünen Eichen eine Kutsche in die Auffahrt ein. Beim Knirschen der Austernschalen auf dem Weg drehten sie sich beide um.
»Das ist ja eine richtige Kavalkade«, murmelte Maurelle mit drolligem Gesichtsausdruck, als sie auf den Phaeton mit seiner Eskorte hinunterblickte, dem Madame Bechets Reisekutsche und ein Gepäckwagen folgten, in dem offensichtlich ihre Zofe und Gustaves Diener saßen. »Es sieht tatsächlich so aus, als sei Madame Moisant eingetroffen.«
Bei aller Erleichterung und Freude, die Caid in diesem Moment empfand, war er doch ziemlich verstimmt. Ganz eindeutig zu viele Männer begleiteten Lisette. Einer oder zwei hätten für ihre Sicherheit völlig genügt, drei hätten noch mehr hergemacht, aber sechs waren einfach zu auffällig. Genau das hatte er vermeiden wollen. Wo waren die alle hergekommen und, was noch wichtiger war, was zum Teufel sollte er in den nächsten Tagen mit ihnen anlangen?
Er drehte sich steif um und bot Maurelle seinen Arm. Gemeinsam begaben sie sich hinunter zum Eingang, um die Neuankömmlinge zu begrüßen.
Lisette wirkte frohgemut, als sie den Phaeton vor der breiten Eingangstreppe schwungvoll zum Stehen brachte. Ihr Reisekleid war zwar schwarz, hatte jedoch graue Biesen, die genau zur Farbe ihrer Augen passten, und ein flottes Schultercape. Sie trug keine Haube, die ihren Gesichtskreis beim Fahren zu sehr eingeengt hätte, sondern einen röhrenförmigen Hut, umwickelt mit einem grauen Schleier, dessen Enden hinter ihr her flatterten. Ihre Augen funkelten vor Fröhlichkeit, sie lächelte strahlend und saß kerzengerade und ohne das geringste
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