Gefechte der Leidenschaft
»Du hältst also Ausschau. Gibt es etwas Besonderes zu sehen?«
»Eine Staubwolke auf der Uferstraße.« Er drehte sich zu ihr um und rückte beiseite, um Platz für ihre Röcke zu schaffen, mit denen sie vermutlich den gelben Pollenstaub der Bäume von seinen Stiefeln wischen würde.
»Ich hoffe für dich, dass es endlich Madame Moisant ist, oder zumindest einer deiner Freunde.«
»War ich so unausstehlich?«, fragte er zerknirscht.
»Wie ein Tiger im Käfig, der auf seine Mahlzeit wartet.« Maurelle klappte den Fächer auf, der an einer Kette von ihrem Gürtel hing, und bewegte ihn sacht vor ihrem Gesicht hin und her.
»Bitte verzeih mir. Im Warten bin ich nicht besonders gut. Aber wo wir gerade die Gelegenheit haben, möchte ich dir noch einmal sagen, wie dankbar ich dir bin, dass du diese Party arrangiert hast.«
»Ich bitte dich, das ist doch nicht der Rede wert. Ein paar ruhige Tage auf dem Land konnte auch ich sehr gut gebrauchen. Weißt du, ich war schon ziemlich fatiguee. Die Lustbarkeiten der Saison werden von Jahr zu Jahr anstrengender.«
»Warum machst du denn dann mit und bleibst nicht einfach auf dem Land? «
»Man möchte nicht so gern als Landei gelten.« Sie lächelte kurz. »Und außerdem genieße ich den Klatsch, die neuen Kleider und neuen Gesichter. Du weißt ja, ich langweile mich schnell.«
»Aber du bist zumindest offen und ehrlich.«
»O ja, das schon.« Sie sprach obenhin, doch ihr Blick ging von ihm weg über die Felder, die ihr den Reichtum einbrachten, den sie so offensichtlich genoss.
»Sag mal ...«, setzte er an und verstummte wieder, unsicher, wie er seine Frage stellen sollte.
»Ja, mon ami? «
»Hast du nie daran gedacht, wieder zu heiraten?«
»Willst du mir vielleicht einen Antrag machen?«
Er lachte kurz auf. »Ich denke, du kennst die Antwort und auch die Gründe dafür.«
»Ach ja, dass du keine Zukunftsaussichten hast.«
»Unter anderem.«
»Zu schade. Aber mal ganz ehrlich, ich mache mir nicht viel aus der Ehe und deshalb habe ich nicht die Absicht, mich noch einmal darauf einzulassen.«
»Du bist also zufrieden mit deinem jetzigen Leben?«
»Precisement. Ist das so schwer zu glauben?«
Caid schüttelte den Kopf und dachte daran, dass auch Lisette etwas Ähnliches gesagt hatte. «Dass du dir nicht viel daraus machst...» Er zögerte, im Zweifel, ob Maurelle wirklich verstehen würde, was er mit seiner Frage ausdrücken wollte.
»Du möchtest wissen, warum. Ist es das? «
»Zum Teil. Ich frage mich, ob es mit den Einschränkungen in der Ehe zusammenhängt, mit der Angst vor dem Kinderkriegen oder einfach mit einer Abneigung gegen die ehelichen Pflichten.«
Sie rückte einige Zentimeter von ihm ab. »Es steht dir nicht zu, eine so persönliche Frage zu stellen.«
»Nein, es tut mir Leid.«
»Warum interessiert es dich? O nein, lass mich raten. Madame Moisant hat etwas in dieser Richtung geäußert.«
»Ja, wenn du es unbedingt wissen willst.«
»Du möchtest also das Hindernis begreifen, um es aus
dem Weg räumen zu können? Eine löbliche Absicht, auch wenn es zu nichts führt.«
Caid verschränkte die Arme vor der Brust und runzelte die Stirn. »Warum das?«
»Das liegt doch wohl auf der Hand, oder? Frauen haben da ganz unterschiedliche Ansichten. Die einen stört dies, die anderen etwas anderes.«
»Ich habe dich gefragt.«
»Das stimmt.« Ihr Lächeln war ein wenig schief. »Also gut. Mich haben nicht die ehelichen Pflichten gestört, obwohl ich ihnen nicht viel abgewinnen konnte. Wahrscheinlich hatte ich einen zu unabhängigen, manche würden vielleicht sagen stolzen Charakter, um mich widerspruchslos dem Willen eines Ehemannes unterzuordnen. Ich bin einfach nicht dazu geschaffen, die Dienerin irgendeines Mannes zu sein, und ich will nicht tausend Mal am Tag wegen all der Nichtigkeiten herumkommandiert werden, die sich Männer einfallen lassen, um ihre Frauen zu schikanieren.«
»Aber das ist doch eine Lappalie, die man durch ein offenes Gespräch sicher aus der Welt schaffen könnte.«
»Wenn du das glaubst, dann kennst du die Wirklichkeit nicht. Die meisten Gentlemen sind mit der Überzeugung aufgewachsen, dass jeder ihrer Wünsche umgehend erfüllt, jedes ihrer Bedürfnisse befriedigt werden muss. Und dass die Frauen in ihrer Umgebung nur dazu da sind, ihnen das Leben so behaglich wie möglich zu machen. Sie denken sich nicht das Geringste dabei, wenn sie in ihren Sesseln herumlümmeln und mit dem Weinglas winken, auf dass es wieder
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