Gefechte der Leidenschaft
sich, dass auf dem mit Ziegeln gepflasterten Gartenweg, auf den nur zwei Personen nebeneinander passten, Caid neben Lisettes Freundin Agatha ging. Als Schlusslicht der kleinen Gesellschaft spazierten sie hinter Lisette und Blackford an den Wegeinfassungen aus Zitronenthymian und Veilchen entlang, von denen Duftwolken aufstiegen, wann immer die Röcke der Damen über sie hinwegstrichen.
»Es war sehr nett von Ihnen, dafür zu sorgen, dass ich zusammen mit Lisette zu diesem Ausflug eingeladen wurde«, eröffnete Agatha Stilton, die aufrecht wie ein Ladestock an seiner Seite schritt, das Gespräch.
Wie viel wusste sie?, fragte sich Caid. Ihre Miene verriet nichts. »Glauben Sie mir, das war Madame Herriots Idee.«
»Tatsächlich? Dann muss ich mich unbedingt bei ihr bedanken. Das Leben in der Stadt hat durchaus seine angenehmen Seiten, doch mich zieht es mehr aufs Land. Im Frühling ist es hier unvergleichlich schön.«
»Lieben Sie Gartenarbeit, Mademoiselle?«, fragte Caid, als Agatha sich bückte, um an einer Rose zu schnuppern und bei dieser Gelegenheit ein Unkrauthälmchen auszupfte.
»Nur rein theoretisch, Monsieur, da ich nie ein Stückchen Land besessen habe, um es auszuprobieren. Vielleicht eines Tages.«
»Sie müssen unbedingt Maurelle Bescheid sagen, wenn es so weit ist. Dann wird sie Ihnen sicher nur zu gern ein paar Rosenstecklinge abgeben.«
»Das wäre wirklich freundlich von ihr, aber es würde mich nicht überraschen. Die Dame hat sich bislang mehr als großzügig gezeigt. Ich kann Ihnen versichern, für Lisette bedeutet es sehr viel, und ich bin Ihnen dankbar, dass Sie ihr zu dieser Freundschaft verholfen haben.«
»Madame Moisant findet sehr leicht Freunde, besonders männliche.«
»Damit spielen Sie auf ihr Gefolge von heute morgen an, nicht wahr? Das war gar nicht geplant. Wir sind nur mit dem jungen Vallier losgefahren, doch dann überholten uns die anderen auf der Landstraße. Die liebe Lisette fuhr ganz langsam und vorsichtig, weshalb uns noch mehr Reiter einholen konnten. Und ehe wir es uns versahen, waren wir eine ganze Parade.«
Wollte die Dame ihn nur beruhigen? Aus ihrer spröden Miene ließ sich nichts ablesen. »Es steht mir nicht zu, ihr ihren Umgang vorzuschreiben.«
»Nein, da haben Sie wohl Recht. Aber ich möchte nicht gern, dass Sie denken, Lisette hätte ein Spektakel aus ihrer Ankunft machen wollen. Auch sie selbst würde nicht wollen, dass Sie das annehmen. Sie weiß sehr gut, wie tief sie in Ihrer Schuld steht.«
»Das tut sie keineswegs«, entgegnete Caid abweisend. »Ich habe immer nur versucht, das Unrecht wieder gutzumachen, dass ich ihr zugefügt habe.«
»Falls Sie damit meinen, dass Sie Eugene Moisant beseitigt haben, so kann ich darin nur eine Befreiung sehen.«
»So etwas deutete auch Madame Lisette an, aber vielleicht wollte sie nur höflich sein.«
Agatha Stilton verlangsamte ihre Schritte, bis sie beide noch weiter hinter den anderen zurückblieben. »Ich versichere Ihnen, so war es nicht. Ich erzähle nur ungern Vertrauliches weiter, aber ich denke, Sie sollten wissen, dass der Mann — ihn einen Gentleman zu nennen, bringe ich nicht über mich — absolut rücksichtslos in der Wahl seiner Mittel war, um Geld aus ihr herauszupressen. Auf so etwas war sie nicht gefasst gewesen. Als einsame junge Frau, die jahrelang allein mit ihrer kranken Mutter gelebt hatte, sehnte sie sich nach einer großen Familie, nach einem Kreis von Freunden und Bekannten, in dem sie sich heimisch und verstanden fühlen konnte. Stattdessen ließ Eugene Moisant sie völlig links liegen. Man kann es ihr wirklich nicht verdenken, wenn sie es sich zweimal überlegt, bevor sie wieder eine Verbindung eingeht.«
»Man darf nicht alle Männer über einen Kamm scheren.«
»Nein, aber wie soll man wissen, worauf man sich einlässt? Der wahre Charakter eines Ehemannes und seiner
Verwandten zeigt sich womöglich erst, nachdem das Jawort gesprochen wurde.«
»Es ist ein Glücksspiel, da gebe ich Ihnen Recht.«
»Eine Frau, die niemals eine wahre Vereinigung der Seelen erlebt hat, mag darin ein zu großes Risiko sehen. Wenn sie in dieser Hinsicht mehr Erfahrung hätte, erschiene ihr die Gefahr vielleicht nicht ganz so groß.«
Caid bemerkte Agathas eindringlichen Blick, als läge in ihren Worten noch ein verborgener Sinn. Wollte sie damit ausdrücken, dass Lisette keine Befriedigung im Ehebett gefunden hatte oder dass sie womöglich noch Jungfrau war? Die zweite Möglichkeit erschien
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