Gefechte der Leidenschaft
ihm geradezu unglaublich. Aber selbst wenn es stimmte, würde Agatha doch nie im Leben andeuten, dass er an diesem Zustand etwas ändern könnte! Oder doch?
»Erfahrung«, erwiderte er langsam, »gehört normalerweise nicht zu den wünschenswerten Eigenschaften einer Braut.«
»Aus Sicht des Bräutigams wohl nicht. Doch hier geht es nicht um sein Wohl, sondern um das meiner lieben Lisette. Die Erfahrungen, die sie machen musste, sind wahrscheinlich nicht ungewöhnlich für eine Witwe.«
Caid wurde dieser allgemeinen Diskussion allmählich überdrüssig. »Wollen Sie damit andeuten, dass sie womöglich nie wieder heiraten wird, falls sie die besagte Erfahrung nicht macht? «
»Ja, oder keinen Eindruck davon bekommt, was Eheglück wirklich bedeutet.«
Caids Nacken wurde heiß, als er sich vorstellte, dass Lisette sein Vorhaben mit ihrer Gefährtin besprochen haben könnte. »Eine Ahnung davon kann sie bekommen, wenn sie sich da Silva und seine Celina anschaut. Die beiden passen in jeder Hinsicht hervorragend zueinander.«
Rote Flecken bildeten sich auf Agathas Wangen und sie wandte den Blick ab. »Das stimmt wohl, doch ich zweifle daran, dass es genügen würde. Da sind wohl greifbarere Beweise erforderlich.«
»Sie meinen ...«
»Das überlasse ich Ihrer Fantasie, mein Herr. Und Ihrer freundlichen Gefälligkeit.«
Gefälligkeit? Das Wort passte nun ganz und gar nicht zu der plötzlichen Hitze, die ihn bei dem Gedanken an jede Art von körperlicher Verbindung mit Lisette Moisant überflutete. Doch seltsamerweise gefiel es ihm, dass man ihn als geeignet dafür ansah.
Sie sprachen nicht weiter, da die Gruppe vor ihnen stehen geblieben war, um die Inschrift auf einer verwitterten Sonnenuhr zu entziffern, die in einem rautenförmigen Beet an einer Weggabelung stand. Caid und Agatha gesellten sich zu ihnen und das war auch gut so, denn um nichts in der Welt hätte er gewusst, was er auf ihre letzte Bemerkung erwidern sollte.
Die Gäste verließen den Rosengarten und begaben sich auf die untere Galerie, wo Getränke gereicht wurden. Für die Damen gab es Sangaree — gewürzten, mit Wasser verdünnten Wein — und mit Orangenblütenwasser abgeschmeckten, mit Eisstückchen gekühlten Pfefferminztee. Die Herren bekamen Wein — Madeira oder Palmes Margaux - und kühles biere Creole. Und damit erst gar kein Hungergefühl aufkommen konnte, wurde eine Auswahl an Knabbereien serviert, darunter Schälchen mit Oliven und Mandeln, Weinbrandkirschen und Platten mit Makronen.
Diejenigen, die Lust dazu hatten, und das waren vor allem die Älteren, zückten die Spielkarten und waren bald in eine Partie bouree vertieft. Eine andere Gruppe hatte sich um das Klavier im Musikzimmer neben der Galerie versammelt, von wo gefällige Melodien sacht und leise ins Freie drangen. Ein oder zwei Paare tanzten auf die Galerie hinaus und wirbelten um das ganze Haus herum, wobei sie leichtfüßig den Tischen und Stühlen auswichen. Caid hatte sich zum Singen überreden lassen und gab ein paar irische Lieder zum Besten, bevor Rio, Nicholas und Blackford mit einstimmten und sie als Quartett The Rose of Tralee sangen.
Gegen Abend, als Kartenspiel, Musik und Tanz langsam ihren Reiz verloren, ließ man Textbücher bringen und studierte sie mit der Absicht, am Sonntagabend ein Amateur-Theaterstück aufzuführen — ein Plan, den die Damen mit Entzückensrufen und die Herren mit Stöhnen quittiert hatten. Die Runde entschied sich für Sheridans schon seit Ewigkeiten beliebtes Stück >die Lästerschule<, eine Salonkomödie, die eine kleine Besetzung und kaum Szenenwechsel erforderte und daher für die relativ kleine Gruppe geeignet war. In dem Stück ging es um die üblen Absichten und geheimen Machenschaften einiger bösartiger Klatschmäuler und Caid wurde den Verdacht nicht los, Maurelle habe das Stück mit bewusster Ironie ausgesucht. Doch er würde ihr nicht die Genugtuung geben, sie darauf anzusprechen. Die Damen machten sich sofort ans Werk und schrieben schon die Texte der Rollen ab, obwohl diese noch gar nicht verteilt waren. So vergingen Nachmittag und Abend, bis es schließlich dunkel wurde und die Gäste vor dem Sirren der Moskitos ins Haus flüchteten.
Das Abendessen war nicht so aufwändig wie die Mittagsmahlzeit und umfasste lediglich eine cremige Suppe aus Fisch und Reis sowie Tomatensuppe, gefolgt von gegrilltem Pampanofisch in Sauce, Truthahn mit Austertunke, Rinderzunge, warmen Fleischkuchen, Lyoner Würstchen, Hühnersalat, in
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