Gefechte der Leidenschaft
Training wäre viel umständlicher und weniger wirkungsvoll, wenn sie nicht in Hemdsärmeln fechten konnten. »Ich finde, wir sollten es so unauffällig wie möglich machen und hoffen, dass wir damit fertig sind, bevor sie aufstehen.«
»Du willst also nicht für eine zusätzliche Attraktion auf Madame Herriots Landhausparty sorgen? Das ist aber äußerst ungefällig von dir, mon ami«, stellte Nicholas mit trägem Grinsen fest.
»Dass ich bei ihrer verdammten Party überhaupt mitmache, muss ihr genügen.«
Mit diesem offenherzigen Stoßseufzer erntete Caid allerseits Gelächter. Er schüttelte den Kopf und wandte den Blick ab, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sich in einem etwas weiter entfernten Raum, der wohl von Maurelles verstorbenem Mann als Studierzimmer genutzt worden war, ein Schatten bewegte. Er konnte ihn nur flüchtig wahrnehmen, doch das reichte aus, um die weiten Röcke einer Frau und das unverkennbare Profil von Madame Lisette Moisant zu erkennen. Dann verschwand der Schatten und das Licht wurde durch die geschlossenen Fensterläden gedämpft. Das leise Klirren der Messingringe verriet, dass die Vorhänge für die Nacht zugezogen wurden.
Das heiße Begehren traf Caid wie ein Schlag in den Magen. All seine Sinne waren auf das Zimmer gerichtet, in dem sich Lisette aufhielt, und sein Verlangen, zu ihr zu eilen, war so unwiderstehlich, dass ihm der Schweiß aut die Stirn trat.
Dennoch plauderte er noch einige Minuten über dies und das und trank seinen Brandy aus. Dann drückte er die angerauchte Zigarre in einem Messing-Spucknapf aus
und sagte beiläufig: »Ich werde jetzt gute Nacht sagen. Wir sehen uns dann morgen in aller Frühe.«
Gemurmel und Gutenachtwünsche folgten ihm, als er davonging. Er antwortete über die Schulter, schaute sich aber nicht mehr um.
Caid betrat das Haus und durchquerte geräuschlos den Salon, von dem das Studierzimmer abging. Dort verharrte er für einen Moment vor der Tür und lauschte, ob Lisette womöglich nicht allein war. Der Türknauf drehte sich lautlos in seiner Hand, er glitt ins Zimmer, schloss die Tür und lehnte sich dagegen. Falls Lisette etwas gehört hatte und wusste, dass er da war, ließ sie es sich zumindest nicht anmerken.
Über dem kleinen Schreibtisch, an dem sie saß, hing ein Moskitonetz aus elfenbeinfarbener Gaze von der Holzdecke herab. Es bildete einen durchsichtigen Baldachin und wehte sacht in der warmen Luft, die von der einzigen, großen Kerze aufstieg. Halb darunter verborgen, wie in einer Laube, saß Lisette auf einem kleinen Stuhl, gegen helle Seidenkissen gelehnt, und war dort wenigstens vor den geflügelten Angreifern sicher. Einen gläsernen Behälter für Schreibfedern und ein Tintenfass vor sich, ließ sie die Feder über einen Briefbogen aus schwerem Papier gleiten. Da ihre Augen zwischen dem Bogen und einem zweiten Blatt Papier hin- und hergingen, vermutete Caid, dass sie einen Rollentext für das Theaterstück abschrieb, doch sie mochte ebenso gut einen Brief beantworten.
Sie schien seine Anwesenheit nicht zu bemerken und schrieb stetig weiter. Doch irgendetwas in der Haltung ihrer Schultern und des geneigten Kopfes sagte ihm, dass sie sich verstellte. Sie hätte ihn spätestens dann wahrnehmen müssen, als Figaro, der halb hinter der Gardine versteckt lag, ihn mit einem Schwanzwedeln begrüßt hatte. Caid wollte es einfach so sehen, wollte glauben, dass Lisette ihn erwartete. Anderenfalls wären seine Absichten, genährt von seinen leidenschaftlichen Fantasien und wilder Begierde, abgrundtief ehrlos gewesen.
Der Druck eines harten Gegenstandes im Rücken verriet ihm, dass der Schlüssel im Schloss steckte. Er griff lese hinter sich und drehte ihn langsam und vorsichtig herum.
Vierzehntes Kapitel
Beim leisen Klicken des Schlosses hob Lisette den Kopf wie ein Reh, das Gefahr wittert. Sie drehte sich schnell um und sah Caid mit dem lautlosen, geschmeidigen Gang eines Raubtiers auf sich zukommen. Durch das Gazezelt, unter dem Maurelies Mann jeden Abend die Bücher der Plantage geführt hatte, bemerkte sie den entschlossenen und wachsamen Ausdruck auf seinem Gesicht und ihr stockte der Atem. Tausend Ängste und Empfindungen stürmten auf sie ein, als sie in einer plötzlichen Welle von Erkenntnis begriff, weshalb er gekommen war.
Er wollte ihre Herausforderung annehmen. Endlich.
Ihr Herz klopfte wie besessen und der Gedanke an das, was nun auf sie zukam, raste wie flüssiges Feuer durch ihren Kopf. Sie fuhr sich
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