Gefechte der Leidenschaft
stimmt, in London gibt es wirklich Damen, die selbst fahren«, bestätigte Blackford. »Die meisten von ihnen sind aber sportlich veranlagt und können gut mit Pferden um-gehen. Sie scheinen mir doch eher von zarter Konstitution, Madame, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
»Das dürfen Sie nicht, Monsieur!« Lisette ließ den Fächer aufschnappen, der an ihrem Handgelenk hing, und fächelte sich die erhitzten Wangen. »Ich bin ganz und gar nicht zart und ich könnte fast schwören, Sie haben sich für diese Einschätzung mit Monsieur O’Neill abgesprochen.«
»Ich versichere Ihnen ...«
»Das hat er nicht«, sagte Caid mit Entschiedenheit. »Obwohl ich ebenso denke wie er.«
Vallier, der eine Gelegenheit witterte, sich beliebt zu machen, mischte sich ein: »Ich glaube, mit dem richtigen Pferd und Wagen würde Madame Moisant ausgezeichnet kutschieren.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Lisette spitz. »Ich will mich ja nicht als Straßenschreck aufführen oder einen Rollwagen mit acht Maultieren davor kutschieren, aber schließlich ist es nicht so, als hätte ich noch nie einen Wagen gelenkt. Ich bin oft mit meinem Vater gefahren und eine leichte Equipage, vielleicht ein Phaeton mit einem guten Pferd, wäre genau das Richtige.«
»Falls Sie Begleitung wünschen, bin ich stets mit Freuden zu Diensten«, beeilte sich der Jüngling zu versichern.
»Zu liebenswürdig von Ihnen, Monsieur, aber zunächst einmal brauche ich sachkundigen Rat.«
Caid hatte den Eindruck, als sandten ein oder zwei der umstehenden Männer verstohlene Blicke in seine Richtung. Kein Wunder, dachte er, denn er merkte selbst, wie finster er dreinblickte. Mit einem unterdrückten Fluch fuhr er sich mit dem Finger glättend über die Stirn.
»Es gehört zu meiner Überzeugung, dass die Bitte einer Dame nie unerfüllt bleiben darf«, sagte Blackford unbefangen. »Außerdem stehe ich in dem Ruf, einen recht guten Pferdeverstand zu besitzen. Daher stelle ich mich Ihnen, Madame Moisant, oder jedem, der Ihnen nahe steht, in dieser Sache gern zur Verfügung.«
Das Angebot hing im Raum wie ein zu schweres Parfüm. In den höflichen Worten lag sowohl Aufrichtigkeit als auch eine Herausforderung, dachte Caid, doch wenn er ärgerlich darauf reagierte, würde er sich Lisettes Unwillen zuziehen oder etwas in Gang setzen, dass er nicht zu Ende bringen durfte. Also wartete er mit zusammengepressten Lippen ab, wie sie antworten würde.
»Wie überaus zuvorkommend von Ihnen, Monsieur«, sagte sie. »Ich werde mir Ihre Erfahrung zu Nutze machen — mit Pferden, versteht sich.«
Die kleine Zweideutigkeit war unbeabsichtigt, davon war Caid überzeugt, als er sah, wie Lisette zart errötete. Trotzdem ärgerte er sich darüber und sagte, fast gegen seinen Willen: »Irland ist berühmt für seine Pferde und ich bin auf einem Bauernhof mit Pferden aufgewachsen. Wenn Sie mir also die Ehre erweisen wollen, wäre ich gern bei diesem Unternehmen dabei.«
»Wie Sie wünschen, Monsieur.«
Bei diesen Worten senkte Lisette die Augen, doch immerhin gab sie ihre Zustimmung, wenn auch etwas halbherzig. Caid war klar, dass er eine Niederlage hatte einstecken müssen, obwohl er nach wie vor überzeugt war, dass Pferd und Wagen das Letzte waren, was Lisette brauchte. Diese Schlappe konnte er nur schwer verwinden.
So verging der Abend. Ein paar Männer verließen die Runde, um sich lebhafteren Vergnügungen zuzuwenden, dafür trafen andere ein. Vielleicht war es der Reiz des Neuen für diese Männer, die selten zu schwererer Lektüre als der Tageszeitung gegriffen hatten, seit sie der Fuchtel ihrer Hauslehrer entronnen waren. Doch da Kreolen jederzeit ein Gesprächsthema finden konnten, war die Unterhaltung lebhaft und die Gläser mit Claret und Rum, die Felix herumreichte, lösten noch zusätzlich die Zungen. Da die Türen in dieser milden Nacht offen standen, wehten Düfte aus dem Hof herauf, die ein spätes Abendessen im Freien versprachen. Der Koch, den Freret - nun auf hoher See auf halbem Weg nach Frankreich - zurückgelassen hatte, war bekannt für sein Geschick bei der Zubereitung von Meeresfrüchten, was teilweise die Anziehungskraft des Salons erklären mochte. Doch die Hauptattraktion, das musste sich Caid eingestehen, war und blieb Lisette.
Sie saß einfach entspannt da und erfreute sich an ihren Gästen und den angeregten Gesprächen um sie herum. Olt erklang ihr silbriges Lachen und ab und an ließen ihre schlagfertigen Antworten erkennen, dass sie
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