Gefechte der Leidenschaft
Blick über den Tellerrand zu tun. Mein nächster Ehemann muss stark, wachsam und umsichtig sein und mit Degen und Pistole umgehen können, denn möglicherweise kommt er in die Verlegenheit, sich selbst oder meine Ehre verteidigen zu müssen. Am besten wäre wohl ein Mann, den man bekanntermaßen besser nicht reizt. Ein solcher Ruf würde wohl meinen Schwiegervater von weiteren Winkelzügen abhalten.«
»Ist das alles?«, fragte Caid, als sie mit ihrer Wunschliste fertig war. Sein Temperament, das er bisher so mühsam gezügelt hatte, wollte schon wieder mit ihm durchgehen.
Ruhig und überlegt fuhr sie fort: »Es wäre ganz nett, wenn er einigermaßen ansehnlich wäre und so täte, als sei er schrecklich in mich verliebt, denn sonst wäre es unglaubwürdig, dass ich meine Trauer ihm zuliebe beende.«
»Mit anderen Worten, ein Fechtmeister. Sollte er nicht vielleicht auch Europäer sein? Dann könnte er sich darauf berufen, dass er von den Spielregeln der kreolischen Gesellschaft keine Ahnung hat.«
»Warum habe ich bloß nicht selbst daran gedacht?«, murmelte sie, ganz angetan von der Idee.
»Also Pasquale.«
Ihre Wimpern zitterten ein wenig, als sie ihm einen prüfenden Blick zuwarf. »Der Italiener? Lieber nicht. Der Engländer auch nicht, immerhin kenne ich die beiden kaum.«
Caid hörte, wie der Regen vom Dach auf das Straßenpflaster klatschte und in den Regenrohren rauschte, die zur Zisterne im Hof führten. Sein feuchter Hauch schien ins Zimmer zu dringen und es mit dem Duft nach nasser Erde und Blumen zu erfüllen. Caids Stimme war ein wenig rau, als er wieder sprach. »Mich kennen Sie doch auch nicht.«
»Möchten Sie sich selbst vorschlagen?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf, auch, um wieder Ordnung in seine Gedanken zu bekommen. »Ich dachte, Sie ...«
»Ein interessantes Angebot, das muss ich schon sagen. Sie würden die erforderlichen Eigenschaften mitbringen.«
»Es ist unmöglich.« Er fühlte, wie sein Herz gegen die Rippen schlug. Ihr interessierter und zugleich amüsierter Gesichtsausdruck fesselte ihn.
»Tatsächlich? Ich wüsste nicht warum, zumal es doch Ihre eigene Idee war.«
Er schaute sie unverwandt an und staunte, wie hartnäckig und furchtlos sie war. Sie hielt seinem Blick stand und nur das schnelle Heben und Senken ihres Busens unter dem engen Mieder ließ erkennen, wie erregt sie war. Um sie von ihrem Vorhaben abzubringen, brauchte es schon eine besonders überzeugende Erklärung. Also sagte er kurz entschlossen: »Dann will ich es Ihnen zeigen.«
Ohne zu zögern schob er seinen linken Rockärmel hoch, löste den goldenen Manschettenknopf und krempelte die weiße Leinenmanschette auf. Dasselbe tat er mit dem anderen Arm und legte dann die Manschettenknöpfe auf ein Beistelltischchen. Darauf ballte er die Fäuste, drehte sie um und streckte Lisette beide Arme entgegen, als seien seine Handgelenke aneinander gefesselt.
Im gedämpften Licht der Kerzen schimmerten die alten, rostroten Male der Handeisen wie blutige Striemen. Sie hatten sich tief ins Fleisch eingegraben und waren von dicken Narbenwülsten umgeben. Ringsum sie sah man die hellen Narben alter Degenschmisse, die er in zahllosen Übungskämpfen davongetragen hatte. Seine goldene Sonnenbräune, eine Folge des Trainings im Freien, mischte sich mit dem rötlichen Ton der Male. Dennoch waren sie deutlich sichtbar und würden immer ein unvergänglicher Teil von ihm sein.
»Oh, Caid«, flüsterte sie und legte sanft ihre Finger auf die Stellen, an denen sein Puls unter der Haut schlug, »was haben sie dir angetan?«
Sie hatte ihn geduzt. Er fragte sich, ob ihr das eigentlich bewusst war. »Davon habe ich Ihnen erzählt, als wir uns das erste Mal trafen.«
»Ja, aber damals habe ich es nicht verstanden.«
»So geht man eben mit Verbrechern um.« Er wollte ihr seine Hände entziehen, doch sie umfasste mit festem Griff seine Handgelenke. Also hielt er still, doch es kostete ihn so viel Überwindung, dass sich ein feiner Schweißfilm auf seiner Stirn bildete.
»Und deswegen glauben Sie, dass Sie nicht zum Ehemann taugen?«
»Zum Ehemann einer Dame.«
»Auch nicht, wenn die Dame es wünscht?«
»Ich will nicht, das jemand mit meinem Namen zugleich auch meine Schande teilen muss. Nennen Sie es Stolz.«
»Sollte ich es nicht eher Überheblichkeit nennen?«
»Das macht keinen Unterschied. Wie der Narr, der seinen kahlen Schädel mit der Schellenkappe bedeckt, ziehe ich es vor, mit meiner Schande zu leben, ohne
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