Gefechte der Leidenschaft
dumm bin ich hoffentlich nicht, dergleichen anzudeuten.« Über Blackfords aristokratische Züge flog ein verblüffend warmes Lächeln.
»Was dann?«
»Die Fähigkeit, in Gesichtern zu lesen, kann in unserem Beruf sehr nützlich sein, wie Sie mir wohl beipflichten werden. Ich habe mich bemüht, dieses unbedeutende Talent zu entwickeln.«
»Das war wohl sehr mühsam.«
»Schrecklich.« Da war wieder dieses Lächeln. »Doch ich könnte mir vorstellen, dass auch Sie darüber verfügen. Doch es kann auch auf anderen Gebieten sehr nützlich sein.«
»Zum Beispiel?«
»Sie sind sehr direkt, wie ich sehe. Ungewöhnlich für einen Iren. Doch auch ich kann ein offenes Wort sprechen, wenn es sein muss. Als ich gestern Abend bei Alvarez war, erwähnte jemand ein eigenartiges Duell an einem abgelegenen Ort, ohne Sekundanten und Zeugen, aber aus einem ganz bestimmten Anlass. Der Conde, also Ihr Freund da Silva, war auch in dem Lokal, und als die Geschichte erzählt wurde, schaute er sich um. Ich hatte den Eindruck, er suchte Sie beide. Vielleicht wollte er herausfinden, ob Sie schon etwas von der Sache wussten.«
»Wir waren nicht dabei.« Nicholas umklammerte seine Tasse so fest, dass die Fingerspitzen ganz weiß wurden.
»Zweifellos hatten Sie woanders zu tun. Der liebste Zeitvertreib der Männer in dieser Stadt sind die Frauen, habe ich mir sagen lassen.«
»Das gilt wohl für die meisten Männer überall auf der Welt«, gab Caid zurück.
»Mit dem Unterschied, dass sie hier dazu stehen und sich sogar damit brüsten. Wirklich sehr erfrischend, nicht wahr? Nur dass ich von Frauen in der Mehrzahl sprach und es sich bei Ihnen wohl eher um die Einzahl dreht.«
»Wollten Sie nicht offen sprechen?«
»Das ist nicht gerade eine geistige Herausforderung, aber wie Sie wünschen. Wenn Sie bei der Damenwelt den Beschützer spielen, so ist das Ihre Angelegenheit. Ich interessiere mich eher für Ihre Donquichotterien.«
»Als wenn es bei uns so etwas gäbe«, murmelte Nicholas und schlürfte den letzten Tropfen seines gesüßten Kaffees.
»Ich denke, die gibt es schon. Die Opfer der jüngsten Verurteilungen im Schnellverfahren wurden so glatt und prompt erledigt, dass es sehr auffällig ist. Und eines dieser Opfer traf wohl auf einen linkshändigen Fechter.« Blackford richtete einen durchdringenden Blick auf die Kaffeetasse, die La Roche noch immer in der linken Hand hielt. »Das sieht mir sehr nach einem Triumvirat der Fechtmeister aus.«
»Nicht bloß nach einem?«
»Nein, falls er nicht an zwei Orten zugleich sein kann. Zwei von diesen Strafgerichten mit dem Degen geschahen anscheinend in derselben Nacht.«
Caid schaute Nicholas an, der nur gleichgültig die Achseln zuckte. Dann sagte er zu Blackford: »Und was für ein Interesse haben Sie an dieser Geschichte?«
»Ich will unbedingt mitmachen.«
»Warum? Natürlich nur mal angenommen, so etwas gäbe es wirklich«, fügte Caid mit süffisantem Lächeln hinzu, wohl wissend, dass seine Frage so gut wie ein Eingeständnis gewesen war.
»Vielleicht aus Langeweile?«
»Aufregung wird in der Satzung nicht garantiert.«
»Das altes Leid ebensowenig gelindert wird, nehme ich mal an, aber erzählen Sie mir nicht, dass solch eine Aktion keine heilsame Wirkung hat.«
Irgendetwas in der Miene des Engländers beschwichtigte Caids Misstrauen und plötzlich konnte er einen Blick in das innerste Wesen des anderen tun, so als seien seine Augen Fenster aus blauem Glas. Und was er dort sah, waren Qual und tiefer Kummer und noch etwas anderes, etwas, das sich mit letzter Kraft ans Leben klammerte.
»Monsieur«, begann Nicholas, »es tut Leid, Sie enttäuschen zu müssen ...«
»Halt«, unterbrach Caid ihn. Er traf gerade eine seiner seltenen gefühlsmäßigen Entscheidungen. »Wenn Ihnen wirklich daran gelegen ist, ab und an Unrecht wieder gut zu machen, werden wir uns mit Freuden Ihrer Klinge bedienen. Doch wenn wir künftig zu viert sein sollen, müssen auch Sie einen Eid schwören und ein Losungswort nennen. Sind Sie dazu bereit?«
»Eines, das zu den anderen Parolen passt? Nennen Sie sie mir und ich werde eine geeignete Losung finden.« Als sich die goldenen Wimpern seines Gegenübers senkten und alle Sünden, die jemals von oder an ihm begangen worden waren, verbargen, empfand Caid es wie einen Verlust.
»Rache«, sagte Nicholas leise.
»Tapferkeit«, fügte Caid hinzu. »Und dann noch, für da Silva, Wachsamkeit.«
Blackford lächelte. »Mein Losungswort soll
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