Gefechte der Liebe: Roman (German Edition)
man ihm dafür versprochen hat, dass er dir eine Nachricht überbringt. Wer ist es nun wirklich? Ein Straßenjunge mit einer bösen Mutter oder dein Waisenkind?«
»Ich habe keine Ahnung«, gab Alana zu, dann musste sie jedoch lachen. »Wahrscheinlich Henry. Er muss gedacht haben, dass er mich mit diesem Märchen schneller zu Gesicht bekommt. Aber jetzt geh bitte hinaus, damit ich mich anziehen kann, dann werden wir es gleich erfahren.«
Er schloss die Tür hinter sich. Sie warf sich eilends in ein hochgeschlossenes lavendelfarbenes Kleid, das in dem schummrigen Licht der Lampe, die Christoph am Morgen wohl wieder angezündet hatte, fast dunkelviolett aussah. Es war ganz bestimmt Henry, der sie aufgesucht hatte, trotz dieses improvisierten Märchens, aber warum jetzt schon? Sie hatte doch erst gestern mit Poppie gesprochen, wenngleich viel zu kurz. Hatte er vielleicht schon etwas Neues herausgefunden?
Als sie ins Wohnzimmer kam, flog ihr sofort Henry in die Arme. So viel zu seinem Versuch, einen wildfremden lubinischen Straßenjungen zu spielen. Sie umarmte ihn herzlich, bemerkte aber, dass Christoph sie beide interessiert beobachtete.
»Ich hab’ mir vor Angst fast in die Hosen gemacht, als sie mich nicht zu dir lassen wollten«, erzählte Henry.
»Ach nein, du warst einfach nur zu früh dran. Wie du siehst, geht es mir gut. Ich stehe unter dem Schutz des Hauptmanns der Palastgarde. Unter seiner Obhut kann mir nichts passieren.«
Sie sprach Englisch, damit Henry alles und der Hauptmann möglichst wenig verstand.
Henry musterte Christoph. »Er?«
»Ja, er. Und nun, was führt dich zu mir?«
»Kann ich es vor ihm sagen?«, flüsterte Henry ihr ins Ohr.
»Ja, er versteht uns nicht.«
Henry nickte und wiederholte, was man ihm gesagt hatte. »Es gibt zwei Spione hier, den Dieb und noch eine andere Palastwache. Beide wollen dir etwas antun. Du sollst es ihm sagen.« Henry deutete mit einer Kopfbewegung zu Christoph. »Solange die beiden frei herumlaufen, bist du hier nicht sicher.«
Alana wurde kreidebleich, auch wenn sie sich das nach der letzten Nacht schon gedacht hatte. Aber ihre Reaktion war so deutlich, dass sie Christoph nicht entging.
»Was beunruhigt dich so?«
Sie zögerte nicht, zu antworten. Die neue Information untermauerte nur das, was sie ihm bereits erklärt hatte, und zudem hatte sie Poppies Erlaubnis, mit ihm darüber zu sprechen. »Was ich dir letzte Nacht gesagt habe, habe ich von Poppie erfahren – gestern auf dem Volksfest.«
»Er war dort?«, fragte Christoph, offensichtlich überrascht.
»Für einen kurzen Moment, ja. Er sagte, der Dieb und eine Palastwache arbeiten für dieselben Leute, die ihn vor achtzehn Jahren angeheuert haben. Er wollte sie verfolgen, um mehr herauszufinden, aber jetzt denkt er, es sei noch wichtiger, dass du es erfährst. Sie wissen von dem Armband, und das heißt, sie wissen auch, dass ich vor achtzehn Jahren nicht gestorben bin – und das wollen sie ändern.«
Er seufzte. »Oder diese Nachricht ist frei erfunden, um deine Behauptungen zu stützen.«
Beide hatten denselben Gedanken, jedoch in exakt entgegengesetzte Richtungen. Herrgott, es war zum Verzweifeln! Christoph hatte behauptet, er wollte unvoreingenommen sein, und jetzt versuchte er es nicht einmal? Warum? Was wusste er, das Alana nicht wusste? Warum war er so davon überzeugt, dass alles, was sie sagte, eine Lüge war?
Henry blickte zwischen den beiden hin und her und fragte sie: »Er glaubt dir nicht, dass du hier bist, um einen Krieg zu verhindern?«
»Noch nicht«, antwortete sie. »Aber sag Poppie das nicht, wenn du ihn siehst! Ich will nicht, dass er sich noch mehr Sorgen um mich macht als ohnehin schon.«
Henry nickte. »Ich muss gehen.«
Sie umarmte ihn noch einmal fest, dann schob sie ihn zur Tür. Doch gerade als er einen Schritt hinausgemacht hatte, stand Christoph schon an der Tür. Alana wurde blass. Sie hatte Angst, dass er Henry einsperren wollte, um herauszubekommen, wie seine Botschaft genau lautete. Sie wusste, wie einschüchternd er sein konnte, wenn er auf Antworten aus war. Sie sprang dazwischen.
»Bitte nicht!«
Er blickte auf sie hinab und hob die Hand, um ihre Wange zu streicheln, ließ sie aber sofort wieder fallen und schob sie stattdessen zur Seite. »Es ist meine Pflicht, Alana.«
»Ich hasse dich und deine Pflichten!«
Auch das konnte ihn nicht aufhalten. Er öffnete die Tür und rief seinen Wachen zu: »Folgt dem Jungen in die Stadt, aber unauffällig! Alle
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