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Gefeuert

Titel: Gefeuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Berger
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Kunden ins System aufgenommen haben.
    Ich nehme den Kleinen aus dem Stuhl und lobe ihn, was für ein vorbildliches Baby er ist. »Sogar mit der Arbeitsagentur kann ich telefonieren, wenn du dabei bist.« Da muss er lachen.
    Es klingelt wieder. Endlich, es ist Johannes. »Es ist nichts Schlimmes«, sagt er. »Sie ist über eine Bordsteinkante gestürzt und hat sich das Knie aufgeschrammt. In Ohnmacht ist sie erst gefallen, als sie in der Schule auf einem Stuhl saß. Jetzt geht es ihr schon wieder viel besser.«
    Ich bin so unglaublich erleichtert. Wenn einem gekündigt wird, läuft man Gefahr, dem Jobverlust zu viel Gewicht zu geben. Plötzlich bestimmt die Kündigung und alles, was mit ihr zusammenhängt, das Leben. Die Art, wie der Personalreferent grüßt, die Kommunikationsgewohnheiten der Anwälte, derParagrafendschungel der Arbeitsagentur, alles ist plötzlich unglaublich bedeutend. Ellas Sturz, der uns so sehr erschreckt hat, hat diese Perspektive wieder zurechtgerückt. Er hat gezeigt, was wirklich wichtig ist. Das seltsame Arbeitsagenturtelefonat ist darüber fast völlig vergessen.

    Am Abend mache ich mich wieder an meine Gekündigtenarbeit. Ich setze mich vor den Laptop und gebe meinen Namen in die Suchmaschine ein. Nicht etwa aus Eitelkeit, sondern um »Online-Reputation-Management« zu betreiben. Ich will mein virtuelles Ich kontrollieren, damit ich in der Bewerbungsphase nicht negativ auffalle.
    Personalabteilungen sind längst dazu übergegangen, Informationen über Bewerber im Netz zu suchen. Nach einer Studie im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums ziehen 28 Prozent der Unternehmen das Internet bei der Vorauswahl von Bewerbern zurate. Bei größeren Firmen ist es sogar fast jede zweite. Vor allem Hobbys und soziales Engagement interessieren die Personalentscheider. Wer bei der Internetrecherche negativ auffällt, wird gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen.
    Auch meine Jobsuche übers Internet will ich verbessern. Ich habe schon längst einen branchenspezifischen Job-Newsletter abonniert, aber vielleicht geht da noch mehr. Immerhin wird jede zehnte Stelle über Online-Jobbörsen besetzt, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ermittelt. Laut einer Umfrage des I T-Branchenverbands Bitkom schreiben sogar 94 Prozent der Unternehmen Positionen im Internet aus.
    Bitkom hat auch ein Ranking der meistbesuchten Jobseiten erstellt, dem ich nun folge. Auf den Plätzen 6, 5 und 3 liegen die bekannten Online-Jobbörsen monster.de, stellenmarkt.de und stepstone.de. Platz vier hat die Jobsuchmaschine Jobrapido, die das gesamte Internet laufend nach Stellenanzeigen durchforstet, auf Platz zwei liegt MeineStadt.de. Der mit Abstand größte Stellenmarkt im Internet ist www.arbeitsagentur.de. Pro Quartal besuchen fast acht Millionen Nutzer die Behörden-Jobbörse.Die Seite wirbt mit 550 000 Jobs und drei Millionen Bewerberprofilen.
    Der Start des Jobportals vor sechs Jahren, damals »virtueller Arbeitsmarkt« genannt, war ein Desaster. Das Projekt war eines der Kernstücke der Reform der Bundesagentur und sollte den Vermittlern die Arbeit erleichtern, Bewerber und Arbeitgeber schneller zusammenbringen und letztlich zu Einsparungen führen. Stattdessen hagelte es monatelang Häme: Zu lange Ladezeiten und umständliche Registrierungsverfahren erschwerten den Zugriff auf die Seite. Die Suchfunktion musste, kaum online, gleich wieder überarbeitet werden. Und das Ganze zu Kosten von 163 Millionen Euro, rechnet man den Aufwand für Schulungen und Personal hinzu sogar von 230 Millionen Euro.
    Inzwischen läuft das Jobportal zwar. Aber nicht ohne in regelmäßigen Abständen für Aufregung zu sorgen. Kürzlich hat der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar die Stellenbörse gerügt. Denn Arbeitgeber, die sich dort registrieren, erhalten, ohne vorher kontrolliert zu werden, Zugang zu persönlichen Bewerberdaten. Eine arbeitslose Sozialpädagogin hat sich sogar den Spaß gemacht, sich als angebliche Firma zu registrieren. Innerhalb kürzester Zeit hatte sie Bewerbungsmappen nichts ahnender Arbeitsloser in ihrem Briefkasten. Als der Missstand publik wurde, analysierte die Agentur die Jobanbieter und Stellenangebote – und sperrte mehrere Unternehmen, weil diese nur zum Schein Jobofferten auf der Webseite veröffentlicht hatten, um an Daten von Bewerbern zu gelangen.
    Dennoch scheint an dem Portal – zumindest als Bewerber – kein Weg vorbeizuführen, wenn man sich keine Chancen

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