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Gefeuert

Titel: Gefeuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Berger
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verbauen will. Laut der IA B-Studie ist jede sechste Neueinstellung der Arbeitsagentur-Jobbörse oder einem Kontakt übers Arbeitsamt zu verdanken.
    Ich bin gespannt, ob ich meinen »Traumjob«, wie es auf der Webseite heißt, finden werde. (»Traumjob« – das ist so ein weiterer Euphemismus im Arbeitsamtjargon. Er ist genauso scheinheilig wie die Bezeichnung »Kunde« für Arbeitslose, denen trotz dieser Bezeichnung schnell mit Sperrzeiten gedroht wird.)Aber leider komme ich nicht weit. Statt auf interessante Stellenangebote stoße ich auf folgenden Hinweis: »Wegen geplanter Wartungs- und Erweiterungsarbeiten steht Ihnen die Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit derzeit nicht zur Verfügung. Wir werden Ihnen den gewohnten Service schnellstmöglich wieder zur Verfügung stellen. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.«

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    Das Arbeitspaket
    Zwei Tage später komme ich mit Ella von einem Arzttermin zurück. Im Briefkasten sehe ich zwei Umschläge stecken, einen großen und einen kleinen, die ich sofort aufreiße. Beide sind von der Bundesagentur für Arbeit. Der Brief enthält die Terminvorladung meiner Jobberaterin. Ich wähle bewusst das Wort »Vorladung«, denn es ist eine »Einladung nach § 309 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit § 38 Abs. 1 und 144 SGB III«. Ich soll »unbedingt« »die nachfolgende Rechtsfolgenbelehrung« beachten. Ich drehe den Brief um und lese die in geschätzter Schriftgröße 6, also in Minibuchstaben, verfasste »Rechtsfolgenbelehrung«: Wenn ich ohne wichtigen Grund der Aufforderung, mich bei der Arbeitsagentur zu melden, nicht nachkomme, tritt eine Sperrzeit von einer Woche ein, in der ich aufs Arbeitslosengeld verzichten muss.
    Ich werde den Termin natürlich wahrnehmen, ärgere mich aber gewaltig. Denn die Jobberaterin hat ein deutlich späteres Datum gewählt als das von mir im Telefonat vor zwei Tagen genannte. Naiv, wie ich manchmal sein kann, war ich davon ausgegangen, dass wir gemeinsam einen Termin verabreden.
    Ich bin also bereits etwas grimmig, als ich den großen Umschlag der Bundesagentur für Arbeit öffne.
    »Sehr geehrte Frau Berger«, heißt es hier, »Sie haben sich telefonisch arbeitssuchend gemeldet. Nun ist Ihre Mitarbeit gefragt.« Meine Mitarbeit soll sein, dass ich das »Arbeitspaket vollständig ausgefüllt« zusammen mit einer Bewerbungsmappe bis zum vorgegebenen Datum bei der Arbeitsagentur einreiche. Ich blättere hektisch die Papiere durch, um das Datum zu finden. Das ist schon in vier Tagen! Schnell sehe ich die Punkte durch, was ich bis dahin alles machen muss: Bewerbungsunterlagen zusammenstellen, Zeugnisse kopieren, einen vierseitigen Fragebogen über das, was ich gemacht habe und machen will, ausfüllen und meine persönlichen Stärken definieren.
    Dieses letzte Blatt ist kurios. Es sind 20 Eigenschaften vorgegeben. Man darf aber nur fünf ankreuzen. Ich sehe auf Anhieb, dass auf mich fast alle zutreffen. Und das nicht, weil ich so ein unglaublicher Überflieger bin, sondern weil solche Selbstverständlichkeiten vorgegeben werden. Zum Beispiel heißt es bei »Zuverlässigkeit«: »Ich bin in der Lage, Vereinbarungen einzuhalten.« Und bei »Kommunikationsfähigkeit«: »Ich bin in der Lage, mich klar und verständlich auszudrücken.«
    Oh je. Ich bereue es, mich jetzt schon arbeitssuchend gemeldet zu haben. Ich hätte wirklich warten sollen, bis die gesetzliche Frist beginnt.
    Vor allem passt es mir gerade dieses Wochenende überhaupt nicht, das Arbeitspaket auf dem Schreibtisch zu haben. Wir wollen ein paar Tage zu meinem Vater fahren, es sind schließlich Ferien. Leider können wir dieses Jahr nicht mit den Unterhaltungsprogrammen der Eltern von Ellas Schulfreundinnen mithalten. Theaterwochen in Paris sind definitiv nicht drin. Ferien auf einem Fünf-Sterne-Reiterhof in der Toskana oder sechs Wochen griechische Inseln auch nicht. Dafür war der Umzug zu teuer und ist die Zukunft zu unsicher.
    »Warum fahren wir nicht ans Meer?«, meckert Ella. »Alle in meiner Klasse fahren die ganzen Ferien über weg! Nur ich nicht.«
    Damit übertreibt sie sicher. Aber es tut trotzdem weh. Ich würde ihr so gerne einen tollen Urlaub gönnen. Wir waren schon lange nicht mehr richtig fort, Jahre. Erst der Jobwechsel, dann wichtige Termine, die mich nicht fortließen, dann die Schwangerschaft – und jetzt die Kündigung. Es war entweder keine Zeit oder kein Geld da zum groß Verreisen. Aber es hilft

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